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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857.

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schnitte nur Gewöhnlichkeit vorhanden. Auf diese
Beschaffenheit seines Personenstoffes mußte nun der
Staat die Einrichtung seines Dienstes gründen. Der
Sachstoff dieses Dienstes mußte eine Fassung bekom¬
men, die es möglich macht, daß die zur Erreichung
des Staatszweckes nöthigen Geschäfte fortgehen und
keinen Abbruch und keine wesentliche Schwächung er¬
leiden, wenn bessere oder geringere einzelne Kräfte
abwechselnd auf die einzelnen Stellen gelangen, in
denen sie thätig sind. Ich könnte ein Beispiel gebrau¬
chen, und sagen, jene Uhr wäre die vortrefflichste,
welche so gebaut wäre, daß sie richtig ginge, wenn
auch ihre Theile verändert würden, schlechtere an die
Stelle besserer, bessere an die Stelle schlechterer kämen.
Aber eine solche Uhr dürfte kaum möglich sein. Der
Staatsdienst mußte sich aber so möglich machen, oder
sich nach der Entwicklung, die er heute erlangt hat,
aufgeben. Es ist nun einleuchtend, daß die Fassung
des Dienstes eine strenge sein muß, daß es nicht er¬
laubt sein könne, daß ein Einzelner den Dienstesin¬
halt in einer andern Fassung als in der vorgeschriebe¬
nen anstrebe, ja daß sogar mit Rücksicht auf die Zu¬
sammenhaltung des Ganzen ein Einzelnes minder gut
verrichtet werden muß, als man es von seinem Stand¬

ſchnitte nur Gewöhnlichkeit vorhanden. Auf dieſe
Beſchaffenheit ſeines Perſonenſtoffes mußte nun der
Staat die Einrichtung ſeines Dienſtes gründen. Der
Sachſtoff dieſes Dienſtes mußte eine Faſſung bekom¬
men, die es möglich macht, daß die zur Erreichung
des Staatszweckes nöthigen Geſchäfte fortgehen und
keinen Abbruch und keine weſentliche Schwächung er¬
leiden, wenn beſſere oder geringere einzelne Kräfte
abwechſelnd auf die einzelnen Stellen gelangen, in
denen ſie thätig ſind. Ich könnte ein Beiſpiel gebrau¬
chen, und ſagen, jene Uhr wäre die vortrefflichſte,
welche ſo gebaut wäre, daß ſie richtig ginge, wenn
auch ihre Theile verändert würden, ſchlechtere an die
Stelle beſſerer, beſſere an die Stelle ſchlechterer kämen.
Aber eine ſolche Uhr dürfte kaum möglich ſein. Der
Staatsdienſt mußte ſich aber ſo möglich machen, oder
ſich nach der Entwicklung, die er heute erlangt hat,
aufgeben. Es iſt nun einleuchtend, daß die Faſſung
des Dienſtes eine ſtrenge ſein muß, daß es nicht er¬
laubt ſein könne, daß ein Einzelner den Dienſtesin¬
halt in einer andern Faſſung als in der vorgeſchriebe¬
nen anſtrebe, ja daß ſogar mit Rückſicht auf die Zu¬
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[210/0224] ſchnitte nur Gewöhnlichkeit vorhanden. Auf dieſe Beſchaffenheit ſeines Perſonenſtoffes mußte nun der Staat die Einrichtung ſeines Dienſtes gründen. Der Sachſtoff dieſes Dienſtes mußte eine Faſſung bekom¬ men, die es möglich macht, daß die zur Erreichung des Staatszweckes nöthigen Geſchäfte fortgehen und keinen Abbruch und keine weſentliche Schwächung er¬ leiden, wenn beſſere oder geringere einzelne Kräfte abwechſelnd auf die einzelnen Stellen gelangen, in denen ſie thätig ſind. Ich könnte ein Beiſpiel gebrau¬ chen, und ſagen, jene Uhr wäre die vortrefflichſte, welche ſo gebaut wäre, daß ſie richtig ginge, wenn auch ihre Theile verändert würden, ſchlechtere an die Stelle beſſerer, beſſere an die Stelle ſchlechterer kämen. Aber eine ſolche Uhr dürfte kaum möglich ſein. Der Staatsdienſt mußte ſich aber ſo möglich machen, oder ſich nach der Entwicklung, die er heute erlangt hat, aufgeben. Es iſt nun einleuchtend, daß die Faſſung des Dienſtes eine ſtrenge ſein muß, daß es nicht er¬ laubt ſein könne, daß ein Einzelner den Dienſtesin¬ halt in einer andern Faſſung als in der vorgeſchriebe¬ nen anſtrebe, ja daß ſogar mit Rückſicht auf die Zu¬ ſammenhaltung des Ganzen ein Einzelnes minder gut verrichtet werden muß, als man es von ſeinem Stand¬

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857/224>, abgerufen am 28.03.2024.