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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857.

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ches in Farben darzustellen. Nach einiger Zeit kam
mir von befreundeter Hand der Antrag, daß ich bei
einer gebildeten und wohlhabenden Familie wohnen
möchte, daß ich einen Theil des Unterrichtes eines
Knaben, der in der Familie sei, gegen vortheilhafte
Bedingungen übernehmen möchte, worunter auch die
war, daß ich nicht gebunden sei, daß ich öfter abwe¬
send sein, und zum Theile sogar kleine Reisen machen
könne. In der Verödung, in der ich mich befand,
hatte die Aussicht auf ein Familienleben eine Art An¬
ziehung für mich, und ich nahm den Antrag unter der
Bedingung an, daß ich die Freiheit haben müsse, in
jedem Augenblicke das Verhältniß wieder auflösen zu
können. Die Bedingung wurde zugestanden, ich packte
meine Sachen, und nach drei Tagen fuhr ich in der
Richtung nach dem Landsize der Familie ab. Dieser
Siz war ein angenehmes Haus in der Nähe großer
Meiereien, die einem Grafen gehörten. Das Haus
war beinahe zwei Tagereisen von der Stadt entfernt.
Es war sehr geräumig, hatte eine sonnige Lage, lieb¬
liche Rasenpläze um sich, und hing mit einem großen
Garten zusammen, in dem theils Gemüse theils Obst
theils Blumen gezogen wurden. Der Besizer des
Hauses war ein Mann, der von reichlichen Renten

ches in Farben darzuſtellen. Nach einiger Zeit kam
mir von befreundeter Hand der Antrag, daß ich bei
einer gebildeten und wohlhabenden Familie wohnen
möchte, daß ich einen Theil des Unterrichtes eines
Knaben, der in der Familie ſei, gegen vortheilhafte
Bedingungen übernehmen möchte, worunter auch die
war, daß ich nicht gebunden ſei, daß ich öfter abwe¬
ſend ſein, und zum Theile ſogar kleine Reiſen machen
könne. In der Verödung, in der ich mich befand,
hatte die Ausſicht auf ein Familienleben eine Art An¬
ziehung für mich, und ich nahm den Antrag unter der
Bedingung an, daß ich die Freiheit haben müſſe, in
jedem Augenblicke das Verhältniß wieder auflöſen zu
können. Die Bedingung wurde zugeſtanden, ich packte
meine Sachen, und nach drei Tagen fuhr ich in der
Richtung nach dem Landſize der Familie ab. Dieſer
Siz war ein angenehmes Haus in der Nähe großer
Meiereien, die einem Grafen gehörten. Das Haus
war beinahe zwei Tagereiſen von der Stadt entfernt.
Es war ſehr geräumig, hatte eine ſonnige Lage, lieb¬
liche Raſenpläze um ſich, und hing mit einem großen
Garten zuſammen, in dem theils Gemüſe theils Obſt
theils Blumen gezogen wurden. Der Beſizer des
Hauſes war ein Mann, der von reichlichen Renten

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[253/0267] ches in Farben darzuſtellen. Nach einiger Zeit kam mir von befreundeter Hand der Antrag, daß ich bei einer gebildeten und wohlhabenden Familie wohnen möchte, daß ich einen Theil des Unterrichtes eines Knaben, der in der Familie ſei, gegen vortheilhafte Bedingungen übernehmen möchte, worunter auch die war, daß ich nicht gebunden ſei, daß ich öfter abwe¬ ſend ſein, und zum Theile ſogar kleine Reiſen machen könne. In der Verödung, in der ich mich befand, hatte die Ausſicht auf ein Familienleben eine Art An¬ ziehung für mich, und ich nahm den Antrag unter der Bedingung an, daß ich die Freiheit haben müſſe, in jedem Augenblicke das Verhältniß wieder auflöſen zu können. Die Bedingung wurde zugeſtanden, ich packte meine Sachen, und nach drei Tagen fuhr ich in der Richtung nach dem Landſize der Familie ab. Dieſer Siz war ein angenehmes Haus in der Nähe großer Meiereien, die einem Grafen gehörten. Das Haus war beinahe zwei Tagereiſen von der Stadt entfernt. Es war ſehr geräumig, hatte eine ſonnige Lage, lieb¬ liche Raſenpläze um ſich, und hing mit einem großen Garten zuſammen, in dem theils Gemüſe theils Obſt theils Blumen gezogen wurden. Der Beſizer des Hauſes war ein Mann, der von reichlichen Renten

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857/267>, abgerufen am 23.04.2024.