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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857.

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"Ihr könnt sie bekommen," antwortete ich, "und ich
selber könnte euch hierin helfen, wenn ihr es wünscht."

"Es wird mir sehr lieb sein," erwiederte sie, "unser
Freund hat edle Werke aus farbigem Marmor in sei¬
nem Hause ausführen lassen, und ihr habt ja auch
schöne Dinge aus solchem für eure Eltern veranlaßt."

"Ja, und ich suche noch immer schöne Stücke
Marmor zu erwerben, um sie gelegentlich zu künfti¬
gen Werken zu verwenden," antwortete ich.

"Meine Vorliebe für den weißen Marmor habe ich
wohl aus den reichen schönen und großartigen Dingen
gezogen," entgegnete sie, "die ich in Italien aus
ihm ausgeführt gesehen habe. Besonders wird mir
Florenz und Rom unvergeßlich sein. Das sind Dinge,
die unsere höchste Bewunderung erregen, und doch,
habe ich immer gedacht, ist es menschlicher Sinn und
menschlicher Geist, der sie entworfen und ausgeführt
hat. Euch werden auch Gegenstände bei eurem Aufent¬
halte im Freien erschienen sein, die das Gemüth
mächtig in Anspruch nehmen."

"Die Kunstgebilde leiten die Augen auf sich, und
mit Recht," antwortete ich, "sie erfüllen mit Bewun¬
derung und Liebe. Die natürlichen Dinge sind das
Werk einer anderen Hand, und wenn sie auf dem

„Ihr könnt ſie bekommen,“ antwortete ich, „und ich
ſelber könnte euch hierin helfen, wenn ihr es wünſcht.“

„Es wird mir ſehr lieb ſein,“ erwiederte ſie, „unſer
Freund hat edle Werke aus farbigem Marmor in ſei¬
nem Hauſe ausführen laſſen, und ihr habt ja auch
ſchöne Dinge aus ſolchem für eure Eltern veranlaßt.“

„Ja, und ich ſuche noch immer ſchöne Stücke
Marmor zu erwerben, um ſie gelegentlich zu künfti¬
gen Werken zu verwenden,“ antwortete ich.

„Meine Vorliebe für den weißen Marmor habe ich
wohl aus den reichen ſchönen und großartigen Dingen
gezogen,“ entgegnete ſie, „die ich in Italien aus
ihm ausgeführt geſehen habe. Beſonders wird mir
Florenz und Rom unvergeßlich ſein. Das ſind Dinge,
die unſere höchſte Bewunderung erregen, und doch,
habe ich immer gedacht, iſt es menſchlicher Sinn und
menſchlicher Geiſt, der ſie entworfen und ausgeführt
hat. Euch werden auch Gegenſtände bei eurem Aufent¬
halte im Freien erſchienen ſein, die das Gemüth
mächtig in Anſpruch nehmen.“

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mit Recht,“ antwortete ich, „ſie erfüllen mit Bewun¬
derung und Liebe. Die natürlichen Dinge ſind das
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[25/0039] „Ihr könnt ſie bekommen,“ antwortete ich, „und ich ſelber könnte euch hierin helfen, wenn ihr es wünſcht.“ „Es wird mir ſehr lieb ſein,“ erwiederte ſie, „unſer Freund hat edle Werke aus farbigem Marmor in ſei¬ nem Hauſe ausführen laſſen, und ihr habt ja auch ſchöne Dinge aus ſolchem für eure Eltern veranlaßt.“ „Ja, und ich ſuche noch immer ſchöne Stücke Marmor zu erwerben, um ſie gelegentlich zu künfti¬ gen Werken zu verwenden,“ antwortete ich. „Meine Vorliebe für den weißen Marmor habe ich wohl aus den reichen ſchönen und großartigen Dingen gezogen,“ entgegnete ſie, „die ich in Italien aus ihm ausgeführt geſehen habe. Beſonders wird mir Florenz und Rom unvergeßlich ſein. Das ſind Dinge, die unſere höchſte Bewunderung erregen, und doch, habe ich immer gedacht, iſt es menſchlicher Sinn und menſchlicher Geiſt, der ſie entworfen und ausgeführt hat. Euch werden auch Gegenſtände bei eurem Aufent¬ halte im Freien erſchienen ſein, die das Gemüth mächtig in Anſpruch nehmen.“ „Die Kunſtgebilde leiten die Augen auf ſich, und mit Recht,“ antwortete ich, „ſie erfüllen mit Bewun¬ derung und Liebe. Die natürlichen Dinge ſind das Werk einer anderen Hand, und wenn ſie auf dem

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857/39>, abgerufen am 28.03.2024.