Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857.

Bild:
<< vorherige Seite

Roland war wie gewöhnlich im Sommer nicht in
dem Asperhofe anwesend.

Mit Eustach besuchte ich auch die Bilder meines
Gastfreundes seine Kupferstiche seine Schnizereien und
seine Geräthe. Wir sprachen über die Dinge, und ich
suchte mir ihren Werth und ihre Bedeutung immer
mehr eigen zu machen. Auch in das Bücherzimmer den
Marmorsaal und das Treppenhaus meines Gastfreun¬
des ging ich. Wie war die Gestalt auf der Treppe
erhaben edel und rein gegen die Nimphe in der Grotte
des Gartens im Sternenhofe, die mir in der lezten
Zeit so lieb geworden war. Durch meine Bitte ließ
sich mein Freund bewegen, mir die Zimmer aufzu¬
schließen, in denen Mathilde und Natalie während
ihres Aufenthaltes in dem Asperhofe wohnen. Ich
blieb länger als in den anderen in dem lezten kleinen
Gemache mit der Tapettenthür, welches ich die Rose
genannt hatte. Mich umwehte die Ruhe und Klar¬
heit, die in dem ganzen Wesen Mathildens aus¬
geprägt ist, die in den Farben und Gestalten des Zim¬
mers sich zeigte, und die in den unvergleichlichen Bil¬
dern lag, die hier aufgehängt waren.

Wir gingen auch in den Meierhof. Die Leute be¬
gegneten mir achtungsvoll, sie zeigten mir alle Räume,

Roland war wie gewöhnlich im Sommer nicht in
dem Asperhofe anweſend.

Mit Euſtach beſuchte ich auch die Bilder meines
Gaſtfreundes ſeine Kupferſtiche ſeine Schnizereien und
ſeine Geräthe. Wir ſprachen über die Dinge, und ich
ſuchte mir ihren Werth und ihre Bedeutung immer
mehr eigen zu machen. Auch in das Bücherzimmer den
Marmorſaal und das Treppenhaus meines Gaſtfreun¬
des ging ich. Wie war die Geſtalt auf der Treppe
erhaben edel und rein gegen die Nimphe in der Grotte
des Gartens im Sternenhofe, die mir in der lezten
Zeit ſo lieb geworden war. Durch meine Bitte ließ
ſich mein Freund bewegen, mir die Zimmer aufzu¬
ſchließen, in denen Mathilde und Natalie während
ihres Aufenthaltes in dem Asperhofe wohnen. Ich
blieb länger als in den anderen in dem lezten kleinen
Gemache mit der Tapettenthür, welches ich die Roſe
genannt hatte. Mich umwehte die Ruhe und Klar¬
heit, die in dem ganzen Weſen Mathildens aus¬
geprägt iſt, die in den Farben und Geſtalten des Zim¬
mers ſich zeigte, und die in den unvergleichlichen Bil¬
dern lag, die hier aufgehängt waren.

Wir gingen auch in den Meierhof. Die Leute be¬
gegneten mir achtungsvoll, ſie zeigten mir alle Räume,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0084" n="70"/>
        <p>Roland war wie gewöhnlich im Sommer nicht in<lb/>
dem Asperhofe anwe&#x017F;end.</p><lb/>
        <p>Mit Eu&#x017F;tach be&#x017F;uchte ich auch die Bilder meines<lb/>
Ga&#x017F;tfreundes &#x017F;eine Kupfer&#x017F;tiche &#x017F;eine Schnizereien und<lb/>
&#x017F;eine Geräthe. Wir &#x017F;prachen über die Dinge, und ich<lb/>
&#x017F;uchte mir ihren Werth und ihre Bedeutung immer<lb/>
mehr eigen zu machen. Auch in das Bücherzimmer den<lb/>
Marmor&#x017F;aal und das Treppenhaus meines Ga&#x017F;tfreun¬<lb/>
des ging ich. Wie war die Ge&#x017F;talt auf der Treppe<lb/>
erhaben edel und rein gegen die Nimphe in der Grotte<lb/>
des Gartens im Sternenhofe, die mir in der lezten<lb/>
Zeit &#x017F;o lieb geworden war. Durch meine Bitte ließ<lb/>
&#x017F;ich mein Freund bewegen, mir die Zimmer aufzu¬<lb/>
&#x017F;chließen, in denen Mathilde und Natalie während<lb/>
ihres Aufenthaltes in dem Asperhofe wohnen. Ich<lb/>
blieb länger als in den anderen in dem lezten kleinen<lb/>
Gemache mit der Tapettenthür, welches ich die Ro&#x017F;e<lb/>
genannt hatte. Mich umwehte die Ruhe und Klar¬<lb/>
heit, die in dem ganzen We&#x017F;en Mathildens aus¬<lb/>
geprägt i&#x017F;t, die in den Farben und Ge&#x017F;talten des Zim¬<lb/>
mers &#x017F;ich zeigte, und die in den unvergleichlichen Bil¬<lb/>
dern lag, die hier aufgehängt waren.</p><lb/>
        <p>Wir gingen auch in den Meierhof. Die Leute be¬<lb/>
gegneten mir achtungsvoll, &#x017F;ie zeigten mir alle Räume,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[70/0084] Roland war wie gewöhnlich im Sommer nicht in dem Asperhofe anweſend. Mit Euſtach beſuchte ich auch die Bilder meines Gaſtfreundes ſeine Kupferſtiche ſeine Schnizereien und ſeine Geräthe. Wir ſprachen über die Dinge, und ich ſuchte mir ihren Werth und ihre Bedeutung immer mehr eigen zu machen. Auch in das Bücherzimmer den Marmorſaal und das Treppenhaus meines Gaſtfreun¬ des ging ich. Wie war die Geſtalt auf der Treppe erhaben edel und rein gegen die Nimphe in der Grotte des Gartens im Sternenhofe, die mir in der lezten Zeit ſo lieb geworden war. Durch meine Bitte ließ ſich mein Freund bewegen, mir die Zimmer aufzu¬ ſchließen, in denen Mathilde und Natalie während ihres Aufenthaltes in dem Asperhofe wohnen. Ich blieb länger als in den anderen in dem lezten kleinen Gemache mit der Tapettenthür, welches ich die Roſe genannt hatte. Mich umwehte die Ruhe und Klar¬ heit, die in dem ganzen Weſen Mathildens aus¬ geprägt iſt, die in den Farben und Geſtalten des Zim¬ mers ſich zeigte, und die in den unvergleichlichen Bil¬ dern lag, die hier aufgehängt waren. Wir gingen auch in den Meierhof. Die Leute be¬ gegneten mir achtungsvoll, ſie zeigten mir alle Räume,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857/84
Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857/84>, abgerufen am 19.04.2024.