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Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 1. Pest u. a., 1853.

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waren. Auf diese sezte ich mich nieder, und
wartete.

Endlich kam der Großvater heraus. Er hatte
seinen breiten Hut auf dem Haupte, hatte seinen
langen Rok an, den er gerne an Sonntagen nahm,
und trug seinen Stok in der Hand. In der andern
hatte er aber auch mein blaugestreiftes Jäkchen, weiße
Strümpfe, schwarze Schnürstiefelchen und mein graues
Filzhütchen. Das alles half er mir anziehen, und
sagte: "So, jezt gehen wir."

Wir gingen auf dem schmalen Fußwege durch das
Grün unsers Hügels auf die Strasse hinab, und
gingen auf der Strasse fort, erst durch die Häuser der
Nachbarn, auf denen die Frühlingssonne lag, und
von denen die Leute uns grüßten, und dann in das
Freie hinaus. Dort strekte sich ein weites Feld und
schöner grüner Rasen vor uns hin, und heller freund¬
licher Sonnenschein breitete sich über alle Dinge der
Welt. Wir gingen auf einem weißen Wege zwischen
dem grünen Rasen dahin. Mein Schmerz und mein
Kummer war schon beinahe verschwunden, ich wußte,
daß ein guter Ausgang nicht fehlen konnte, da der
Großvater sich der Sache annahm, und mich beschüzte;
die freie Luft und die scheinende Sonne übten einen
beruhigenden Einfluß, und ich empfand das Jäkchen

waren. Auf dieſe ſezte ich mich nieder, und
wartete.

Endlich kam der Großvater heraus. Er hatte
ſeinen breiten Hut auf dem Haupte, hatte ſeinen
langen Rok an, den er gerne an Sonntagen nahm,
und trug ſeinen Stok in der Hand. In der andern
hatte er aber auch mein blaugeſtreiftes Jäkchen, weiße
Strümpfe, ſchwarze Schnürſtiefelchen und mein graues
Filzhütchen. Das alles half er mir anziehen, und
ſagte: „So, jezt gehen wir.“

Wir gingen auf dem ſchmalen Fußwege durch das
Grün unſers Hügels auf die Straſſe hinab, und
gingen auf der Straſſe fort, erſt durch die Häuſer der
Nachbarn, auf denen die Frühlingsſonne lag, und
von denen die Leute uns grüßten, und dann in das
Freie hinaus. Dort ſtrekte ſich ein weites Feld und
ſchöner grüner Raſen vor uns hin, und heller freund¬
licher Sonnenſchein breitete ſich über alle Dinge der
Welt. Wir gingen auf einem weißen Wege zwiſchen
dem grünen Raſen dahin. Mein Schmerz und mein
Kummer war ſchon beinahe verſchwunden, ich wußte,
daß ein guter Ausgang nicht fehlen konnte, da der
Großvater ſich der Sache annahm, und mich beſchüzte;
die freie Luft und die ſcheinende Sonne übten einen
beruhigenden Einfluß, und ich empfand das Jäkchen

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[30/0043] waren. Auf dieſe ſezte ich mich nieder, und wartete. Endlich kam der Großvater heraus. Er hatte ſeinen breiten Hut auf dem Haupte, hatte ſeinen langen Rok an, den er gerne an Sonntagen nahm, und trug ſeinen Stok in der Hand. In der andern hatte er aber auch mein blaugeſtreiftes Jäkchen, weiße Strümpfe, ſchwarze Schnürſtiefelchen und mein graues Filzhütchen. Das alles half er mir anziehen, und ſagte: „So, jezt gehen wir.“ Wir gingen auf dem ſchmalen Fußwege durch das Grün unſers Hügels auf die Straſſe hinab, und gingen auf der Straſſe fort, erſt durch die Häuſer der Nachbarn, auf denen die Frühlingsſonne lag, und von denen die Leute uns grüßten, und dann in das Freie hinaus. Dort ſtrekte ſich ein weites Feld und ſchöner grüner Raſen vor uns hin, und heller freund¬ licher Sonnenſchein breitete ſich über alle Dinge der Welt. Wir gingen auf einem weißen Wege zwiſchen dem grünen Raſen dahin. Mein Schmerz und mein Kummer war ſchon beinahe verſchwunden, ich wußte, daß ein guter Ausgang nicht fehlen konnte, da der Großvater ſich der Sache annahm, und mich beſchüzte; die freie Luft und die ſcheinende Sonne übten einen beruhigenden Einfluß, und ich empfand das Jäkchen

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 1. Pest u. a., 1853, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine01_1853/43>, abgerufen am 29.03.2024.