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Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 2. Pest u. a., 1853.

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und die Hausfrau gab dem Fremden die erste Tasse.
Der Verwalter ließ den Wagen um die Gartenmauer
herum in das Schloß bringen, und der Schloßherr
und alle luden den Fremden ein, nun in Ruhe und
Muße in dem Schlosse zu bleiben, und das Garten¬
gitter so oft anzuschauen, als er wolle.

Die Einladung wurde angenommen.

Der Fremde blieb nun in dem Schlosse. Er konnte
das Gitter den Thurm den Garten und die Gegend
betrachten, so viel er nur immer wollte. Aber das
Schiksal hatte auch noch ganz andere Zweke mit sei¬
ner Reise verbunden. Alle gewannen ihn sehr lieb.
Zwischen Lulu und ihm hatte sich das Verhältniß
vollständig umgekehrt. So wie sie ihn in jener Nacht
bewundert hatte, so konnte nun er von seiner Seite
aus nicht aufhören, und kein Ziel finden, das Mäd¬
chen zu bewundern. Und da er es dem Kinde schon
in jener Nacht angethan hatte, und da er jezt gar so
gut und freundlich war, so konnte es nicht fehlen,
daß auch ihn die Jungfrau bald außerordentlich liebte,
und die Verehrung eine vollkommen gegenseitige war.

Da er wegen des guten Verhältnisses, das sich
mit allen angeknüpft hatte, und wegen des Wunsches
aller immer länger im Schlosse blieb, da er sich über
Stand und Vermögen auswies, ja sogar endlich ein

und die Hausfrau gab dem Fremden die erſte Taſſe.
Der Verwalter ließ den Wagen um die Gartenmauer
herum in das Schloß bringen, und der Schloßherr
und alle luden den Fremden ein, nun in Ruhe und
Muße in dem Schloſſe zu bleiben, und das Garten¬
gitter ſo oft anzuſchauen, als er wolle.

Die Einladung wurde angenommen.

Der Fremde blieb nun in dem Schloſſe. Er konnte
das Gitter den Thurm den Garten und die Gegend
betrachten, ſo viel er nur immer wollte. Aber das
Schikſal hatte auch noch ganz andere Zweke mit ſei¬
ner Reiſe verbunden. Alle gewannen ihn ſehr lieb.
Zwiſchen Lulu und ihm hatte ſich das Verhältniß
vollſtändig umgekehrt. So wie ſie ihn in jener Nacht
bewundert hatte, ſo konnte nun er von ſeiner Seite
aus nicht aufhören, und kein Ziel finden, das Mäd¬
chen zu bewundern. Und da er es dem Kinde ſchon
in jener Nacht angethan hatte, und da er jezt gar ſo
gut und freundlich war, ſo konnte es nicht fehlen,
daß auch ihn die Jungfrau bald außerordentlich liebte,
und die Verehrung eine vollkommen gegenſeitige war.

Da er wegen des guten Verhältniſſes, das ſich
mit allen angeknüpft hatte, und wegen des Wunſches
aller immer länger im Schloſſe blieb, da er ſich über
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[262/0273] und die Hausfrau gab dem Fremden die erſte Taſſe. Der Verwalter ließ den Wagen um die Gartenmauer herum in das Schloß bringen, und der Schloßherr und alle luden den Fremden ein, nun in Ruhe und Muße in dem Schloſſe zu bleiben, und das Garten¬ gitter ſo oft anzuſchauen, als er wolle. Die Einladung wurde angenommen. Der Fremde blieb nun in dem Schloſſe. Er konnte das Gitter den Thurm den Garten und die Gegend betrachten, ſo viel er nur immer wollte. Aber das Schikſal hatte auch noch ganz andere Zweke mit ſei¬ ner Reiſe verbunden. Alle gewannen ihn ſehr lieb. Zwiſchen Lulu und ihm hatte ſich das Verhältniß vollſtändig umgekehrt. So wie ſie ihn in jener Nacht bewundert hatte, ſo konnte nun er von ſeiner Seite aus nicht aufhören, und kein Ziel finden, das Mäd¬ chen zu bewundern. Und da er es dem Kinde ſchon in jener Nacht angethan hatte, und da er jezt gar ſo gut und freundlich war, ſo konnte es nicht fehlen, daß auch ihn die Jungfrau bald außerordentlich liebte, und die Verehrung eine vollkommen gegenſeitige war. Da er wegen des guten Verhältniſſes, das ſich mit allen angeknüpft hatte, und wegen des Wunſches aller immer länger im Schloſſe blieb, da er ſich über Stand und Vermögen auswies, ja ſogar endlich ein

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 2. Pest u. a., 1853, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine02_1853/273>, abgerufen am 28.03.2024.