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Stock, Ch. L.: Grundzüge der Verfassung des Gesellenwesens der deutschen Handwerker in alter und neuer Zeit. Magdeburg, 1844.

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neben dem Altgesellen. Dieser bat um Erlaubniß, die Lade öff-
nen zu dürfen, sagte aber dabei:

So hält Handwerksgewohnheit, daß das Jüngst das Ael-
test verschließt.

Hierauf schloß der Junggesell ein Schloß auf, das andere
der Altgesell, beide sprachen:

S. m. V. u. G., ziehe ich den Schlüssel heraus.

Nun wurden aus der Lade der Willkommen, die Schenk-
kanne, die Gesellenartikel, die Geldbüchse und das Rechnungsbuch,
herausgenommen, und der Altgesell sprach den großen Gruß:

Grüße mir Gott alle gute ehrliche Meister, Gesellen und
Jünger, wie uns der liebe Gott allhier bei dieser freund-
lichen Umfrage, bei offener Lade, bei stehender Büchse,
löblichen Artikelsbriefen und Einschreibebuch, Aeltest und
Jüngst, löblichem Willkommen und Schenkkännel, in
löblicher Vierwochen-Zusammenkunft miteinander ver-
sammelt hat, Gott gebe uns Allen besser Glück!
Alle Gesellen. Dank Dir Gott willkommen!
Altgesell. Dank Euch Gott um und um, so komme ich
bald herum. So mit Verlaub und Gunst, wir wollen
nichts Neues auf und nichts Altes abbringen, wir wol-
len unter uns eine freundliche Umfrage herumgehen las-
sen; doch ist mein Wille der geringste, aller guten ehrli-
chen Gesellen ihrer der beste.
Gesellen. Was Handwerksgewohnheit in sich hält und aus-
weiset, will ich helfen stärken und nicht schwächen, es ist
vorhin schon schwach genug.
Altgesell. S. m. V. u. G., Ihr günstigen Gesellen, wenn
Euer Wille und Meinung wäre wie der meine, so wollten
wir unter uns die Büchsenpfennige zufrieden stellen *);
doch mein Wille der geringste, aller guten ehrlichen Ge-
sellen der beste. Thu't so wohl und ziehet die Beutel;
ich bitte, laßt die Riemen nicht brechen, es wird den
*) Gesellenbeiträge entrichten.

neben dem Altgeſellen. Dieſer bat um Erlaubniß, die Lade öff-
nen zu dürfen, ſagte aber dabei:

So hält Handwerksgewohnheit, daß das Jüngſt das Ael-
teſt verſchließt.

Hierauf ſchloß der Junggeſell ein Schloß auf, das andere
der Altgeſell, beide ſprachen:

S. m. V. u. G., ziehe ich den Schlüſſel heraus.

Nun wurden aus der Lade der Willkommen, die Schenk-
kanne, die Geſellenartikel, die Geldbüchſe und das Rechnungsbuch,
herausgenommen, und der Altgeſell ſprach den großen Gruß:

Grüße mir Gott alle gute ehrliche Meiſter, Geſellen und
Jünger, wie uns der liebe Gott allhier bei dieſer freund-
lichen Umfrage, bei offener Lade, bei ſtehender Büchſe,
löblichen Artikelsbriefen und Einſchreibebuch, Aelteſt und
Jüngſt, löblichem Willkommen und Schenkkännel, in
löblicher Vierwochen-Zuſammenkunft miteinander ver-
ſammelt hat, Gott gebe uns Allen beſſer Glück!
Alle Geſellen. Dank Dir Gott willkommen!
Altgeſell. Dank Euch Gott um und um, ſo komme ich
bald herum. So mit Verlaub und Gunſt, wir wollen
nichts Neues auf und nichts Altes abbringen, wir wol-
len unter uns eine freundliche Umfrage herumgehen laſ-
ſen; doch iſt mein Wille der geringſte, aller guten ehrli-
chen Geſellen ihrer der beſte.
Geſellen. Was Handwerksgewohnheit in ſich hält und aus-
weiſet, will ich helfen ſtärken und nicht ſchwächen, es iſt
vorhin ſchon ſchwach genug.
Altgeſell. S. m. V. u. G., Ihr günſtigen Geſellen, wenn
Euer Wille und Meinung wäre wie der meine, ſo wollten
wir unter uns die Büchſenpfennige zufrieden ſtellen *);
doch mein Wille der geringſte, aller guten ehrlichen Ge-
ſellen der beſte. Thu’t ſo wohl und ziehet die Beutel;
ich bitte, laßt die Riemen nicht brechen, es wird den
*) Geſellenbeiträge entrichten.
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[91/0101] neben dem Altgeſellen. Dieſer bat um Erlaubniß, die Lade öff- nen zu dürfen, ſagte aber dabei: So hält Handwerksgewohnheit, daß das Jüngſt das Ael- teſt verſchließt. Hierauf ſchloß der Junggeſell ein Schloß auf, das andere der Altgeſell, beide ſprachen: S. m. V. u. G., ziehe ich den Schlüſſel heraus. Nun wurden aus der Lade der Willkommen, die Schenk- kanne, die Geſellenartikel, die Geldbüchſe und das Rechnungsbuch, herausgenommen, und der Altgeſell ſprach den großen Gruß: Grüße mir Gott alle gute ehrliche Meiſter, Geſellen und Jünger, wie uns der liebe Gott allhier bei dieſer freund- lichen Umfrage, bei offener Lade, bei ſtehender Büchſe, löblichen Artikelsbriefen und Einſchreibebuch, Aelteſt und Jüngſt, löblichem Willkommen und Schenkkännel, in löblicher Vierwochen-Zuſammenkunft miteinander ver- ſammelt hat, Gott gebe uns Allen beſſer Glück! Alle Geſellen. Dank Dir Gott willkommen! Altgeſell. Dank Euch Gott um und um, ſo komme ich bald herum. So mit Verlaub und Gunſt, wir wollen nichts Neues auf und nichts Altes abbringen, wir wol- len unter uns eine freundliche Umfrage herumgehen laſ- ſen; doch iſt mein Wille der geringſte, aller guten ehrli- chen Geſellen ihrer der beſte. Geſellen. Was Handwerksgewohnheit in ſich hält und aus- weiſet, will ich helfen ſtärken und nicht ſchwächen, es iſt vorhin ſchon ſchwach genug. Altgeſell. S. m. V. u. G., Ihr günſtigen Geſellen, wenn Euer Wille und Meinung wäre wie der meine, ſo wollten wir unter uns die Büchſenpfennige zufrieden ſtellen *); doch mein Wille der geringſte, aller guten ehrlichen Ge- ſellen der beſte. Thu’t ſo wohl und ziehet die Beutel; ich bitte, laßt die Riemen nicht brechen, es wird den *) Geſellenbeiträge entrichten.

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Zitationshilfe: Stock, Ch. L.: Grundzüge der Verfassung des Gesellenwesens der deutschen Handwerker in alter und neuer Zeit. Magdeburg, 1844, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stock_gesellenwesen_1844/101>, abgerufen am 28.03.2024.