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Stock, Ch. L.: Grundzüge der Verfassung des Gesellenwesens der deutschen Handwerker in alter und neuer Zeit. Magdeburg, 1844.

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in Corporationen mit gildischen Rechten, durch ihre politische
Erhebung zum dritten Stande in den Städten, *) mit welchen
sich das Prohibitions-System als Basis bürgerlicher Fortdauer
vergesellschaftete, wurde eine Sonderung der Arbeiter in den
verschiedenen Fächern herbeigeführt, und nur auszeichnende Ge-
schicklichkeit und lange Einwohnerschaft in der betreffenden Stadt,
verbunden mit gutem Ruf, konnten zur Aufnahme in diese Ge-
sellschaften befähigen.

Es liegt zu fern und ist nicht nöthig zu erforschen, ob in
jenen Zeiten in den Städten so viele Arbeiter eines Fachs vor-
handen waren, daß bei dem Zusammentreten der vorzüglichsten
in geschlossene Gesellschaften viel oder wenig Genossen zurück
blieben, die nicht mehr frei arbeiten durften, vielmehr in ein
abhängiges Verhältniß zu jenen traten, genug, mit der engen
Verbindung der erstern, die wir nun Meister nennen wollen,
entstand ein Unterschied unter den Handwerkern, der die Grund-
lage einer höhern technischen Ausbildung der einzelnen Personen
wurde und auf die moralische Stellung des Standes selbst
mächtig einwirkte.

Gleich nach jener Uebergangsperiode wurden wie in der
neuesten Zeit mit dem Prädikat Meister bestimmte politische
Rechte, aber auch gewerblich-polizeyliche Beschränkungen verbun-
den; jene zu erwerben, mußten die übrig gebliebenen und ange-
henden jungen Genossen sich diesen schon früh unterwerfen. Eine
der vorzüglichsten Beschränkungen, die aus der scharfen gewerb-
lichen Trennung der Meister-Innungen oder Gilden floß, war die,

*) Hüllmanns Städtewesen Thl. I., S. 305, 318 etc. und Thl. II.,
S. 245, 247. -- Wilda, das Gildewesen des Mittelalters, 2. Ab-
schnitt, die Handwerksgilden. v. Tzschoppe und Stenzels Ur-
kundensammlung, Hamburg, bei Perthes S. 250. "Wer in eine
Innung aufgenommen sein wollte, bezahlte eine bestimmte Summe
Geldes und mußte Bürgen setzen, daß er ein Jahr in der Stadt bei
dem Handwerke bleiben wolle." -- Dies bestätiget auch die in eben
diesem Werke gegebene Handveste der Stadt Schweidnitz von 1328,
es heißt daselbst §. 26: Vorbaz welch Hantwerchmann welches Hant-
wercht her ist der sine Innunge gewinnen wil der sal Burgen setzen
und Gewisset tun daz her ein gantz Jar blibe in der Stat an sime
Hantwerke.

in Corporationen mit gildiſchen Rechten, durch ihre politiſche
Erhebung zum dritten Stande in den Städten, *) mit welchen
ſich das Prohibitions-Syſtem als Baſis bürgerlicher Fortdauer
vergeſellſchaftete, wurde eine Sonderung der Arbeiter in den
verſchiedenen Fächern herbeigeführt, und nur auszeichnende Ge-
ſchicklichkeit und lange Einwohnerſchaft in der betreffenden Stadt,
verbunden mit gutem Ruf, konnten zur Aufnahme in dieſe Ge-
ſellſchaften befähigen.

Es liegt zu fern und iſt nicht nöthig zu erforſchen, ob in
jenen Zeiten in den Städten ſo viele Arbeiter eines Fachs vor-
handen waren, daß bei dem Zuſammentreten der vorzüglichſten
in geſchloſſene Geſellſchaften viel oder wenig Genoſſen zurück
blieben, die nicht mehr frei arbeiten durften, vielmehr in ein
abhängiges Verhältniß zu jenen traten, genug, mit der engen
Verbindung der erſtern, die wir nun Meiſter nennen wollen,
entſtand ein Unterſchied unter den Handwerkern, der die Grund-
lage einer höhern techniſchen Ausbildung der einzelnen Perſonen
wurde und auf die moraliſche Stellung des Standes ſelbſt
mächtig einwirkte.

Gleich nach jener Uebergangsperiode wurden wie in der
neueſten Zeit mit dem Prädikat Meiſter beſtimmte politiſche
Rechte, aber auch gewerblich-polizeyliche Beſchränkungen verbun-
den; jene zu erwerben, mußten die übrig gebliebenen und ange-
henden jungen Genoſſen ſich dieſen ſchon früh unterwerfen. Eine
der vorzüglichſten Beſchränkungen, die aus der ſcharfen gewerb-
lichen Trennung der Meiſter-Innungen oder Gilden floß, war die,

*) Hüllmanns Städteweſen Thl. I., S. 305, 318 ꝛc. und Thl. II.,
S. 245, 247. — Wilda, das Gildeweſen des Mittelalters, 2. Ab-
ſchnitt, die Handwerksgilden. v. Tzſchoppe und Stenzels Ur-
kundenſammlung, Hamburg, bei Perthes S. 250. „Wer in eine
Innung aufgenommen ſein wollte, bezahlte eine beſtimmte Summe
Geldes und mußte Bürgen ſetzen, daß er ein Jahr in der Stadt bei
dem Handwerke bleiben wolle.“ — Dies beſtätiget auch die in eben
dieſem Werke gegebene Handveſte der Stadt Schweidnitz von 1328,
es heißt daſelbſt §. 26: Vorbaz welch Hantwerchmann welches Hant-
wercht her iſt der ſine Innunge gewinnen wil der ſal Burgen ſetzen
und Gewiſſet tun daz her ein gantz Jar blibe in der Stat an ſime
Hantwerke.
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[2/0012] in Corporationen mit gildiſchen Rechten, durch ihre politiſche Erhebung zum dritten Stande in den Städten, *) mit welchen ſich das Prohibitions-Syſtem als Baſis bürgerlicher Fortdauer vergeſellſchaftete, wurde eine Sonderung der Arbeiter in den verſchiedenen Fächern herbeigeführt, und nur auszeichnende Ge- ſchicklichkeit und lange Einwohnerſchaft in der betreffenden Stadt, verbunden mit gutem Ruf, konnten zur Aufnahme in dieſe Ge- ſellſchaften befähigen. Es liegt zu fern und iſt nicht nöthig zu erforſchen, ob in jenen Zeiten in den Städten ſo viele Arbeiter eines Fachs vor- handen waren, daß bei dem Zuſammentreten der vorzüglichſten in geſchloſſene Geſellſchaften viel oder wenig Genoſſen zurück blieben, die nicht mehr frei arbeiten durften, vielmehr in ein abhängiges Verhältniß zu jenen traten, genug, mit der engen Verbindung der erſtern, die wir nun Meiſter nennen wollen, entſtand ein Unterſchied unter den Handwerkern, der die Grund- lage einer höhern techniſchen Ausbildung der einzelnen Perſonen wurde und auf die moraliſche Stellung des Standes ſelbſt mächtig einwirkte. Gleich nach jener Uebergangsperiode wurden wie in der neueſten Zeit mit dem Prädikat Meiſter beſtimmte politiſche Rechte, aber auch gewerblich-polizeyliche Beſchränkungen verbun- den; jene zu erwerben, mußten die übrig gebliebenen und ange- henden jungen Genoſſen ſich dieſen ſchon früh unterwerfen. Eine der vorzüglichſten Beſchränkungen, die aus der ſcharfen gewerb- lichen Trennung der Meiſter-Innungen oder Gilden floß, war die, *) Hüllmanns Städteweſen Thl. I., S. 305, 318 ꝛc. und Thl. II., S. 245, 247. — Wilda, das Gildeweſen des Mittelalters, 2. Ab- ſchnitt, die Handwerksgilden. v. Tzſchoppe und Stenzels Ur- kundenſammlung, Hamburg, bei Perthes S. 250. „Wer in eine Innung aufgenommen ſein wollte, bezahlte eine beſtimmte Summe Geldes und mußte Bürgen ſetzen, daß er ein Jahr in der Stadt bei dem Handwerke bleiben wolle.“ — Dies beſtätiget auch die in eben dieſem Werke gegebene Handveſte der Stadt Schweidnitz von 1328, es heißt daſelbſt §. 26: Vorbaz welch Hantwerchmann welches Hant- wercht her iſt der ſine Innunge gewinnen wil der ſal Burgen ſetzen und Gewiſſet tun daz her ein gantz Jar blibe in der Stat an ſime Hantwerke.

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Zitationshilfe: Stock, Ch. L.: Grundzüge der Verfassung des Gesellenwesens der deutschen Handwerker in alter und neuer Zeit. Magdeburg, 1844, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stock_gesellenwesen_1844/12>, abgerufen am 25.04.2024.