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Stock, Ch. L.: Grundzüge der Verfassung des Gesellenwesens der deutschen Handwerker in alter und neuer Zeit. Magdeburg, 1844.

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Dritter Abschnitt.

Der Gesellen Wanderschaft.

Sie ist eine der wichtigsten und folgereichsten Institutionen im
deutschen Handwerks- und Innungswesen. Richt allein die
Statuten sämmtlicher Gewerke, auch die Landesgesetze aller deut-
schen Fürsten, verpflichteten die Gesellen dazu, und nur die Söhne
der Meister waren hin und wieder davon entbunden, indem man
meinte, die Weisheit des Vaters vererbe sich eben so gewiß auf
den Sohn, als das Innungs- oder Gilde-Recht! Ihre Dauer
war auf drei, auch vier Jahre festgesetzt; die Gesellen wurden
nur dann zur Anfertigung eines Meisterstücks gelassen, wenn sie
die vorgeschriebene Wanderzeit gehörig absolvirt hatten. Nur
gewanderte Mitglieder der Brüderschaften konnten Altgesellen
werden und das sogenannte Gesellenmachen verrichten. Eine
Zeit ihres Entstehens möchte schwer zu ermitteln seyn, da die
ältesten Handwerks-Statuten nichts darüber enthalten; indeß mag
sie bei denen zuerst vorkommen, welche sich der Kunst nähern,
und früher nur an wenigen Orten und auch da nur selten per-
manente Beschäftigung fanden, wohin wir Steinmetze, Maurer,
die Gold- und Silberarbeiter und solche zählen können, welche in
Metallen treiben und gießen. Die Kunst in Stein zu arbeiten
und das Maurergewerbe, wurden im Mittelalter in gesellschaft-
lich geschlossenen Logen oder Bauhütten erlernt und betrieben;
von da aus wurden Gehülfen hingesandt, wo man ihrer bedurfte,

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Dritter Abſchnitt.

Der Geſellen Wanderſchaft.

Sie iſt eine der wichtigſten und folgereichſten Inſtitutionen im
deutſchen Handwerks- und Innungsweſen. Richt allein die
Statuten ſämmtlicher Gewerke, auch die Landesgeſetze aller deut-
ſchen Fürſten, verpflichteten die Geſellen dazu, und nur die Söhne
der Meiſter waren hin und wieder davon entbunden, indem man
meinte, die Weisheit des Vaters vererbe ſich eben ſo gewiß auf
den Sohn, als das Innungs- oder Gilde-Recht! Ihre Dauer
war auf drei, auch vier Jahre feſtgeſetzt; die Geſellen wurden
nur dann zur Anfertigung eines Meiſterſtücks gelaſſen, wenn ſie
die vorgeſchriebene Wanderzeit gehörig abſolvirt hatten. Nur
gewanderte Mitglieder der Brüderſchaften konnten Altgeſellen
werden und das ſogenannte Geſellenmachen verrichten. Eine
Zeit ihres Entſtehens möchte ſchwer zu ermitteln ſeyn, da die
älteſten Handwerks-Statuten nichts darüber enthalten; indeß mag
ſie bei denen zuerſt vorkommen, welche ſich der Kunſt nähern,
und früher nur an wenigen Orten und auch da nur ſelten per-
manente Beſchäftigung fanden, wohin wir Steinmetze, Maurer,
die Gold- und Silberarbeiter und ſolche zählen können, welche in
Metallen treiben und gießen. Die Kunſt in Stein zu arbeiten
und das Maurergewerbe, wurden im Mittelalter in geſellſchaft-
lich geſchloſſenen Logen oder Bauhütten erlernt und betrieben;
von da aus wurden Gehülfen hingeſandt, wo man ihrer bedurfte,

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[35/0045] Dritter Abſchnitt. Der Geſellen Wanderſchaft. Sie iſt eine der wichtigſten und folgereichſten Inſtitutionen im deutſchen Handwerks- und Innungsweſen. Richt allein die Statuten ſämmtlicher Gewerke, auch die Landesgeſetze aller deut- ſchen Fürſten, verpflichteten die Geſellen dazu, und nur die Söhne der Meiſter waren hin und wieder davon entbunden, indem man meinte, die Weisheit des Vaters vererbe ſich eben ſo gewiß auf den Sohn, als das Innungs- oder Gilde-Recht! Ihre Dauer war auf drei, auch vier Jahre feſtgeſetzt; die Geſellen wurden nur dann zur Anfertigung eines Meiſterſtücks gelaſſen, wenn ſie die vorgeſchriebene Wanderzeit gehörig abſolvirt hatten. Nur gewanderte Mitglieder der Brüderſchaften konnten Altgeſellen werden und das ſogenannte Geſellenmachen verrichten. Eine Zeit ihres Entſtehens möchte ſchwer zu ermitteln ſeyn, da die älteſten Handwerks-Statuten nichts darüber enthalten; indeß mag ſie bei denen zuerſt vorkommen, welche ſich der Kunſt nähern, und früher nur an wenigen Orten und auch da nur ſelten per- manente Beſchäftigung fanden, wohin wir Steinmetze, Maurer, die Gold- und Silberarbeiter und ſolche zählen können, welche in Metallen treiben und gießen. Die Kunſt in Stein zu arbeiten und das Maurergewerbe, wurden im Mittelalter in geſellſchaft- lich geſchloſſenen Logen oder Bauhütten erlernt und betrieben; von da aus wurden Gehülfen hingeſandt, wo man ihrer bedurfte, 3*

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Zitationshilfe: Stock, Ch. L.: Grundzüge der Verfassung des Gesellenwesens der deutschen Handwerker in alter und neuer Zeit. Magdeburg, 1844, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stock_gesellenwesen_1844/45>, abgerufen am 25.04.2024.