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Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 1. Riga, 1794.

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dieser Rücksicht bey der Vergleichung mit den
mehresten großen Städten in Europa eher ge-
winnen als verlieren wird. Das Studium
der Polizey, und dieser Rubrik insbesondere,
ist noch so neu, und die Ausführung ihrer
Grundsätze so abhängig von der Erfahrung
und von dem lokalen und individuellen Zustan-
de eines Orts, daß überhaupt noch sehr wenig
Großes und nichts durchaus Vollkommnes in
dieser Gattung menschlicher Bestrebungen ge-
leistet ist. Der raisonnirende Beobachter, der
den ganzen Umfang dieses Gegenstandes kennt,
und die Ausführung desselben nicht nur nach
der Größe des Ideals, sondern auch nach den
Schwierigkeiten mißt, die der Wirklichkeit im
Wege stehen, wird im Ganzen und Einzelnen
mehr Vollendetes finden, als er nach diesem
Maaßstabe zu erwarten berechtiget war.

Das Pflaster der Residenz ist, aus
mehreren Ursachen, nicht so gut, als es für
den Glanz einer prächtigen Kaiserstadt und für
die Bequemlichkeit des Publikums zu wünschen
wäre. Wenn es überall in den Plan dieses
Werks paßte, nicht nur das wie? sondern auch
das warum? jedes einzelnen Dinges zu unter-

dieſer Ruͤckſicht bey der Vergleichung mit den
mehreſten großen Staͤdten in Europa eher ge-
winnen als verlieren wird. Das Studium
der Polizey, und dieſer Rubrik insbeſondere,
iſt noch ſo neu, und die Ausfuͤhrung ihrer
Grundſaͤtze ſo abhaͤngig von der Erfahrung
und von dem lokalen und individuellen Zuſtan-
de eines Orts, daß uͤberhaupt noch ſehr wenig
Großes und nichts durchaus Vollkommnes in
dieſer Gattung menſchlicher Beſtrebungen ge-
leiſtet iſt. Der raiſonnirende Beobachter, der
den ganzen Umfang dieſes Gegenſtandes kennt,
und die Ausfuͤhrung deſſelben nicht nur nach
der Groͤße des Ideals, ſondern auch nach den
Schwierigkeiten mißt, die der Wirklichkeit im
Wege ſtehen, wird im Ganzen und Einzelnen
mehr Vollendetes finden, als er nach dieſem
Maaßſtabe zu erwarten berechtiget war.

Das Pflaſter der Reſidenz iſt, aus
mehreren Urſachen, nicht ſo gut, als es fuͤr
den Glanz einer praͤchtigen Kaiſerſtadt und fuͤr
die Bequemlichkeit des Publikums zu wuͤnſchen
waͤre. Wenn es uͤberall in den Plan dieſes
Werks paßte, nicht nur das wie? ſondern auch
das warum? jedes einzelnen Dinges zu unter-

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[214/0248] dieſer Ruͤckſicht bey der Vergleichung mit den mehreſten großen Staͤdten in Europa eher ge- winnen als verlieren wird. Das Studium der Polizey, und dieſer Rubrik insbeſondere, iſt noch ſo neu, und die Ausfuͤhrung ihrer Grundſaͤtze ſo abhaͤngig von der Erfahrung und von dem lokalen und individuellen Zuſtan- de eines Orts, daß uͤberhaupt noch ſehr wenig Großes und nichts durchaus Vollkommnes in dieſer Gattung menſchlicher Beſtrebungen ge- leiſtet iſt. Der raiſonnirende Beobachter, der den ganzen Umfang dieſes Gegenſtandes kennt, und die Ausfuͤhrung deſſelben nicht nur nach der Groͤße des Ideals, ſondern auch nach den Schwierigkeiten mißt, die der Wirklichkeit im Wege ſtehen, wird im Ganzen und Einzelnen mehr Vollendetes finden, als er nach dieſem Maaßſtabe zu erwarten berechtiget war. Das Pflaſter der Reſidenz iſt, aus mehreren Urſachen, nicht ſo gut, als es fuͤr den Glanz einer praͤchtigen Kaiſerſtadt und fuͤr die Bequemlichkeit des Publikums zu wuͤnſchen waͤre. Wenn es uͤberall in den Plan dieſes Werks paßte, nicht nur das wie? ſondern auch das warum? jedes einzelnen Dinges zu unter-

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Zitationshilfe: Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 1. Riga, 1794, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg01_1794/248>, abgerufen am 28.03.2024.