Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Storm, Theodor: Gedichte. Kiel, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite
Und heute nun -- im sonnigen Gemache
Zur Rechten und zur Linken schlief mein Kind;
Des zarten Athems lauschend hielt ich Wache,
Und an den Fenstern ging der Sommerwind.
Da sanken Nebelschleier dicht und dichter
Auf mich herab; kaum schienen noch hervor
Der Kinder schlummerselige Gesichter,
Und nicht mehr drang ihr Athem an mein Ohr.
Ich wollte rufen; doch die Stimme keuchte,
Bis hell die Angst aus meinem Herzen schrie.
Vergebens doch; kein Schrei der Angst erreichte,
Kein Laut der Liebe mehr erreichte sie.
In grauer Finsterniß stand ich verlassen,
Bewegungslos und schauernden Gebeins;
Ich fühlte kalt mein schlagend Herz erfassen,
Und ein entsetzlich Auge sank in meins.
Und heute nun — im ſonnigen Gemache
Zur Rechten und zur Linken ſchlief mein Kind;
Des zarten Athems lauſchend hielt ich Wache,
Und an den Fenſtern ging der Sommerwind.
Da ſanken Nebelſchleier dicht und dichter
Auf mich herab; kaum ſchienen noch hervor
Der Kinder ſchlummerſelige Geſichter,
Und nicht mehr drang ihr Athem an mein Ohr.
Ich wollte rufen; doch die Stimme keuchte,
Bis hell die Angſt aus meinem Herzen ſchrie.
Vergebens doch; kein Schrei der Angſt erreichte,
Kein Laut der Liebe mehr erreichte ſie.
In grauer Finſterniß ſtand ich verlaſſen,
Bewegungslos und ſchauernden Gebeins;
Ich fühlte kalt mein ſchlagend Herz erfaſſen,
Und ein entſetzlich Auge ſank in meins.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0166" n="156"/>
            <lg n="3">
              <l>Und heute nun &#x2014; im &#x017F;onnigen Gemache</l><lb/>
              <l>Zur Rechten und zur Linken &#x017F;chlief mein Kind;</l><lb/>
              <l>Des zarten Athems lau&#x017F;chend hielt ich Wache,</l><lb/>
              <l>Und an den Fen&#x017F;tern ging der Sommerwind.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="4">
              <l>Da &#x017F;anken Nebel&#x017F;chleier dicht und dichter</l><lb/>
              <l>Auf mich herab; kaum &#x017F;chienen noch hervor</l><lb/>
              <l>Der Kinder &#x017F;chlummer&#x017F;elige Ge&#x017F;ichter,</l><lb/>
              <l>Und nicht mehr drang ihr Athem an mein Ohr.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="5">
              <l>Ich wollte rufen; doch die Stimme keuchte,</l><lb/>
              <l>Bis hell die Ang&#x017F;t aus meinem Herzen &#x017F;chrie.</l><lb/>
              <l>Vergebens doch; kein Schrei der Ang&#x017F;t erreichte,</l><lb/>
              <l>Kein Laut der Liebe mehr erreichte &#x017F;ie.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="6">
              <l>In grauer Fin&#x017F;terniß &#x017F;tand ich verla&#x017F;&#x017F;en,</l><lb/>
              <l>Bewegungslos und &#x017F;chauernden Gebeins;</l><lb/>
              <l>Ich fühlte kalt mein &#x017F;chlagend Herz erfa&#x017F;&#x017F;en,</l><lb/>
              <l>Und ein ent&#x017F;etzlich Auge &#x017F;ank in meins.</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[156/0166] Und heute nun — im ſonnigen Gemache Zur Rechten und zur Linken ſchlief mein Kind; Des zarten Athems lauſchend hielt ich Wache, Und an den Fenſtern ging der Sommerwind. Da ſanken Nebelſchleier dicht und dichter Auf mich herab; kaum ſchienen noch hervor Der Kinder ſchlummerſelige Geſichter, Und nicht mehr drang ihr Athem an mein Ohr. Ich wollte rufen; doch die Stimme keuchte, Bis hell die Angſt aus meinem Herzen ſchrie. Vergebens doch; kein Schrei der Angſt erreichte, Kein Laut der Liebe mehr erreichte ſie. In grauer Finſterniß ſtand ich verlaſſen, Bewegungslos und ſchauernden Gebeins; Ich fühlte kalt mein ſchlagend Herz erfaſſen, Und ein entſetzlich Auge ſank in meins.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_gedichte_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_gedichte_1852/166
Zitationshilfe: Storm, Theodor: Gedichte. Kiel, 1852, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_gedichte_1852/166>, abgerufen am 16.04.2024.