Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Storm, Theodor: Gedichte. Kiel, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite
Ich floh nicht mehr; ich fesselte das Grauen,
Und faßte mühsam meines Auges Kraft;
Dann überkam vorahnend mich Vertrauen
Zu dem, der meine Sinne hielt in Haft.
Und als ich fest den Blick zurückgegeben,
Lag plötzlich tief zu Füßen mir die Welt;
Ich sah mich hoch und frei ob allem Leben
An deiner Hand, furchtbarer Fürst, gestellt.
Den Dampf der Erde sah empor ich streben,
Und ballen sich zu Mensch- und Thiergestalt;
Sah es sich schütteln, tasten, sah es leben,
Und taumeln dann, und schwinden alsobald.
Im fahlen Schein im Abgrund sah ich's liegen,
Und sah sich's regen in der Städte Rauch;
Ich sah es wimmeln, hasten, sich bekriegen,
Und sah mich selbst bei den Gestalten auch.
Ich floh nicht mehr; ich feſſelte das Grauen,
Und faßte mühſam meines Auges Kraft;
Dann überkam vorahnend mich Vertrauen
Zu dem, der meine Sinne hielt in Haft.
Und als ich feſt den Blick zurückgegeben,
Lag plötzlich tief zu Füßen mir die Welt;
Ich ſah mich hoch und frei ob allem Leben
An deiner Hand, furchtbarer Fürſt, geſtellt.
Den Dampf der Erde ſah empor ich ſtreben,
Und ballen ſich zu Menſch- und Thiergeſtalt;
Sah es ſich ſchütteln, taſten, ſah es leben,
Und taumeln dann, und ſchwinden alſobald.
Im fahlen Schein im Abgrund ſah ich's liegen,
Und ſah ſich's regen in der Städte Rauch;
Ich ſah es wimmeln, haſten, ſich bekriegen,
Und ſah mich ſelbſt bei den Geſtalten auch.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0167" n="157"/>
            <lg n="7">
              <l>Ich floh nicht mehr; ich fe&#x017F;&#x017F;elte das Grauen,</l><lb/>
              <l>Und faßte müh&#x017F;am meines Auges Kraft;</l><lb/>
              <l>Dann überkam vorahnend mich Vertrauen</l><lb/>
              <l>Zu dem, der meine Sinne hielt in Haft.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="8">
              <l>Und als ich fe&#x017F;t den Blick zurückgegeben,</l><lb/>
              <l>Lag plötzlich tief zu Füßen mir die Welt;</l><lb/>
              <l>Ich &#x017F;ah mich hoch und frei ob allem Leben</l><lb/>
              <l>An deiner Hand, furchtbarer Für&#x017F;t, ge&#x017F;tellt.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="9">
              <l>Den Dampf der Erde &#x017F;ah empor ich &#x017F;treben,</l><lb/>
              <l>Und ballen &#x017F;ich zu Men&#x017F;ch- und Thierge&#x017F;talt;</l><lb/>
              <l>Sah es &#x017F;ich &#x017F;chütteln, ta&#x017F;ten, &#x017F;ah es leben,</l><lb/>
              <l>Und taumeln dann, und &#x017F;chwinden al&#x017F;obald.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="10">
              <l>Im fahlen Schein im Abgrund &#x017F;ah ich's liegen,</l><lb/>
              <l>Und &#x017F;ah &#x017F;ich's regen in der Städte Rauch;</l><lb/>
              <l>Ich &#x017F;ah es wimmeln, ha&#x017F;ten, &#x017F;ich bekriegen,</l><lb/>
              <l>Und &#x017F;ah mich &#x017F;elb&#x017F;t bei den Ge&#x017F;talten auch.</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[157/0167] Ich floh nicht mehr; ich feſſelte das Grauen, Und faßte mühſam meines Auges Kraft; Dann überkam vorahnend mich Vertrauen Zu dem, der meine Sinne hielt in Haft. Und als ich feſt den Blick zurückgegeben, Lag plötzlich tief zu Füßen mir die Welt; Ich ſah mich hoch und frei ob allem Leben An deiner Hand, furchtbarer Fürſt, geſtellt. Den Dampf der Erde ſah empor ich ſtreben, Und ballen ſich zu Menſch- und Thiergeſtalt; Sah es ſich ſchütteln, taſten, ſah es leben, Und taumeln dann, und ſchwinden alſobald. Im fahlen Schein im Abgrund ſah ich's liegen, Und ſah ſich's regen in der Städte Rauch; Ich ſah es wimmeln, haſten, ſich bekriegen, Und ſah mich ſelbſt bei den Geſtalten auch.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_gedichte_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_gedichte_1852/167
Zitationshilfe: Storm, Theodor: Gedichte. Kiel, 1852, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_gedichte_1852/167>, abgerufen am 28.03.2024.