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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836.

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Dritter Abschnitt.
zerstört werden würde (Matth. 24, 1. 2. parall.). Auf
die Frage der Jünger, wann diess geschehen, und was das
Zeichen der ihrer Ansicht nach damit zusammenhängenden
Ankunft des Messias sein werde (V. 3.), warnt sie Jesus,
sich nicht durch Leute, welche sich fälschlich für den
Messias ausgeben, und durch die Meinung, gleich nach
den ersten Vorzeichen müsse die erwartete Katastrophe
folgen, irreführen zu lassen; denn Kriege und Kriegsge-
rüchte, Kämpfe von Völkern und Reichen gegeneinander,
Hungersnoth, Pest und Erdbeben da und dort, seien nur
die ersten Anfänge des der Ankunft des Messias vorange-
henden Elends (V. 4--8.). Auch sie selbst, seine Anhän-
ger, werden zuvor noch Hass, Verfolgung und Mord über
sich ergehen lassen müssen; Treulosigkeit, Verrath, Täu-
schung durch falsche Propheten, Lieblosigkeit und allge-
meines Sittenverderben werde unter den Menschen einreis-
sen, zugleich aber müsse die Botschaft vom Messiasreich
noch vorher in der ganzen Welt verkündigt werden; nach
allem diesem erst könne das Ende der jetzigen Weltperio-
de eintreten, auf welches mit Standhaftigkeit harren müs-
se, wer an dem Glücke der künftigen Antheil bekommen
wolle (V. 9--14.). Ein näheres Vorzeichen schon von
dieser Katastrophe sei die Erfüllung des Danielischen Ora-
kels (9, 27.) von dem an heiliger Stätte aufzustellenden
Verwüstungsgräuel (nach Lukas, 21, 20, die Umstellung
Jerusalems durch Kriegsheere); wenn dieses eintrete,
dann sei es (nach Lukas, weil die Verödung Jerusalems be-
vorstehe, welche Luc. 19, 43 f. in einer Anrede Jesu an
die Stadt durch peribalousin oi ekhthroi sou kharaka soi, kai
perikuklosousi se kai sunexousi se pantothen, kai edaphiousi
se kai ta tekna sou; en soi, kai ouk aphesousin en soi lithon
epi litho näher bestimmt ist) die höchste Zeit zur schleu-
nigsten Flucht, bei welcher alle am schnellen Fortkommen
Gehinderte zu bedauern, und von welcher, dass sie in kei-
ne ungünstige Zeit fallen möge, angelegentlich zu wünschen

Dritter Abschnitt.
zerstört werden würde (Matth. 24, 1. 2. parall.). Auf
die Frage der Jünger, wann dieſs geschehen, und was das
Zeichen der ihrer Ansicht nach damit zusammenhängenden
Ankunft des Messias sein werde (V. 3.), warnt sie Jesus,
sich nicht durch Leute, welche sich fälschlich für den
Messias ausgeben, und durch die Meinung, gleich nach
den ersten Vorzeichen müsse die erwartete Katastrophe
folgen, irreführen zu lassen; denn Kriege und Kriegsge-
rüchte, Kämpfe von Völkern und Reichen gegeneinander,
Hungersnoth, Pest und Erdbeben da und dort, seien nur
die ersten Anfänge des der Ankunft des Messias vorange-
henden Elends (V. 4—8.). Auch sie selbst, seine Anhän-
ger, werden zuvor noch Haſs, Verfolgung und Mord über
sich ergehen lassen müssen; Treulosigkeit, Verrath, Täu-
schung durch falsche Propheten, Lieblosigkeit und allge-
meines Sittenverderben werde unter den Menschen einreis-
sen, zugleich aber müsse die Botschaft vom Messiasreich
noch vorher in der ganzen Welt verkündigt werden; nach
allem diesem erst könne das Ende der jetzigen Weltperio-
de eintreten, auf welches mit Standhaftigkeit harren müs-
se, wer an dem Glücke der künftigen Antheil bekommen
wolle (V. 9—14.). Ein näheres Vorzeichen schon von
dieser Katastrophe sei die Erfüllung des Danielischen Ora-
kels (9, 27.) von dem an heiliger Stätte aufzustellenden
Verwüstungsgräuel (nach Lukas, 21, 20, die Umstellung
Jerusalems durch Kriegsheere); wenn dieses eintrete,
dann sei es (nach Lukas, weil die Verödung Jerusalems be-
vorstehe, welche Luc. 19, 43 f. in einer Anrede Jesu an
die Stadt durch περιβαλοῦσιν οἱ ἐχϑροί σου χάρακά σοι, καὶ
περικυκλώσουσί σε καὶ συνέξουσί σε πάντοϑεν, καὶ ἐδαφιοῦσί
σε καὶ τὰ τέκνα σου; ἐν σοὶ, καὶ ουκ ἀφήσουσιν ἐν σοὶ λίϑον
ἐπὶ λίϑῳ näher bestimmt ist) die höchste Zeit zur schleu-
nigsten Flucht, bei welcher alle am schnellen Fortkommen
Gehinderte zu bedauern, und von welcher, daſs sie in kei-
ne ungünstige Zeit fallen möge, angelegentlich zu wünschen

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[342/0361] Dritter Abschnitt. zerstört werden würde (Matth. 24, 1. 2. parall.). Auf die Frage der Jünger, wann dieſs geschehen, und was das Zeichen der ihrer Ansicht nach damit zusammenhängenden Ankunft des Messias sein werde (V. 3.), warnt sie Jesus, sich nicht durch Leute, welche sich fälschlich für den Messias ausgeben, und durch die Meinung, gleich nach den ersten Vorzeichen müsse die erwartete Katastrophe folgen, irreführen zu lassen; denn Kriege und Kriegsge- rüchte, Kämpfe von Völkern und Reichen gegeneinander, Hungersnoth, Pest und Erdbeben da und dort, seien nur die ersten Anfänge des der Ankunft des Messias vorange- henden Elends (V. 4—8.). Auch sie selbst, seine Anhän- ger, werden zuvor noch Haſs, Verfolgung und Mord über sich ergehen lassen müssen; Treulosigkeit, Verrath, Täu- schung durch falsche Propheten, Lieblosigkeit und allge- meines Sittenverderben werde unter den Menschen einreis- sen, zugleich aber müsse die Botschaft vom Messiasreich noch vorher in der ganzen Welt verkündigt werden; nach allem diesem erst könne das Ende der jetzigen Weltperio- de eintreten, auf welches mit Standhaftigkeit harren müs- se, wer an dem Glücke der künftigen Antheil bekommen wolle (V. 9—14.). Ein näheres Vorzeichen schon von dieser Katastrophe sei die Erfüllung des Danielischen Ora- kels (9, 27.) von dem an heiliger Stätte aufzustellenden Verwüstungsgräuel (nach Lukas, 21, 20, die Umstellung Jerusalems durch Kriegsheere); wenn dieses eintrete, dann sei es (nach Lukas, weil die Verödung Jerusalems be- vorstehe, welche Luc. 19, 43 f. in einer Anrede Jesu an die Stadt durch περιβαλοῦσιν οἱ ἐχϑροί σου χάρακά σοι, καὶ περικυκλώσουσί σε καὶ συνέξουσί σε πάντοϑεν, καὶ ἐδαφιοῦσί σε καὶ τὰ τέκνα σου; ἐν σοὶ, καὶ ουκ ἀφήσουσιν ἐν σοὶ λίϑον ἐπὶ λίϑῳ näher bestimmt ist) die höchste Zeit zur schleu- nigsten Flucht, bei welcher alle am schnellen Fortkommen Gehinderte zu bedauern, und von welcher, daſs sie in kei- ne ungünstige Zeit fallen möge, angelegentlich zu wünschen

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Zitationshilfe: Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836, S. 342. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus02_1836/361>, abgerufen am 29.03.2024.