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Suppius, Christoph Eusebius: Oden und Lieder. Gotha, 1749.

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Viertes Buch.
Es scheint mir alles wie ein Traum,
Denn ich begreife selbst noch kaum,
Ob man zum Lachen oder Weinen
Bey seines gleichen muß erscheinen;
Das letztere bedünkt mich wahr,
Doch weiß ich nicht, warum? ich weine
selbst sogar.
Wiewohl, es kann auch möglich seyn,
Daß solches nur bey uns allein
Geschiehet; es muß was bedeuten,
Jch seh es nicht an allen Leuten,
Die mir noch vorgekommen sind,
Wer weiß, geht mich es an? ich denke wie
ein Kind.
Mein kleines Herze klopft und schlägt,
Jch fühle mich durchaus bewegt,
Doch will man nach der Ursach fragen,
Jch weiß es selber nicht zu sagen;
Es ahndet mir ein Ungemach,
Jch kleine Menschlichkeit! was soll ich hof-
fen! ach!
Zu eben dieser will ich fliehn,
Die mich mit küssendem Bemühn
Bisher verpflegt, geliebt, getragen,
Der will ich meinen Kummer klagen.
Hats ihr nun mein Geschrey erzehlt,
Jch weiß es ganz gewiß, sie sagt mir, was
uns fehlt.
Wo
Viertes Buch.
Es ſcheint mir alles wie ein Traum,
Denn ich begreife ſelbſt noch kaum,
Ob man zum Lachen oder Weinen
Bey ſeines gleichen muß erſcheinen;
Das letztere beduͤnkt mich wahr,
Doch weiß ich nicht, warum? ich weine
ſelbſt ſogar.
Wiewohl, es kann auch moͤglich ſeyn,
Daß ſolches nur bey uns allein
Geſchiehet; es muß was bedeuten,
Jch ſeh es nicht an allen Leuten,
Die mir noch vorgekommen ſind,
Wer weiß, geht mich es an? ich denke wie
ein Kind.
Mein kleines Herze klopft und ſchlaͤgt,
Jch fuͤhle mich durchaus bewegt,
Doch will man nach der Urſach fragen,
Jch weiß es ſelber nicht zu ſagen;
Es ahndet mir ein Ungemach,
Jch kleine Menſchlichkeit! was ſoll ich hof-
fen! ach!
Zu eben dieſer will ich fliehn,
Die mich mit kuͤſſendem Bemuͤhn
Bisher verpflegt, geliebt, getragen,
Der will ich meinen Kummer klagen.
Hats ihr nun mein Geſchrey erzehlt,
Jch weiß es ganz gewiß, ſie ſagt mir, was
uns fehlt.
Wo
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[304/0324] Viertes Buch. Es ſcheint mir alles wie ein Traum, Denn ich begreife ſelbſt noch kaum, Ob man zum Lachen oder Weinen Bey ſeines gleichen muß erſcheinen; Das letztere beduͤnkt mich wahr, Doch weiß ich nicht, warum? ich weine ſelbſt ſogar. Wiewohl, es kann auch moͤglich ſeyn, Daß ſolches nur bey uns allein Geſchiehet; es muß was bedeuten, Jch ſeh es nicht an allen Leuten, Die mir noch vorgekommen ſind, Wer weiß, geht mich es an? ich denke wie ein Kind. Mein kleines Herze klopft und ſchlaͤgt, Jch fuͤhle mich durchaus bewegt, Doch will man nach der Urſach fragen, Jch weiß es ſelber nicht zu ſagen; Es ahndet mir ein Ungemach, Jch kleine Menſchlichkeit! was ſoll ich hof- fen! ach! Zu eben dieſer will ich fliehn, Die mich mit kuͤſſendem Bemuͤhn Bisher verpflegt, geliebt, getragen, Der will ich meinen Kummer klagen. Hats ihr nun mein Geſchrey erzehlt, Jch weiß es ganz gewiß, ſie ſagt mir, was uns fehlt. Wo

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Zitationshilfe: Suppius, Christoph Eusebius: Oden und Lieder. Gotha, 1749, S. 304. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/suppius_oden_1749/324>, abgerufen am 24.04.2024.