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Swedenborg, Emanuel: Auserlesene Schriften. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1776.

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Von der Geisterwelt.
weil er alsdenn in das Jnnere, das seinem Ge-
müth, oder Willen und Denken zukommt, ver-
setzt, und das Aeussere, worinnen er in seinem
ersten Zustand gewesen war, eingeschläfert
wird. Ein jeder, der auf des Menschen Leben
und dessen Reden und Handlungen Achtung
giebt, kann erkennen, daß bey einem jeden ein
Aeusseres und ein Jnneres ist, oder äussere und
innere Gedanken und Absichten; dieses kann er
folgendermasen erkennen: wer höflich lebt, der
denket von andern so, wie er es entweder aus dem
gemeinen Ruf, oder aus Umgang, von ihnen
gehöret und vernommen hat, er redet aber doch
nicht mit ihnen so, wie er es denket, und ob sie
gleich böse sind so beträgt er sich doch höflich gegen
sie: daß dem so sey, ist hauptsächlich von denen
bekannt, die sich verstellen und schmeicheln, die
da ganz anders reden und thun, als sie denken
und wollen: und von den Heuchlern, die von
Gott, vom Himmel, von der Seelen Seligkeit,
von den Wahrheiten der Kirche, von dem Besten
des Vaterlandes, und von dem Nächsten, als-
wie aus dem Glauben und der Liebe reden, da
sie doch im Herzen etwas anders glauben, und
nur sich allein lieben. Hieraus kann nun offen-
bar erhellen, daß zweyerley Denken ist,
das eine ein äusseres und das andere ein inne-
res,
und daß sie aus dem äussern Denken re-
den, und aus dem innern Denken etwas anders
im Sinn haben, wie auch, daß dieses zweyfache
Denken von einander abgesondert ist, denn man

nimmt

Von der Geiſterwelt.
weil er alsdenn in das Jnnere, das ſeinem Ge-
muͤth, oder Willen und Denken zukommt, ver-
ſetzt, und das Aeuſſere, worinnen er in ſeinem
erſten Zuſtand geweſen war, eingeſchlaͤfert
wird. Ein jeder, der auf des Menſchen Leben
und deſſen Reden und Handlungen Achtung
giebt, kann erkennen, daß bey einem jeden ein
Aeuſſeres und ein Jnneres iſt, oder aͤuſſere und
innere Gedanken und Abſichten; dieſes kann er
folgendermaſen erkennen: wer hoͤflich lebt, der
denket von andern ſo, wie er es entweder aus dem
gemeinen Ruf, oder aus Umgang, von ihnen
gehoͤret und vernommen hat, er redet aber doch
nicht mit ihnen ſo, wie er es denket, und ob ſie
gleich boͤſe ſind ſo betraͤgt er ſich doch hoͤflich gegen
ſie: daß dem ſo ſey, iſt hauptſaͤchlich von denen
bekannt, die ſich verſtellen und ſchmeicheln, die
da ganz anders reden und thun, als ſie denken
und wollen: und von den Heuchlern, die von
Gott, vom Himmel, von der Seelen Seligkeit,
von den Wahrheiten der Kirche, von dem Beſten
des Vaterlandes, und von dem Naͤchſten, als-
wie aus dem Glauben und der Liebe reden, da
ſie doch im Herzen etwas anders glauben, und
nur ſich allein lieben. Hieraus kann nun offen-
bar erhellen, daß zweyerley Denken iſt,
das eine ein aͤuſſeres und das andere ein inne-
res,
und daß ſie aus dem aͤuſſern Denken re-
den, und aus dem innern Denken etwas anders
im Sinn haben, wie auch, daß dieſes zweyfache
Denken von einander abgeſondert iſt, denn man

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[282/0281] Von der Geiſterwelt. weil er alsdenn in das Jnnere, das ſeinem Ge- muͤth, oder Willen und Denken zukommt, ver- ſetzt, und das Aeuſſere, worinnen er in ſeinem erſten Zuſtand geweſen war, eingeſchlaͤfert wird. Ein jeder, der auf des Menſchen Leben und deſſen Reden und Handlungen Achtung giebt, kann erkennen, daß bey einem jeden ein Aeuſſeres und ein Jnneres iſt, oder aͤuſſere und innere Gedanken und Abſichten; dieſes kann er folgendermaſen erkennen: wer hoͤflich lebt, der denket von andern ſo, wie er es entweder aus dem gemeinen Ruf, oder aus Umgang, von ihnen gehoͤret und vernommen hat, er redet aber doch nicht mit ihnen ſo, wie er es denket, und ob ſie gleich boͤſe ſind ſo betraͤgt er ſich doch hoͤflich gegen ſie: daß dem ſo ſey, iſt hauptſaͤchlich von denen bekannt, die ſich verſtellen und ſchmeicheln, die da ganz anders reden und thun, als ſie denken und wollen: und von den Heuchlern, die von Gott, vom Himmel, von der Seelen Seligkeit, von den Wahrheiten der Kirche, von dem Beſten des Vaterlandes, und von dem Naͤchſten, als- wie aus dem Glauben und der Liebe reden, da ſie doch im Herzen etwas anders glauben, und nur ſich allein lieben. Hieraus kann nun offen- bar erhellen, daß zweyerley Denken iſt, das eine ein aͤuſſeres und das andere ein inne- res, und daß ſie aus dem aͤuſſern Denken re- den, und aus dem innern Denken etwas anders im Sinn haben, wie auch, daß dieſes zweyfache Denken von einander abgeſondert iſt, denn man nimmt

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Zitationshilfe: Swedenborg, Emanuel: Auserlesene Schriften. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1776, S. 282. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/swedenborg_schriften02_1776/281>, abgerufen am 25.04.2024.