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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809.

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Das Feldersystem.
erhalten, und die Erschöpfung abwenden, der sie sonst (vergl. §. §. 211 -- 218.)
unterliegt.

Die Dürftigkeit derjenigen Wirthschaften, die in neunjährigem Dünger ste-
hen, ist allgemein bekannt und erhellet aus den Resultaten, die der §. 261. giebt.

§. 302.

Weidebedarf.Die gemachte Voraussetzung, daß es diesen Wirthschaften nicht an hinläng-
licher Weide fehle, trifft man aber nur selten in der Wirklichkeit an. Soll eine
Dreifelderwirthschaft das zur Umwandlung des Strohes und Heues in Mist erfor-
derliche Vieh halten, so ist auf jedem zu bedüngenden Morgen ein Stück Groß-
vieh nöthig. Das auf dem Stalle in der Regel gefutterte Zugvieh geht davon ab,
für das übrige aber müssen auf den Kopf, nach Beschaffenheit des Grundes, drei
bis fünf Morgen taumer Weide, in Holzungen aber, je nachdem sie bewachsen sind,
10 bis 15 Morgen gerechnet werden, wenn anders dieses Vieh seine Nutzung
nicht größtentheils versagen soll. Und da dieses nur ein höchst seltener Fall ist, so
findet man fast allgemein, daß das Rindvieh höchst geringen Ertrag in diesen
Wirthschaften gewährt, und mehrentheils kaum den Bedarf der eigentlichen
Wirthschaft giebt, wenn es gleich sorgfältig behandelt wird, und im Winter ge-
nugsame Futterung hat. Die Viehnutzung beschränkt sich daher fast nur auf die
Schafe, denen aber auch diese Wirthschaften selten eine so zureichende und ge-
sunde Weide gewähren können, daß sie den möglichst vollkommen Ertrag geben.
Mehrentheils muß um ihretwillen das Brachfeld bis nach der Mitte des Som-
mers unumgebrochen liegen bleiben, was gegen die eigentlichen Bedingungen die-
ses Systemes streitet, und auf gutem lehmigen Boden den sonst zu erwartenden
Körner- und Strohertrag beträchtlich herabsetzt.

§. 303.

Um die Zweckmäßigkeit einer Dreifelderwirthschaft, die sich in Kraft erhalten
kann, -- denn ohne das fällt ihre Unzweckmäßigkeit in die Augen -- in einem
gegebenen Falle zu beurtheilen, muß man daher zuvörderst untersuchen, ob jene
erforderlichen Verhältnisse zwischen Acker- und Grasland vorhanden sind, dann
aber auch, ob letzteres durch wechselnden Aufbruch nicht weit höher zu benutzen,
um dadurch alle Verhältnisse noch mehr zu berichtigen; das Ganze aber, wo nicht

Das Felderſyſtem.
erhalten, und die Erſchoͤpfung abwenden, der ſie ſonſt (vergl. §. §. 211 — 218.)
unterliegt.

Die Duͤrftigkeit derjenigen Wirthſchaften, die in neunjaͤhrigem Duͤnger ſte-
hen, iſt allgemein bekannt und erhellet aus den Reſultaten, die der §. 261. giebt.

§. 302.

Weidebedarf.Die gemachte Vorausſetzung, daß es dieſen Wirthſchaften nicht an hinlaͤng-
licher Weide fehle, trifft man aber nur ſelten in der Wirklichkeit an. Soll eine
Dreifelderwirthſchaft das zur Umwandlung des Strohes und Heues in Miſt erfor-
derliche Vieh halten, ſo iſt auf jedem zu beduͤngenden Morgen ein Stuͤck Groß-
vieh noͤthig. Das auf dem Stalle in der Regel gefutterte Zugvieh geht davon ab,
fuͤr das uͤbrige aber muͤſſen auf den Kopf, nach Beſchaffenheit des Grundes, drei
bis fuͤnf Morgen taumer Weide, in Holzungen aber, je nachdem ſie bewachſen ſind,
10 bis 15 Morgen gerechnet werden, wenn anders dieſes Vieh ſeine Nutzung
nicht groͤßtentheils verſagen ſoll. Und da dieſes nur ein hoͤchſt ſeltener Fall iſt, ſo
findet man faſt allgemein, daß das Rindvieh hoͤchſt geringen Ertrag in dieſen
Wirthſchaften gewaͤhrt, und mehrentheils kaum den Bedarf der eigentlichen
Wirthſchaft giebt, wenn es gleich ſorgfaͤltig behandelt wird, und im Winter ge-
nugſame Futterung hat. Die Viehnutzung beſchraͤnkt ſich daher faſt nur auf die
Schafe, denen aber auch dieſe Wirthſchaften ſelten eine ſo zureichende und ge-
ſunde Weide gewaͤhren koͤnnen, daß ſie den moͤglichſt vollkommen Ertrag geben.
Mehrentheils muß um ihretwillen das Brachfeld bis nach der Mitte des Som-
mers unumgebrochen liegen bleiben, was gegen die eigentlichen Bedingungen die-
ſes Syſtemes ſtreitet, und auf gutem lehmigen Boden den ſonſt zu erwartenden
Koͤrner- und Strohertrag betraͤchtlich herabſetzt.

§. 303.

Um die Zweckmaͤßigkeit einer Dreifelderwirthſchaft, die ſich in Kraft erhalten
kann, — denn ohne das faͤllt ihre Unzweckmaͤßigkeit in die Augen — in einem
gegebenen Falle zu beurtheilen, muß man daher zuvoͤrderſt unterſuchen, ob jene
erforderlichen Verhaͤltniſſe zwiſchen Acker- und Grasland vorhanden ſind, dann
aber auch, ob letzteres durch wechſelnden Aufbruch nicht weit hoͤher zu benutzen,
um dadurch alle Verhaͤltniſſe noch mehr zu berichtigen; das Ganze aber, wo nicht

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[290/0336] Das Felderſyſtem. erhalten, und die Erſchoͤpfung abwenden, der ſie ſonſt (vergl. §. §. 211 — 218.) unterliegt. Die Duͤrftigkeit derjenigen Wirthſchaften, die in neunjaͤhrigem Duͤnger ſte- hen, iſt allgemein bekannt und erhellet aus den Reſultaten, die der §. 261. giebt. §. 302. Die gemachte Vorausſetzung, daß es dieſen Wirthſchaften nicht an hinlaͤng- licher Weide fehle, trifft man aber nur ſelten in der Wirklichkeit an. Soll eine Dreifelderwirthſchaft das zur Umwandlung des Strohes und Heues in Miſt erfor- derliche Vieh halten, ſo iſt auf jedem zu beduͤngenden Morgen ein Stuͤck Groß- vieh noͤthig. Das auf dem Stalle in der Regel gefutterte Zugvieh geht davon ab, fuͤr das uͤbrige aber muͤſſen auf den Kopf, nach Beſchaffenheit des Grundes, drei bis fuͤnf Morgen taumer Weide, in Holzungen aber, je nachdem ſie bewachſen ſind, 10 bis 15 Morgen gerechnet werden, wenn anders dieſes Vieh ſeine Nutzung nicht groͤßtentheils verſagen ſoll. Und da dieſes nur ein hoͤchſt ſeltener Fall iſt, ſo findet man faſt allgemein, daß das Rindvieh hoͤchſt geringen Ertrag in dieſen Wirthſchaften gewaͤhrt, und mehrentheils kaum den Bedarf der eigentlichen Wirthſchaft giebt, wenn es gleich ſorgfaͤltig behandelt wird, und im Winter ge- nugſame Futterung hat. Die Viehnutzung beſchraͤnkt ſich daher faſt nur auf die Schafe, denen aber auch dieſe Wirthſchaften ſelten eine ſo zureichende und ge- ſunde Weide gewaͤhren koͤnnen, daß ſie den moͤglichſt vollkommen Ertrag geben. Mehrentheils muß um ihretwillen das Brachfeld bis nach der Mitte des Som- mers unumgebrochen liegen bleiben, was gegen die eigentlichen Bedingungen die- ſes Syſtemes ſtreitet, und auf gutem lehmigen Boden den ſonſt zu erwartenden Koͤrner- und Strohertrag betraͤchtlich herabſetzt. Weidebedarf. §. 303. Um die Zweckmaͤßigkeit einer Dreifelderwirthſchaft, die ſich in Kraft erhalten kann, — denn ohne das faͤllt ihre Unzweckmaͤßigkeit in die Augen — in einem gegebenen Falle zu beurtheilen, muß man daher zuvoͤrderſt unterſuchen, ob jene erforderlichen Verhaͤltniſſe zwiſchen Acker- und Grasland vorhanden ſind, dann aber auch, ob letzteres durch wechſelnden Aufbruch nicht weit hoͤher zu benutzen, um dadurch alle Verhaͤltniſſe noch mehr zu berichtigen; das Ganze aber, wo nicht

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809/336>, abgerufen am 28.03.2024.