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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809.

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Das Feldersystem.
unter ihnen gleichsam ruhenden Luftschicht bewirken, das Unkraut zum Theil
unterdrücken, und zu ihrer Nahrung eine andere quantitative Verbindung der
Urstoffe zu fordern scheinen. Indessen ersetzen sie die Wirkung der Brache nie
völlig, und einiger Abschlag des Getreides ist unter übrigens gleichen Umständen
immer bemerklich. Auch weiß man, daß sie bei gewöhnlicher Kultur selbst nicht
gerathen, wenn sie zu oft auf denselben Platz kommen, ihr Mißrathen aber ziehet
immer eine beträchtliche Verschlechterung des Ackers und Zurückschlagen der fol-
genden Getreideernten nach sich, bis eine neue Brache das Uebel wieder hebt.

Um das Gerathen derselben zu sichern, hat man zu ihrem nur auf einen Theil
der Brache eingeschränkten Anbau gewöhnlich das beste Land gewählt, und pflegt
dieses, um den Getreideabschlag darnach zu verhüten, stärker zu düngen, einen
Theil des Düngers vielleicht vor ihrer Einsaat, einen andern Theil nach ihrer
Aberntung aufzufahren oder die Horden darauf zu legen. Hierbei kommt dann
aber ein anderer Theil des Feldes im Dünger zu kurz, und es erklärt sich, was
man in vielen Wirthschaftsarchiven sehr auffallend dokumentirt findet, daß der
Totalertrag des Getreides seit Einführung des Erbsenbaues in der Brache abge-
nommen, und immer in dem Verhältnisse stärker abgenommen habe, als man den
Bau der Erbsen in der Brache vermehrte. Daher giebt es noch immer viele er-
fahrene Dreifelderwirthe, welche diese und ähnliche Früchte durchaus nicht in der
Brache säen, sondern sie, so viel es ihnen rathsam scheint, in das Sommerfeld
bringen, und selbst ihre Nachbaren, die in Ansehung der vortheilhaftern Be-
nutzung anderer Meinung sind, müssen eingestehen, daß die Getreideernten jener
reinen Dreifelderwirthe die ihrigen beträchtlich überwiegen.

Sonst hat der Hülsenfruchtbau in der Brache offenbar den Vortheil, daß
durch das natzrhaftere Stroh derselben nicht nur das Vieh, besonders die Schafe,
besser ernährt, sondern auch eine größere Düngerquantität gewonnen wird.

§. 306.

Allein es schien eine große Revolution im Gebiete der Landwirthschaft vor-Der Klee an
der Stelle
der Brache.

zugehen, ohne die alte Form des Dreifeldersystemes zu verletzen,
wie man den vorher fast nur in besonderen Koppeln gebauten Klee, unter die
Sömmerung zu säen, und im Brachjahre zu benutzen lehrte. Dieser Klee, zeigte
man, erschöpfe den Acker keinesweges, bereichere ihn vielmehr durch seine Wur-

Das Felderſyſtem.
unter ihnen gleichſam ruhenden Luftſchicht bewirken, das Unkraut zum Theil
unterdruͤcken, und zu ihrer Nahrung eine andere quantitative Verbindung der
Urſtoffe zu fordern ſcheinen. Indeſſen erſetzen ſie die Wirkung der Brache nie
voͤllig, und einiger Abſchlag des Getreides iſt unter uͤbrigens gleichen Umſtaͤnden
immer bemerklich. Auch weiß man, daß ſie bei gewoͤhnlicher Kultur ſelbſt nicht
gerathen, wenn ſie zu oft auf denſelben Platz kommen, ihr Mißrathen aber ziehet
immer eine betraͤchtliche Verſchlechterung des Ackers und Zuruͤckſchlagen der fol-
genden Getreideernten nach ſich, bis eine neue Brache das Uebel wieder hebt.

Um das Gerathen derſelben zu ſichern, hat man zu ihrem nur auf einen Theil
der Brache eingeſchraͤnkten Anbau gewoͤhnlich das beſte Land gewaͤhlt, und pflegt
dieſes, um den Getreideabſchlag darnach zu verhuͤten, ſtaͤrker zu duͤngen, einen
Theil des Duͤngers vielleicht vor ihrer Einſaat, einen andern Theil nach ihrer
Aberntung aufzufahren oder die Horden darauf zu legen. Hierbei kommt dann
aber ein anderer Theil des Feldes im Duͤnger zu kurz, und es erklaͤrt ſich, was
man in vielen Wirthſchaftsarchiven ſehr auffallend dokumentirt findet, daß der
Totalertrag des Getreides ſeit Einfuͤhrung des Erbſenbaues in der Brache abge-
nommen, und immer in dem Verhaͤltniſſe ſtaͤrker abgenommen habe, als man den
Bau der Erbſen in der Brache vermehrte. Daher giebt es noch immer viele er-
fahrene Dreifelderwirthe, welche dieſe und aͤhnliche Fruͤchte durchaus nicht in der
Brache ſaͤen, ſondern ſie, ſo viel es ihnen rathſam ſcheint, in das Sommerfeld
bringen, und ſelbſt ihre Nachbaren, die in Anſehung der vortheilhaftern Be-
nutzung anderer Meinung ſind, muͤſſen eingeſtehen, daß die Getreideernten jener
reinen Dreifelderwirthe die ihrigen betraͤchtlich uͤberwiegen.

Sonſt hat der Huͤlſenfruchtbau in der Brache offenbar den Vortheil, daß
durch das natzrhaftere Stroh derſelben nicht nur das Vieh, beſonders die Schafe,
beſſer ernaͤhrt, ſondern auch eine groͤßere Duͤngerquantitaͤt gewonnen wird.

§. 306.

Allein es ſchien eine große Revolution im Gebiete der Landwirthſchaft vor-Der Klee an
der Stelle
der Brache.

zugehen, ohne die alte Form des Dreifelderſyſtemes zu verletzen,
wie man den vorher faſt nur in beſonderen Koppeln gebauten Klee, unter die
Soͤmmerung zu ſaͤen, und im Brachjahre zu benutzen lehrte. Dieſer Klee, zeigte
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[293/0339] Das Felderſyſtem. unter ihnen gleichſam ruhenden Luftſchicht bewirken, das Unkraut zum Theil unterdruͤcken, und zu ihrer Nahrung eine andere quantitative Verbindung der Urſtoffe zu fordern ſcheinen. Indeſſen erſetzen ſie die Wirkung der Brache nie voͤllig, und einiger Abſchlag des Getreides iſt unter uͤbrigens gleichen Umſtaͤnden immer bemerklich. Auch weiß man, daß ſie bei gewoͤhnlicher Kultur ſelbſt nicht gerathen, wenn ſie zu oft auf denſelben Platz kommen, ihr Mißrathen aber ziehet immer eine betraͤchtliche Verſchlechterung des Ackers und Zuruͤckſchlagen der fol- genden Getreideernten nach ſich, bis eine neue Brache das Uebel wieder hebt. Um das Gerathen derſelben zu ſichern, hat man zu ihrem nur auf einen Theil der Brache eingeſchraͤnkten Anbau gewoͤhnlich das beſte Land gewaͤhlt, und pflegt dieſes, um den Getreideabſchlag darnach zu verhuͤten, ſtaͤrker zu duͤngen, einen Theil des Duͤngers vielleicht vor ihrer Einſaat, einen andern Theil nach ihrer Aberntung aufzufahren oder die Horden darauf zu legen. Hierbei kommt dann aber ein anderer Theil des Feldes im Duͤnger zu kurz, und es erklaͤrt ſich, was man in vielen Wirthſchaftsarchiven ſehr auffallend dokumentirt findet, daß der Totalertrag des Getreides ſeit Einfuͤhrung des Erbſenbaues in der Brache abge- nommen, und immer in dem Verhaͤltniſſe ſtaͤrker abgenommen habe, als man den Bau der Erbſen in der Brache vermehrte. Daher giebt es noch immer viele er- fahrene Dreifelderwirthe, welche dieſe und aͤhnliche Fruͤchte durchaus nicht in der Brache ſaͤen, ſondern ſie, ſo viel es ihnen rathſam ſcheint, in das Sommerfeld bringen, und ſelbſt ihre Nachbaren, die in Anſehung der vortheilhaftern Be- nutzung anderer Meinung ſind, muͤſſen eingeſtehen, daß die Getreideernten jener reinen Dreifelderwirthe die ihrigen betraͤchtlich uͤberwiegen. Sonſt hat der Huͤlſenfruchtbau in der Brache offenbar den Vortheil, daß durch das natzrhaftere Stroh derſelben nicht nur das Vieh, beſonders die Schafe, beſſer ernaͤhrt, ſondern auch eine groͤßere Duͤngerquantitaͤt gewonnen wird. §. 306. Allein es ſchien eine große Revolution im Gebiete der Landwirthſchaft vor- zugehen, ohne die alte Form des Dreifelderſyſtemes zu verletzen, wie man den vorher faſt nur in beſonderen Koppeln gebauten Klee, unter die Soͤmmerung zu ſaͤen, und im Brachjahre zu benutzen lehrte. Dieſer Klee, zeigte man, erſchoͤpfe den Acker keinesweges, bereichere ihn vielmehr durch ſeine Wur- Der Klee an der Stelle der Brache.

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 293. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809/339>, abgerufen am 18.04.2024.