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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809.

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Der Fruchtwechsel.
Systemes, ungeachtet man bei dem Uebergange nicht selten übereilt verfuhr, und
ungeachtet nur wenige schon in die zweite Rotation getreten sind, wo es seine
Wirkung erst auffallend zeigen kann.

Dennoch macht man sich häufig noch zu einseitige Vorstellungen, und glaubt,
daß eine besondere Zahl der Schläge und bestimmte Ordnung der Früchte darunter
zu verstehen sey. Der eine denkt es sich nur mit der Stallfutterung, der andere
mit der Weide vereinbarlich. Aber es kann mit beiden sehr zweckmäßig verbun-
den werden: der Stallfutterung im Großen wohl nur allein einen sichern Grund
unterlegen; der Weidewirthschaft eine vollkommnere Winterfutterung und höhere
Benutzung des Viehes gewähren. Die Zahl der Schläge aber, oder die Länge
der Rotation, das Verhältniß des zum Fruchtbau und des zur Viehfutterung ge-
widmeten Landes, gestatten eine größere Mannigfaltigkeit wie die Koppelwirth-
schaft, und werden nur durch die örtlichen Verhältnisse und die Zwecke, die man
hat, bedingt.

§. 369.

Die wesentlichen Eigenschaften dieses Systems sind folgende:Charakteristi-
sche Eigen-
schaften die-
ses Systems.

1) Eine unbenutzte Brache fällt dabei in der Regel weg. Statt derselben
aber werden nach einem gewissen Umlaufe von Jahren solche Früchte theils zur
Futterung, theils zum Verkauf gebauet, welche während ihres Wachsthums und
zur Beförderung desselben den Durchgang der leichten Pflüge oder der Pferdehak-
ken und Pferdeschaufeln entweder nur in einer oder in zwei sich durchkreuzenden
Reihen verstatten, wodurch der Boden alle die Vortheile, welche die Brache ge-
währen kann, erhält. Mir ist wenigstens noch kein so bindender oder so verwil-
derter Boden vorgekommen, daß er nicht durch die gehörige Bearbeitung dieser
Früchte mit für ihn zweckmäßigen Werkzeugen eben so mürbe und zerfallend, als
durch die Brache geworden seyn sollte. Indessen will ich doch zugeben, daß Bo-
den existiren könne, der zu Anfange dieser Fruchtfolge einer Brache bedarf, die
dann aber, vollendet gegeben, nie wieder nöthig wird. Dieser Schlag erhält die
Hauptdüngung, welche in dem starken Maaße, wie sie diese Wirthschaft geben
kann, für jede andere Frucht zu stark seyn würde, für Früchte dieser Art es aber

Erster Thell. Y y

Der Fruchtwechſel.
Syſtemes, ungeachtet man bei dem Uebergange nicht ſelten uͤbereilt verfuhr, und
ungeachtet nur wenige ſchon in die zweite Rotation getreten ſind, wo es ſeine
Wirkung erſt auffallend zeigen kann.

Dennoch macht man ſich haͤufig noch zu einſeitige Vorſtellungen, und glaubt,
daß eine beſondere Zahl der Schlaͤge und beſtimmte Ordnung der Fruͤchte darunter
zu verſtehen ſey. Der eine denkt es ſich nur mit der Stallfutterung, der andere
mit der Weide vereinbarlich. Aber es kann mit beiden ſehr zweckmaͤßig verbun-
den werden: der Stallfutterung im Großen wohl nur allein einen ſichern Grund
unterlegen; der Weidewirthſchaft eine vollkommnere Winterfutterung und hoͤhere
Benutzung des Viehes gewaͤhren. Die Zahl der Schlaͤge aber, oder die Laͤnge
der Rotation, das Verhaͤltniß des zum Fruchtbau und des zur Viehfutterung ge-
widmeten Landes, geſtatten eine groͤßere Mannigfaltigkeit wie die Koppelwirth-
ſchaft, und werden nur durch die oͤrtlichen Verhaͤltniſſe und die Zwecke, die man
hat, bedingt.

§. 369.

Die weſentlichen Eigenſchaften dieſes Syſtems ſind folgende:Charakteriſti-
ſche Eigen-
ſchaften die-
ſes Syſtems.

1) Eine unbenutzte Brache faͤllt dabei in der Regel weg. Statt derſelben
aber werden nach einem gewiſſen Umlaufe von Jahren ſolche Fruͤchte theils zur
Futterung, theils zum Verkauf gebauet, welche waͤhrend ihres Wachsthums und
zur Befoͤrderung deſſelben den Durchgang der leichten Pfluͤge oder der Pferdehak-
ken und Pferdeſchaufeln entweder nur in einer oder in zwei ſich durchkreuzenden
Reihen verſtatten, wodurch der Boden alle die Vortheile, welche die Brache ge-
waͤhren kann, erhaͤlt. Mir iſt wenigſtens noch kein ſo bindender oder ſo verwil-
derter Boden vorgekommen, daß er nicht durch die gehoͤrige Bearbeitung dieſer
Fruͤchte mit fuͤr ihn zweckmaͤßigen Werkzeugen eben ſo muͤrbe und zerfallend, als
durch die Brache geworden ſeyn ſollte. Indeſſen will ich doch zugeben, daß Bo-
den exiſtiren koͤnne, der zu Anfange dieſer Fruchtfolge einer Brache bedarf, die
dann aber, vollendet gegeben, nie wieder noͤthig wird. Dieſer Schlag erhaͤlt die
Hauptduͤngung, welche in dem ſtarken Maaße, wie ſie dieſe Wirthſchaft geben
kann, fuͤr jede andere Frucht zu ſtark ſeyn wuͤrde, fuͤr Fruͤchte dieſer Art es aber

Erſter Thell. Y y
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[353/0399] Der Fruchtwechſel. Syſtemes, ungeachtet man bei dem Uebergange nicht ſelten uͤbereilt verfuhr, und ungeachtet nur wenige ſchon in die zweite Rotation getreten ſind, wo es ſeine Wirkung erſt auffallend zeigen kann. Dennoch macht man ſich haͤufig noch zu einſeitige Vorſtellungen, und glaubt, daß eine beſondere Zahl der Schlaͤge und beſtimmte Ordnung der Fruͤchte darunter zu verſtehen ſey. Der eine denkt es ſich nur mit der Stallfutterung, der andere mit der Weide vereinbarlich. Aber es kann mit beiden ſehr zweckmaͤßig verbun- den werden: der Stallfutterung im Großen wohl nur allein einen ſichern Grund unterlegen; der Weidewirthſchaft eine vollkommnere Winterfutterung und hoͤhere Benutzung des Viehes gewaͤhren. Die Zahl der Schlaͤge aber, oder die Laͤnge der Rotation, das Verhaͤltniß des zum Fruchtbau und des zur Viehfutterung ge- widmeten Landes, geſtatten eine groͤßere Mannigfaltigkeit wie die Koppelwirth- ſchaft, und werden nur durch die oͤrtlichen Verhaͤltniſſe und die Zwecke, die man hat, bedingt. §. 369. Die weſentlichen Eigenſchaften dieſes Syſtems ſind folgende: Charakteriſti- ſche Eigen- ſchaften die- ſes Syſtems. 1) Eine unbenutzte Brache faͤllt dabei in der Regel weg. Statt derſelben aber werden nach einem gewiſſen Umlaufe von Jahren ſolche Fruͤchte theils zur Futterung, theils zum Verkauf gebauet, welche waͤhrend ihres Wachsthums und zur Befoͤrderung deſſelben den Durchgang der leichten Pfluͤge oder der Pferdehak- ken und Pferdeſchaufeln entweder nur in einer oder in zwei ſich durchkreuzenden Reihen verſtatten, wodurch der Boden alle die Vortheile, welche die Brache ge- waͤhren kann, erhaͤlt. Mir iſt wenigſtens noch kein ſo bindender oder ſo verwil- derter Boden vorgekommen, daß er nicht durch die gehoͤrige Bearbeitung dieſer Fruͤchte mit fuͤr ihn zweckmaͤßigen Werkzeugen eben ſo muͤrbe und zerfallend, als durch die Brache geworden ſeyn ſollte. Indeſſen will ich doch zugeben, daß Bo- den exiſtiren koͤnne, der zu Anfange dieſer Fruchtfolge einer Brache bedarf, die dann aber, vollendet gegeben, nie wieder noͤthig wird. Dieſer Schlag erhaͤlt die Hauptduͤngung, welche in dem ſtarken Maaße, wie ſie dieſe Wirthſchaft geben kann, fuͤr jede andere Frucht zu ſtark ſeyn wuͤrde, fuͤr Fruͤchte dieſer Art es aber Erſter Thell. Y y

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 353. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809/399>, abgerufen am 23.04.2024.