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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809.

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Werthschätzung eines Landguts.
daß bisher mehrere Kultur und Düngung auf ihn verwandt worden, was freilich
einen Unterschied in seinem jetzigen Werthe macht, aber doch oft mit geringern Ko-
sten, als der Unterschied im Anschlage beträgt, ersetzt werden kann. Die durch Ob-
servanz angenommene Klassifikation wird selbst von empirischen aber klügern Landwir-
then in gewissen Distrikten für falsch anerkannt, indem sie oft sagen, daß sie ihren
Mittelboden ihrem guten Boden weit vorzögen. Man hat häufig den zähen Thon
in die erste Klasse, den mürbern oft kalkhaltigen Lehm in die zweite Klasse gesetzt; an
andern Orten aber diesen mit Recht über jenen geschätzt, vielleicht weil man dort bei
der Koppelwirthschaft mehr auf wilde Begrasung, hier allein auf Beackerung
und Fruchtbau sah.

Zuweilen nimmt man die Ausdrücke, schwerer, mittlerer und leichter
Boden, im gleichen Sinne mit jenem, zuweilen aber unterscheidet man und bezeich-
net mit diesen nur die Bündigkeit und den Widerstand, den der Acker dem Pfluge
und der Egge entgegensetzt.

§. 74.

Zuweilen wird der Boden im allgemeinen Durchschnitt nach der Vermehrung
der Einsaat bei dem landüblichen Feldsysteme klassifizirt, und man sagt, es sey Boden
zum dritten, vierten, fünften und sechsten Korne. Man rechnet hier manchmal
mit Einschluß, manchmal mit Ausschluß der Einsaat, und man muß die Stärke der
Aussaat, auch ob man sie auf demselben Flächenraume jeder Bodenart gleich mache,
kennen, um aus dieser ohnehin zu schwankenden Angaben, etwas zu schließen. Es
hängt aber der Ertrag überhaupt mehr vom Düngerstande als von der Grundbeschaf-
fenheit des Bodens ab.

§. 75.

Eine der gebräuchlichsten Klassifizirungsarten ist die nach den Früchten, welche
er bei dem eingeführten Ackersysteme, gewöhnlich der Dreifelderwirthschaft, getragen
hat, und der angenommenen Meinung nach mit dem größten Vortheil tra-
gen kann. Hier pflegt man folgende Klassifikation zu machen:

1) Weizenacker, welcher nach der Brache Weizen vortheilhafter, wie Rocken
trägt: kann er nach der Dreifelderordnung in sechs Jahren zweimal Weizen tragen,
obwohl er nur eine Düngung erhält, so nennt man ihn


a) starken

Werthſchaͤtzung eines Landguts.
daß bisher mehrere Kultur und Duͤngung auf ihn verwandt worden, was freilich
einen Unterſchied in ſeinem jetzigen Werthe macht, aber doch oft mit geringern Ko-
ſten, als der Unterſchied im Anſchlage betraͤgt, erſetzt werden kann. Die durch Ob-
ſervanz angenommene Klaſſifikation wird ſelbſt von empiriſchen aber kluͤgern Landwir-
then in gewiſſen Diſtrikten fuͤr falſch anerkannt, indem ſie oft ſagen, daß ſie ihren
Mittelboden ihrem guten Boden weit vorzoͤgen. Man hat haͤufig den zaͤhen Thon
in die erſte Klaſſe, den muͤrbern oft kalkhaltigen Lehm in die zweite Klaſſe geſetzt; an
andern Orten aber dieſen mit Recht uͤber jenen geſchaͤtzt, vielleicht weil man dort bei
der Koppelwirthſchaft mehr auf wilde Begraſung, hier allein auf Beackerung
und Fruchtbau ſah.

Zuweilen nimmt man die Ausdruͤcke, ſchwerer, mittlerer und leichter
Boden, im gleichen Sinne mit jenem, zuweilen aber unterſcheidet man und bezeich-
net mit dieſen nur die Buͤndigkeit und den Widerſtand, den der Acker dem Pfluge
und der Egge entgegenſetzt.

§. 74.

Zuweilen wird der Boden im allgemeinen Durchſchnitt nach der Vermehrung
der Einſaat bei dem landuͤblichen Feldſyſteme klaſſifizirt, und man ſagt, es ſey Boden
zum dritten, vierten, fuͤnften und ſechsten Korne. Man rechnet hier manchmal
mit Einſchluß, manchmal mit Ausſchluß der Einſaat, und man muß die Staͤrke der
Ausſaat, auch ob man ſie auf demſelben Flaͤchenraume jeder Bodenart gleich mache,
kennen, um aus dieſer ohnehin zu ſchwankenden Angaben, etwas zu ſchließen. Es
haͤngt aber der Ertrag uͤberhaupt mehr vom Duͤngerſtande als von der Grundbeſchaf-
fenheit des Bodens ab.

§. 75.

Eine der gebraͤuchlichſten Klaſſifizirungsarten iſt die nach den Fruͤchten, welche
er bei dem eingefuͤhrten Ackerſyſteme, gewoͤhnlich der Dreifelderwirthſchaft, getragen
hat, und der angenommenen Meinung nach mit dem groͤßten Vortheil tra-
gen kann. Hier pflegt man folgende Klaſſifikation zu machen:

1) Weizenacker, welcher nach der Brache Weizen vortheilhafter, wie Rocken
traͤgt: kann er nach der Dreifelderordnung in ſechs Jahren zweimal Weizen tragen,
obwohl er nur eine Duͤngung erhaͤlt, ſo nennt man ihn


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[40/0070] Werthſchaͤtzung eines Landguts. daß bisher mehrere Kultur und Duͤngung auf ihn verwandt worden, was freilich einen Unterſchied in ſeinem jetzigen Werthe macht, aber doch oft mit geringern Ko- ſten, als der Unterſchied im Anſchlage betraͤgt, erſetzt werden kann. Die durch Ob- ſervanz angenommene Klaſſifikation wird ſelbſt von empiriſchen aber kluͤgern Landwir- then in gewiſſen Diſtrikten fuͤr falſch anerkannt, indem ſie oft ſagen, daß ſie ihren Mittelboden ihrem guten Boden weit vorzoͤgen. Man hat haͤufig den zaͤhen Thon in die erſte Klaſſe, den muͤrbern oft kalkhaltigen Lehm in die zweite Klaſſe geſetzt; an andern Orten aber dieſen mit Recht uͤber jenen geſchaͤtzt, vielleicht weil man dort bei der Koppelwirthſchaft mehr auf wilde Begraſung, hier allein auf Beackerung und Fruchtbau ſah. Zuweilen nimmt man die Ausdruͤcke, ſchwerer, mittlerer und leichter Boden, im gleichen Sinne mit jenem, zuweilen aber unterſcheidet man und bezeich- net mit dieſen nur die Buͤndigkeit und den Widerſtand, den der Acker dem Pfluge und der Egge entgegenſetzt. §. 74. Zuweilen wird der Boden im allgemeinen Durchſchnitt nach der Vermehrung der Einſaat bei dem landuͤblichen Feldſyſteme klaſſifizirt, und man ſagt, es ſey Boden zum dritten, vierten, fuͤnften und ſechsten Korne. Man rechnet hier manchmal mit Einſchluß, manchmal mit Ausſchluß der Einſaat, und man muß die Staͤrke der Ausſaat, auch ob man ſie auf demſelben Flaͤchenraume jeder Bodenart gleich mache, kennen, um aus dieſer ohnehin zu ſchwankenden Angaben, etwas zu ſchließen. Es haͤngt aber der Ertrag uͤberhaupt mehr vom Duͤngerſtande als von der Grundbeſchaf- fenheit des Bodens ab. §. 75. Eine der gebraͤuchlichſten Klaſſifizirungsarten iſt die nach den Fruͤchten, welche er bei dem eingefuͤhrten Ackerſyſteme, gewoͤhnlich der Dreifelderwirthſchaft, getragen hat, und der angenommenen Meinung nach mit dem groͤßten Vortheil tra- gen kann. Hier pflegt man folgende Klaſſifikation zu machen: 1) Weizenacker, welcher nach der Brache Weizen vortheilhafter, wie Rocken traͤgt: kann er nach der Dreifelderordnung in ſechs Jahren zweimal Weizen tragen, obwohl er nur eine Duͤngung erhaͤlt, ſo nennt man ihn a) ſtarken

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809/70>, abgerufen am 28.03.2024.