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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809.

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Direktion der Wirthschaft.
geschickten und rechtlichen Administrator mehrentheils zur Zufriedenheit beider
Theile aus. Aber sie wird schwierig in Ansehung der Meliorationen. Diese
vermindern immer den Kassenüberschuß, und wenn nach solchem nur die Quote
bestimmt werden soll: so gereichen sie zum Nachtheile des Administrators, und
er muß ein edeldenkender Mann seyn, wenn er in der Hinsicht nicht manche unter-
läßt. Deshalb wird nun freilich über Meliorationen oft etwas besonderes be-
stimmt, und die aus der Wirthschaftskasse darauf verwandten Kosten werden zum
reinen Ertrage gezählt. Aber damit ist bei weitem noch nicht genug geschehen;
denn die wichtigsten Meliorationen werden durch eine Aufopferung des Ertrages
in den ersten Jahren und größere Anstrengung der Wirthschaftskräfte bewirkt,
und dieses läßt sich sehr schwer evident nachweisen. Diese Schwierigkeit kann
nur durch einen langen, vielleicht lebenslänglichen Kontrakt gehoben werden, wo
der Administrator den auch auf ihn fallenden Theil des durch Aufopferungen in
den ersten Jahren um so stärker für die Folge erhöheten Ertrages sich und der
Wirthschaft aufspart. Einen solchen Kontrakt geht aber niemand gern ein.

Ich gestehe deshalb, daß ich bestimmte Salarien vorziehe, wobei aber die
Aussicht auf Gratifikationen gegeben werden kann, wenn sich der Ertrag nach einer
Reihe von Jahren nachhaltig vergrößert.

Für eine sehr unangemessene Einrichtung halte ich es, den obern Wirth-
schaftsbeamten Deputate von Viktualien zu ihrer Konsumtion zu geben, mit dem
Rechte, das Uebrige zu verkaufen. Es kann vielleicht nichts mehr wie dieses
einen noch schwankenden oder schwachen Mann zur Unrechtlichkeit verleiten. Nur
der erste Schritt kostet, und zu diesem findet sich eben hierdurch so leicht Gelegen-
heit, die zuerst vielleicht nicht den Mann selbst, aber die Frau oder Hausgenossen
reizet, sich einen unerlaubten Vortheil zu machen. Man gebe daher den obern
Beamten durchaus Alles, was sie von den Erzeugnissen der eignen Wirthschaft
gebrauchen; gestehe ihnen aber auch nicht den geringsten Handel für eigene Rech-
nung zu.

§. 207.

Uebrige
Wirthschafts-
Beamte.
Auf großen Gütern ist gewöhnlich dem ersten Wirthschaftsbeamten ein Kas-
sen-
und Rechnungsführer oder Rentmeister, und ein Korn- und
Viktualienschreiber, oder wie er an einigen Orten heißt, Kastner, Ka-

Direktion der Wirthſchaft.
geſchickten und rechtlichen Adminiſtrator mehrentheils zur Zufriedenheit beider
Theile aus. Aber ſie wird ſchwierig in Anſehung der Meliorationen. Dieſe
vermindern immer den Kaſſenuͤberſchuß, und wenn nach ſolchem nur die Quote
beſtimmt werden ſoll: ſo gereichen ſie zum Nachtheile des Adminiſtrators, und
er muß ein edeldenkender Mann ſeyn, wenn er in der Hinſicht nicht manche unter-
laͤßt. Deshalb wird nun freilich uͤber Meliorationen oft etwas beſonderes be-
ſtimmt, und die aus der Wirthſchaftskaſſe darauf verwandten Koſten werden zum
reinen Ertrage gezaͤhlt. Aber damit iſt bei weitem noch nicht genug geſchehen;
denn die wichtigſten Meliorationen werden durch eine Aufopferung des Ertrages
in den erſten Jahren und groͤßere Anſtrengung der Wirthſchaftskraͤfte bewirkt,
und dieſes laͤßt ſich ſehr ſchwer evident nachweiſen. Dieſe Schwierigkeit kann
nur durch einen langen, vielleicht lebenslaͤnglichen Kontrakt gehoben werden, wo
der Adminiſtrator den auch auf ihn fallenden Theil des durch Aufopferungen in
den erſten Jahren um ſo ſtaͤrker fuͤr die Folge erhoͤheten Ertrages ſich und der
Wirthſchaft aufſpart. Einen ſolchen Kontrakt geht aber niemand gern ein.

Ich geſtehe deshalb, daß ich beſtimmte Salarien vorziehe, wobei aber die
Ausſicht auf Gratifikationen gegeben werden kann, wenn ſich der Ertrag nach einer
Reihe von Jahren nachhaltig vergroͤßert.

Fuͤr eine ſehr unangemeſſene Einrichtung halte ich es, den obern Wirth-
ſchaftsbeamten Deputate von Viktualien zu ihrer Konſumtion zu geben, mit dem
Rechte, das Uebrige zu verkaufen. Es kann vielleicht nichts mehr wie dieſes
einen noch ſchwankenden oder ſchwachen Mann zur Unrechtlichkeit verleiten. Nur
der erſte Schritt koſtet, und zu dieſem findet ſich eben hierdurch ſo leicht Gelegen-
heit, die zuerſt vielleicht nicht den Mann ſelbſt, aber die Frau oder Hausgenoſſen
reizet, ſich einen unerlaubten Vortheil zu machen. Man gebe daher den obern
Beamten durchaus Alles, was ſie von den Erzeugniſſen der eignen Wirthſchaft
gebrauchen; geſtehe ihnen aber auch nicht den geringſten Handel fuͤr eigene Rech-
nung zu.

§. 207.

Uebrige
Wirthſchafts-
Beamte.
Auf großen Guͤtern iſt gewoͤhnlich dem erſten Wirthſchaftsbeamten ein Kaſ-
ſen-
und Rechnungsfuͤhrer oder Rentmeiſter, und ein Korn- und
Viktualienſchreiber, oder wie er an einigen Orten heißt, Kaſtner, Ka-

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[186/0216] Direktion der Wirthſchaft. geſchickten und rechtlichen Adminiſtrator mehrentheils zur Zufriedenheit beider Theile aus. Aber ſie wird ſchwierig in Anſehung der Meliorationen. Dieſe vermindern immer den Kaſſenuͤberſchuß, und wenn nach ſolchem nur die Quote beſtimmt werden ſoll: ſo gereichen ſie zum Nachtheile des Adminiſtrators, und er muß ein edeldenkender Mann ſeyn, wenn er in der Hinſicht nicht manche unter- laͤßt. Deshalb wird nun freilich uͤber Meliorationen oft etwas beſonderes be- ſtimmt, und die aus der Wirthſchaftskaſſe darauf verwandten Koſten werden zum reinen Ertrage gezaͤhlt. Aber damit iſt bei weitem noch nicht genug geſchehen; denn die wichtigſten Meliorationen werden durch eine Aufopferung des Ertrages in den erſten Jahren und groͤßere Anſtrengung der Wirthſchaftskraͤfte bewirkt, und dieſes laͤßt ſich ſehr ſchwer evident nachweiſen. Dieſe Schwierigkeit kann nur durch einen langen, vielleicht lebenslaͤnglichen Kontrakt gehoben werden, wo der Adminiſtrator den auch auf ihn fallenden Theil des durch Aufopferungen in den erſten Jahren um ſo ſtaͤrker fuͤr die Folge erhoͤheten Ertrages ſich und der Wirthſchaft aufſpart. Einen ſolchen Kontrakt geht aber niemand gern ein. Ich geſtehe deshalb, daß ich beſtimmte Salarien vorziehe, wobei aber die Ausſicht auf Gratifikationen gegeben werden kann, wenn ſich der Ertrag nach einer Reihe von Jahren nachhaltig vergroͤßert. Fuͤr eine ſehr unangemeſſene Einrichtung halte ich es, den obern Wirth- ſchaftsbeamten Deputate von Viktualien zu ihrer Konſumtion zu geben, mit dem Rechte, das Uebrige zu verkaufen. Es kann vielleicht nichts mehr wie dieſes einen noch ſchwankenden oder ſchwachen Mann zur Unrechtlichkeit verleiten. Nur der erſte Schritt koſtet, und zu dieſem findet ſich eben hierdurch ſo leicht Gelegen- heit, die zuerſt vielleicht nicht den Mann ſelbſt, aber die Frau oder Hausgenoſſen reizet, ſich einen unerlaubten Vortheil zu machen. Man gebe daher den obern Beamten durchaus Alles, was ſie von den Erzeugniſſen der eignen Wirthſchaft gebrauchen; geſtehe ihnen aber auch nicht den geringſten Handel fuͤr eigene Rech- nung zu. §. 207. Auf großen Guͤtern iſt gewoͤhnlich dem erſten Wirthſchaftsbeamten ein Kaſ- ſen- und Rechnungsfuͤhrer oder Rentmeiſter, und ein Korn- und Viktualienſchreiber, oder wie er an einigen Orten heißt, Kaſtner, Ka- Uebrige Wirthſchafts- Beamte.

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809/216>, abgerufen am 28.03.2024.