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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809.

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Das Feldersystem.
emsiger ackerbauender Stadtbürger, die ihr Feld jährlich benutzten, und es den-
noch im guten Kulturzustande erhielten. Auch wußte man dasselbe von der Wirth-
schaft der Brabanter und der in der Pfalz und andern Gegenden sich verbreitenden
Mennoniten. Allein andere zeigten dagegen, daß ein beständiger Getreidebau
dennoch nicht gehe, und daß dieses Getreide, wenn auch nicht an Stroh, doch an
Körnern dabei so zurückschlage, daß bald in drei Jahren nicht mehr als in zweien
erbauet, in der Folge aber der Acker ganz verwildert und unfruchtbar werde, so
daß man dergleichen Stadtacker, um ihn wieder in Stand zu setzen, eine Reihe
von Jahren ruhen lassen, und dann durch sorgfältige Brachbearbeitung zum Ge-
treidebau wieder vorbereiten müsse. Eine Bemerkung, die wir schon in den älte-
sten landwirthschaftlichen Schriftstellern und in verschiedenen Stadt-Chroniken
aufbewahrt finden.

Sesommerte
Brache.
Andere Arten von Früchte sing man indessen an, mit besserem Erfolg in
einem Theile der Brache zu bauen. Raps und Rübsen, Leindotter, Mohn,
Waid und Wau, Hanf, Lein, Taback und manche andere Handels- und Gewürz-
pflanzen, auch verschiedene Gartengemüse zur menschlichen Nahrung, kamen
allmählig in das Brachfeld. Allein man bemerkte auch hiernach einen beträcht-
lichen Abschlag in der Winterung, wenn man nicht durch stärkere Düngung und
eine sorgfältige Behandlung dieser Gewächse während ihrer Vegetation das
Uebel wieder verbesserte. Auch fehlte die Zeit zur Vorbereitung und frühern
Bestellung des Wintergetreides, was doch nun einmal nach der Brache folgen
mußte; weswegen gute Wirthe diesen Anbau auf den nothwendigen Bedarf
beschränken. Am besten befand man sich bei den Hülsenfrüchten, Erbsen, Boh-
nen, Linsen und Wicken, wenn man sie, statt wie vormals im Sommerfelde, nun
im Brachfelde ansäete. Deshalb verbreitete sich diese Methode immer mehr, und
ward in manchen Gegenden zur Regel, so daß man daselbst diese Früchte aus-
schließlich mit dem Namen der Brachfrüchte belegt.

Diese Hülsenfrüchte haben allerdings die Eigenschaft, dem nachtheiligen
Einflusse der Getreidearten auf dem Boden gewissermaßen entgegen zu wirken,
indem sie die Bindung und Verschlossenheit, die diese ihm zuziehen, durch das tie-
fere Eindringen ihrer stärkern rohrigten Wurzeln verbessern, durch ihren bebrü-
tenden Schatten eine Gährung, oder eine Wechselwirkung des Bodens mit der

Das Felderſyſtem.
emſiger ackerbauender Stadtbuͤrger, die ihr Feld jaͤhrlich benutzten, und es den-
noch im guten Kulturzuſtande erhielten. Auch wußte man daſſelbe von der Wirth-
ſchaft der Brabanter und der in der Pfalz und andern Gegenden ſich verbreitenden
Mennoniten. Allein andere zeigten dagegen, daß ein beſtaͤndiger Getreidebau
dennoch nicht gehe, und daß dieſes Getreide, wenn auch nicht an Stroh, doch an
Koͤrnern dabei ſo zuruͤckſchlage, daß bald in drei Jahren nicht mehr als in zweien
erbauet, in der Folge aber der Acker ganz verwildert und unfruchtbar werde, ſo
daß man dergleichen Stadtacker, um ihn wieder in Stand zu ſetzen, eine Reihe
von Jahren ruhen laſſen, und dann durch ſorgfaͤltige Brachbearbeitung zum Ge-
treidebau wieder vorbereiten muͤſſe. Eine Bemerkung, die wir ſchon in den aͤlte-
ſten landwirthſchaftlichen Schriftſtellern und in verſchiedenen Stadt-Chroniken
aufbewahrt finden.

Seſommerte
Brache.
Andere Arten von Fruͤchte ſing man indeſſen an, mit beſſerem Erfolg in
einem Theile der Brache zu bauen. Raps und Ruͤbſen, Leindotter, Mohn,
Waid und Wau, Hanf, Lein, Taback und manche andere Handels- und Gewuͤrz-
pflanzen, auch verſchiedene Gartengemuͤſe zur menſchlichen Nahrung, kamen
allmaͤhlig in das Brachfeld. Allein man bemerkte auch hiernach einen betraͤcht-
lichen Abſchlag in der Winterung, wenn man nicht durch ſtaͤrkere Duͤngung und
eine ſorgfaͤltige Behandlung dieſer Gewaͤchſe waͤhrend ihrer Vegetation das
Uebel wieder verbeſſerte. Auch fehlte die Zeit zur Vorbereitung und fruͤhern
Beſtellung des Wintergetreides, was doch nun einmal nach der Brache folgen
mußte; weswegen gute Wirthe dieſen Anbau auf den nothwendigen Bedarf
beſchraͤnken. Am beſten befand man ſich bei den Huͤlſenfruͤchten, Erbſen, Boh-
nen, Linſen und Wicken, wenn man ſie, ſtatt wie vormals im Sommerfelde, nun
im Brachfelde anſaͤete. Deshalb verbreitete ſich dieſe Methode immer mehr, und
ward in manchen Gegenden zur Regel, ſo daß man daſelbſt dieſe Fruͤchte aus-
ſchließlich mit dem Namen der Brachfruͤchte belegt.

Dieſe Huͤlſenfruͤchte haben allerdings die Eigenſchaft, dem nachtheiligen
Einfluſſe der Getreidearten auf dem Boden gewiſſermaßen entgegen zu wirken,
indem ſie die Bindung und Verſchloſſenheit, die dieſe ihm zuziehen, durch das tie-
fere Eindringen ihrer ſtaͤrkern rohrigten Wurzeln verbeſſern, durch ihren bebruͤ-
tenden Schatten eine Gaͤhrung, oder eine Wechſelwirkung des Bodens mit der

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[292/0338] Das Felderſyſtem. emſiger ackerbauender Stadtbuͤrger, die ihr Feld jaͤhrlich benutzten, und es den- noch im guten Kulturzuſtande erhielten. Auch wußte man daſſelbe von der Wirth- ſchaft der Brabanter und der in der Pfalz und andern Gegenden ſich verbreitenden Mennoniten. Allein andere zeigten dagegen, daß ein beſtaͤndiger Getreidebau dennoch nicht gehe, und daß dieſes Getreide, wenn auch nicht an Stroh, doch an Koͤrnern dabei ſo zuruͤckſchlage, daß bald in drei Jahren nicht mehr als in zweien erbauet, in der Folge aber der Acker ganz verwildert und unfruchtbar werde, ſo daß man dergleichen Stadtacker, um ihn wieder in Stand zu ſetzen, eine Reihe von Jahren ruhen laſſen, und dann durch ſorgfaͤltige Brachbearbeitung zum Ge- treidebau wieder vorbereiten muͤſſe. Eine Bemerkung, die wir ſchon in den aͤlte- ſten landwirthſchaftlichen Schriftſtellern und in verſchiedenen Stadt-Chroniken aufbewahrt finden. Andere Arten von Fruͤchte ſing man indeſſen an, mit beſſerem Erfolg in einem Theile der Brache zu bauen. Raps und Ruͤbſen, Leindotter, Mohn, Waid und Wau, Hanf, Lein, Taback und manche andere Handels- und Gewuͤrz- pflanzen, auch verſchiedene Gartengemuͤſe zur menſchlichen Nahrung, kamen allmaͤhlig in das Brachfeld. Allein man bemerkte auch hiernach einen betraͤcht- lichen Abſchlag in der Winterung, wenn man nicht durch ſtaͤrkere Duͤngung und eine ſorgfaͤltige Behandlung dieſer Gewaͤchſe waͤhrend ihrer Vegetation das Uebel wieder verbeſſerte. Auch fehlte die Zeit zur Vorbereitung und fruͤhern Beſtellung des Wintergetreides, was doch nun einmal nach der Brache folgen mußte; weswegen gute Wirthe dieſen Anbau auf den nothwendigen Bedarf beſchraͤnken. Am beſten befand man ſich bei den Huͤlſenfruͤchten, Erbſen, Boh- nen, Linſen und Wicken, wenn man ſie, ſtatt wie vormals im Sommerfelde, nun im Brachfelde anſaͤete. Deshalb verbreitete ſich dieſe Methode immer mehr, und ward in manchen Gegenden zur Regel, ſo daß man daſelbſt dieſe Fruͤchte aus- ſchließlich mit dem Namen der Brachfruͤchte belegt. Seſommerte Brache. Dieſe Huͤlſenfruͤchte haben allerdings die Eigenſchaft, dem nachtheiligen Einfluſſe der Getreidearten auf dem Boden gewiſſermaßen entgegen zu wirken, indem ſie die Bindung und Verſchloſſenheit, die dieſe ihm zuziehen, durch das tie- fere Eindringen ihrer ſtaͤrkern rohrigten Wurzeln verbeſſern, durch ihren bebruͤ- tenden Schatten eine Gaͤhrung, oder eine Wechſelwirkung des Bodens mit der

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 292. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809/338>, abgerufen am 20.04.2024.