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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809.

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Die Koppelwirthschaft.
Kapital erst in den Boden belegt, würde freilich einen zu großen Verlust in der
Kornernte nach sich ziehn, obwohl dieser durch die reichere Weide und dann durch
die aus dem neuen Ausbruch zu gewinnenden Früchte in der Folge genugsam ersetzt
werden könnte.

Die Einsäung des weißen Klees mit der letzten Frucht hat sich in den neuesten
Zeiten fast allgemein verbreitet, und es giebt nur noch wenige, die solches aus
Nachlässigkeit oder aus Anhänglichkeit an die alte Form unterlassen, und ihm we-
nigern Nutzen für das Weidevieh als dem wilden Grase zugestehen wollen. Die
Holländer oder Molkereipächter, deren Stimme doch hierin wohl entscheidend ist,
sind aber so bestimmt dafür, daß sie diese Einsaat zur Bedingung machen, wenn
sie ein höheres Pachtgeld für die Kuh geben sollen. Besonders macht es im ersten
Weidejahre einen großen Unterschied, wenn dieser auch im zweiten und dritten
nicht so merklich ist. Wie man den Ertrag der Weide nach der Art und Gras-
wüchsigkeit
des Bodens nach den abgenommenen Früchten und nach den Weidejah-
ren zu schätzen habe, zeigt die dem §. 285. angehängte Tabelle.

§. 350.

Erfolg dieser
Wirthschafts-
art.
Durch diese Wirthschaftsart ist ein beträchtliches, nach der allgemeinen Aus-
sage aller ältern Leute durch die Dreifelderwirthschaft erschöpftes Land, während
eines Menschenalters zu einer ungleich höhern Fruchtbarkeit, starken Kornausfuhr,
um's dreifache vermehrten Viehstande und großer Wohlhabenheit gediehen. Dies
ist ein so auffallender Beweis für die Vorzüge dieses Systems gegen ein anderes,
daß es die Aufmerksamkeit aller norddeutschen Provinzen auf sich gezogen, und
sehr viele Nachahmer gefunden hat, allenthalben wo die der freien Benutzung des
Grundeigenthums durch alte Einrichtungen angelegten Fesseln sie verstatteten, und
die Größe der Güter eine solche Abänderung verlohnte, die nie ohne Weitläuf-
tigkeit und ohne Aufopferung vom baaren Ertrage in den ersten Jahren gesche-
hen kann.

§. 351.

Vorzüge der-
selben.
Zu den Vorzügen dieser Koppelwirthschaft gehört besonders folgendes. Sie
erspart viele Arbeit, und die verwandte Arbeit verlohnt sich auf jedem Flecke weit

Die Koppelwirthſchaft.
Kapital erſt in den Boden belegt, wuͤrde freilich einen zu großen Verluſt in der
Kornernte nach ſich ziehn, obwohl dieſer durch die reichere Weide und dann durch
die aus dem neuen Ausbruch zu gewinnenden Fruͤchte in der Folge genugſam erſetzt
werden koͤnnte.

Die Einſaͤung des weißen Klees mit der letzten Frucht hat ſich in den neueſten
Zeiten faſt allgemein verbreitet, und es giebt nur noch wenige, die ſolches aus
Nachlaͤſſigkeit oder aus Anhaͤnglichkeit an die alte Form unterlaſſen, und ihm we-
nigern Nutzen fuͤr das Weidevieh als dem wilden Graſe zugeſtehen wollen. Die
Hollaͤnder oder Molkereipaͤchter, deren Stimme doch hierin wohl entſcheidend iſt,
ſind aber ſo beſtimmt dafuͤr, daß ſie dieſe Einſaat zur Bedingung machen, wenn
ſie ein hoͤheres Pachtgeld fuͤr die Kuh geben ſollen. Beſonders macht es im erſten
Weidejahre einen großen Unterſchied, wenn dieſer auch im zweiten und dritten
nicht ſo merklich iſt. Wie man den Ertrag der Weide nach der Art und Gras-
wuͤchſigkeit
des Bodens nach den abgenommenen Fruͤchten und nach den Weidejah-
ren zu ſchaͤtzen habe, zeigt die dem §. 285. angehaͤngte Tabelle.

§. 350.

Erfolg dieſer
Wirthſchafts-
art.
Durch dieſe Wirthſchaftsart iſt ein betraͤchtliches, nach der allgemeinen Aus-
ſage aller aͤltern Leute durch die Dreifelderwirthſchaft erſchoͤpftes Land, waͤhrend
eines Menſchenalters zu einer ungleich hoͤhern Fruchtbarkeit, ſtarken Kornausfuhr,
um’s dreifache vermehrten Viehſtande und großer Wohlhabenheit gediehen. Dies
iſt ein ſo auffallender Beweis fuͤr die Vorzuͤge dieſes Syſtems gegen ein anderes,
daß es die Aufmerkſamkeit aller norddeutſchen Provinzen auf ſich gezogen, und
ſehr viele Nachahmer gefunden hat, allenthalben wo die der freien Benutzung des
Grundeigenthums durch alte Einrichtungen angelegten Feſſeln ſie verſtatteten, und
die Groͤße der Guͤter eine ſolche Abaͤnderung verlohnte, die nie ohne Weitlaͤuf-
tigkeit und ohne Aufopferung vom baaren Ertrage in den erſten Jahren geſche-
hen kann.

§. 351.

Vorzuͤge der-
ſelben.
Zu den Vorzuͤgen dieſer Koppelwirthſchaft gehoͤrt beſonders folgendes. Sie
erſpart viele Arbeit, und die verwandte Arbeit verlohnt ſich auf jedem Flecke weit

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[332/0378] Die Koppelwirthſchaft. Kapital erſt in den Boden belegt, wuͤrde freilich einen zu großen Verluſt in der Kornernte nach ſich ziehn, obwohl dieſer durch die reichere Weide und dann durch die aus dem neuen Ausbruch zu gewinnenden Fruͤchte in der Folge genugſam erſetzt werden koͤnnte. Die Einſaͤung des weißen Klees mit der letzten Frucht hat ſich in den neueſten Zeiten faſt allgemein verbreitet, und es giebt nur noch wenige, die ſolches aus Nachlaͤſſigkeit oder aus Anhaͤnglichkeit an die alte Form unterlaſſen, und ihm we- nigern Nutzen fuͤr das Weidevieh als dem wilden Graſe zugeſtehen wollen. Die Hollaͤnder oder Molkereipaͤchter, deren Stimme doch hierin wohl entſcheidend iſt, ſind aber ſo beſtimmt dafuͤr, daß ſie dieſe Einſaat zur Bedingung machen, wenn ſie ein hoͤheres Pachtgeld fuͤr die Kuh geben ſollen. Beſonders macht es im erſten Weidejahre einen großen Unterſchied, wenn dieſer auch im zweiten und dritten nicht ſo merklich iſt. Wie man den Ertrag der Weide nach der Art und Gras- wuͤchſigkeit des Bodens nach den abgenommenen Fruͤchten und nach den Weidejah- ren zu ſchaͤtzen habe, zeigt die dem §. 285. angehaͤngte Tabelle. §. 350. Durch dieſe Wirthſchaftsart iſt ein betraͤchtliches, nach der allgemeinen Aus- ſage aller aͤltern Leute durch die Dreifelderwirthſchaft erſchoͤpftes Land, waͤhrend eines Menſchenalters zu einer ungleich hoͤhern Fruchtbarkeit, ſtarken Kornausfuhr, um’s dreifache vermehrten Viehſtande und großer Wohlhabenheit gediehen. Dies iſt ein ſo auffallender Beweis fuͤr die Vorzuͤge dieſes Syſtems gegen ein anderes, daß es die Aufmerkſamkeit aller norddeutſchen Provinzen auf ſich gezogen, und ſehr viele Nachahmer gefunden hat, allenthalben wo die der freien Benutzung des Grundeigenthums durch alte Einrichtungen angelegten Feſſeln ſie verſtatteten, und die Groͤße der Guͤter eine ſolche Abaͤnderung verlohnte, die nie ohne Weitlaͤuf- tigkeit und ohne Aufopferung vom baaren Ertrage in den erſten Jahren geſche- hen kann. Erfolg dieſer Wirthſchafts- art. §. 351. Zu den Vorzuͤgen dieſer Koppelwirthſchaft gehoͤrt beſonders folgendes. Sie erſpart viele Arbeit, und die verwandte Arbeit verlohnt ſich auf jedem Flecke weit Vorzuͤge der- ſelben.

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 332. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809/378>, abgerufen am 28.03.2024.