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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809.

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Wechselwirthschaft nach der Regel der Fruchtfolge.

Die letzt erwähnte Wirthschaft ist auf eine sehr starke, edle Schäferei hauptsäch-
lich berechnet, und dieser ist die ganze Weide bestimmt, wogegen das Rindvieh wahr-
scheinlich auf dem Stalle wird gehalten werden.

Stallfutterungswirthschaft.
§. 374.

Stallsutte-
rungssystem.
Das Wesentliche derselben besteht darin, daß das Vieh im ganzen Jahre haupt-
sächlich durch abgeschnittenes und ihm zugeführtes Futter ernährt wird, und wenig,
etwa nur zu Ende des Sommers, oder gar nicht weidet. Es wird wirklich nach dem
eigentlichen Sinne des Worts im Stalle gehalten, oder auf einem dazu eingerichteten
Hofe gefuttert, oder aber in besonderen beweglichen starken und hohen Horden, de-
ren Platz alljährig verändert und nach der Hauptfutterkoppel hin verlegt wird. Ge-
wissermaßen kann man hierher auch das in einigen Gegenden gebräuchliche Tüdern
des Viehes rechnen. Ueber die Vortheile der einen oder der andern Methode zu reden
ist hier der Ort nicht, wo wir diese Futterungsart bloß in Hinsicht auf die allgemeinen
Wirthschaftsverhältnisse betrachten. Wir haben im Deutschen sonst kein Wort, diese
Futterung durch Zuführung der Nahrung auszudrücken. Die Engländer nennen es
Soiling, ohne Rücksicht auf den Ort und die Methode, wo und wie es geschieht.

§. 375.

Vortheile der
Stallfutte-
rung.
Die überwiegenden Vortheile dieser Wirthschaftsart bestehen in folgendem:

1) Sie bedarf eines weit geringern Flächenraums zur Ernährung ihres Viehes.

a) Indem sie ihren zum Futtertragen bestimmten Acker gehörig vorbereitet,
und seine Vegrasung nicht der Natur überläßt, sondern durch Besamung und Be-
pflanzung solche Gewächse darauf erzeugt, welche sowohl seiner besondern Beschassen-
heit, als der Natur desjenigen Viehes, dem man sie bestimmt, vollkommen ange-
messen sind. Hierdurch macht sie sich die Produktionskraft der Natur auf die möglich
höchste Weise zu Nutzen, und zieht eine vielfach stärkere Quantität von Nahrung von
einer Fläche Landes, als diese sonst hervorbringen würde.

b) Indem sie diese Futtergewächse ihren völligen Wachsthum und den ange-
messensten höchsten Grad ihrer Entwickelung erreichen läßt, in welchem sie der Quan-

Wechſelwirthſchaft nach der Regel der Fruchtfolge.

Die letzt erwaͤhnte Wirthſchaft iſt auf eine ſehr ſtarke, edle Schaͤferei hauptſaͤch-
lich berechnet, und dieſer iſt die ganze Weide beſtimmt, wogegen das Rindvieh wahr-
ſcheinlich auf dem Stalle wird gehalten werden.

Stallfutterungswirthſchaft.
§. 374.

Stallſutte-
rungsſyſtem.
Das Weſentliche derſelben beſteht darin, daß das Vieh im ganzen Jahre haupt-
ſaͤchlich durch abgeſchnittenes und ihm zugefuͤhrtes Futter ernaͤhrt wird, und wenig,
etwa nur zu Ende des Sommers, oder gar nicht weidet. Es wird wirklich nach dem
eigentlichen Sinne des Worts im Stalle gehalten, oder auf einem dazu eingerichteten
Hofe gefuttert, oder aber in beſonderen beweglichen ſtarken und hohen Horden, de-
ren Platz alljaͤhrig veraͤndert und nach der Hauptfutterkoppel hin verlegt wird. Ge-
wiſſermaßen kann man hierher auch das in einigen Gegenden gebraͤuchliche Tuͤdern
des Viehes rechnen. Ueber die Vortheile der einen oder der andern Methode zu reden
iſt hier der Ort nicht, wo wir dieſe Futterungsart bloß in Hinſicht auf die allgemeinen
Wirthſchaftsverhaͤltniſſe betrachten. Wir haben im Deutſchen ſonſt kein Wort, dieſe
Futterung durch Zufuͤhrung der Nahrung auszudruͤcken. Die Englaͤnder nennen es
Soiling, ohne Ruͤckſicht auf den Ort und die Methode, wo und wie es geſchieht.

§. 375.

Vortheile der
Stallfutte-
rung.
Die uͤberwiegenden Vortheile dieſer Wirthſchaftsart beſtehen in folgendem:

1) Sie bedarf eines weit geringern Flaͤchenraums zur Ernaͤhrung ihres Viehes.

a) Indem ſie ihren zum Futtertragen beſtimmten Acker gehoͤrig vorbereitet,
und ſeine Vegraſung nicht der Natur uͤberlaͤßt, ſondern durch Beſamung und Be-
pflanzung ſolche Gewaͤchſe darauf erzeugt, welche ſowohl ſeiner beſondern Beſchaſſen-
heit, als der Natur desjenigen Viehes, dem man ſie beſtimmt, vollkommen ange-
meſſen ſind. Hierdurch macht ſie ſich die Produktionskraft der Natur auf die moͤglich
hoͤchſte Weiſe zu Nutzen, und zieht eine vielfach ſtaͤrkere Quantitaͤt von Nahrung von
einer Flaͤche Landes, als dieſe ſonſt hervorbringen wuͤrde.

b) Indem ſie dieſe Futtergewaͤchſe ihren voͤlligen Wachsthum und den ange-
meſſenſten hoͤchſten Grad ihrer Entwickelung erreichen laͤßt, in welchem ſie der Quan-

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[364/0410] Wechſelwirthſchaft nach der Regel der Fruchtfolge. Die letzt erwaͤhnte Wirthſchaft iſt auf eine ſehr ſtarke, edle Schaͤferei hauptſaͤch- lich berechnet, und dieſer iſt die ganze Weide beſtimmt, wogegen das Rindvieh wahr- ſcheinlich auf dem Stalle wird gehalten werden. Stallfutterungswirthſchaft. §. 374. Das Weſentliche derſelben beſteht darin, daß das Vieh im ganzen Jahre haupt- ſaͤchlich durch abgeſchnittenes und ihm zugefuͤhrtes Futter ernaͤhrt wird, und wenig, etwa nur zu Ende des Sommers, oder gar nicht weidet. Es wird wirklich nach dem eigentlichen Sinne des Worts im Stalle gehalten, oder auf einem dazu eingerichteten Hofe gefuttert, oder aber in beſonderen beweglichen ſtarken und hohen Horden, de- ren Platz alljaͤhrig veraͤndert und nach der Hauptfutterkoppel hin verlegt wird. Ge- wiſſermaßen kann man hierher auch das in einigen Gegenden gebraͤuchliche Tuͤdern des Viehes rechnen. Ueber die Vortheile der einen oder der andern Methode zu reden iſt hier der Ort nicht, wo wir dieſe Futterungsart bloß in Hinſicht auf die allgemeinen Wirthſchaftsverhaͤltniſſe betrachten. Wir haben im Deutſchen ſonſt kein Wort, dieſe Futterung durch Zufuͤhrung der Nahrung auszudruͤcken. Die Englaͤnder nennen es Soiling, ohne Ruͤckſicht auf den Ort und die Methode, wo und wie es geſchieht. Stallſutte- rungsſyſtem. §. 375. Die uͤberwiegenden Vortheile dieſer Wirthſchaftsart beſtehen in folgendem: Vortheile der Stallfutte- rung. 1) Sie bedarf eines weit geringern Flaͤchenraums zur Ernaͤhrung ihres Viehes. a) Indem ſie ihren zum Futtertragen beſtimmten Acker gehoͤrig vorbereitet, und ſeine Vegraſung nicht der Natur uͤberlaͤßt, ſondern durch Beſamung und Be- pflanzung ſolche Gewaͤchſe darauf erzeugt, welche ſowohl ſeiner beſondern Beſchaſſen- heit, als der Natur desjenigen Viehes, dem man ſie beſtimmt, vollkommen ange- meſſen ſind. Hierdurch macht ſie ſich die Produktionskraft der Natur auf die moͤglich hoͤchſte Weiſe zu Nutzen, und zieht eine vielfach ſtaͤrkere Quantitaͤt von Nahrung von einer Flaͤche Landes, als dieſe ſonſt hervorbringen wuͤrde. b) Indem ſie dieſe Futtergewaͤchſe ihren voͤlligen Wachsthum und den ange- meſſenſten hoͤchſten Grad ihrer Entwickelung erreichen laͤßt, in welchem ſie der Quan-

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 364. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809/410>, abgerufen am 29.03.2024.