Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite

Thonerde im reinen Zustande.
erwiesen, daß sie eine eigene Erdart ausmache und mit andern Erden nicht verwech-
selt werden dürfe.

Sie kommt in
der Natur nie
rein vor.
So häufig sie auch vorkommt, treffen wir sie doch in der Natur nirgends rein
an. Meistens ist sie mit andern Erden und metallischen Oxyden, zuweilen mit Säu-
ren verbunden. Nur im Garten des Pädagogiums zu Halle hatte man eine weiße
erdige Substanz, welche man eine Zeit lang für chemisch-reine Thonerde hielt, ge-
funden; aber theils hat sich nachher durch eine genauere chemische Analyse gezeigt,
daß sie, obgleich größtentheils aus Thonerde bestehend, dennoch andere Substanzen,
Kalkerde und Eisenoxyd, enthielte; theils ist es höchst wahrscheinlich, daß sie kein Pro-
duct der Natur, sondern der alchemischen Sudelköche sey, die dort hauseten.

Nur die Chemie kann die Thonerde aus ihren Verbindungen rein darstellen.
Am meisten und leichtesten wird sie aus dem Alaun abgeschieden, in welchem sie mit
Schwefelsäure aufgelöst ist. Wenn man diese, nachdem der Alaun in Wasser aufge-
löst worden, durch Alkali neutralisirt, so fällt die Thonerde nieder. Jedoch bedarf
es noch einiger andern Handgriffe, um sie von ihren fremdartigen Beimischungen
völlig zu befreien.

§. 22.

Verbindet sich
nicht mit
Kohlensäure.
Die reine Thonerde ist nicht fähig, sich mit der Kohlensäure zu verbinden, wenig-
stens nicht mit ihr durchdrungen zu werden, wie die Kalkerde und Bittererde, wo-
durch sie sich insbesondere von letzterer sehr merklich unterscheidet. Manche haben
zwar von einer Vereinigung der Thonerde mit der Kohlensäure gesprochen, aber
Saussure hat gezeigt, daß die chemisch-reine Thonerde keine Verwandtschaft zur
Kohlensäure besäße.

Physische Ei-
genschaften.
Die physischen Eigenschaften der reinen Thonerde können einigermaßen abwei-
chend seyn, wenn die Handgriffe und die Qualität und Quantität der Reagentien
welche man bei ihrer Ausscheidung anwendet, verschieden sind. Auch hat man oft
die Eigenschaften des Thons auf die reine Thonerde übergetragen, und daher scheint
es zu rühren, daß die physischen Eigenschaften der letztern von verschiedenen Chemi-
kern verschieden angegeben werden. Indessen ist dieser Unterschied nicht bedeutend,
und es kann in dieser Hinsicht nie eine Verwechselung mit andern Erdarten vorfallen.

Die reine Thonerde ist eine weiße, sanft anzufühlende, pulverförmige Substanz,
welche zwar keinen eigentlichen Geschmack besitzt, aber doch auf die Zunge gebracht,

Thonerde im reinen Zuſtande.
erwieſen, daß ſie eine eigene Erdart ausmache und mit andern Erden nicht verwech-
ſelt werden duͤrfe.

Sie kommt in
der Natur nie
rein vor.
So haͤufig ſie auch vorkommt, treffen wir ſie doch in der Natur nirgends rein
an. Meiſtens iſt ſie mit andern Erden und metalliſchen Oxyden, zuweilen mit Saͤu-
ren verbunden. Nur im Garten des Paͤdagogiums zu Halle hatte man eine weiße
erdige Subſtanz, welche man eine Zeit lang fuͤr chemiſch-reine Thonerde hielt, ge-
funden; aber theils hat ſich nachher durch eine genauere chemiſche Analyſe gezeigt,
daß ſie, obgleich groͤßtentheils aus Thonerde beſtehend, dennoch andere Subſtanzen,
Kalkerde und Eiſenoxyd, enthielte; theils iſt es hoͤchſt wahrſcheinlich, daß ſie kein Pro-
duct der Natur, ſondern der alchemiſchen Sudelkoͤche ſey, die dort hauſeten.

Nur die Chemie kann die Thonerde aus ihren Verbindungen rein darſtellen.
Am meiſten und leichteſten wird ſie aus dem Alaun abgeſchieden, in welchem ſie mit
Schwefelſaͤure aufgeloͤſt iſt. Wenn man dieſe, nachdem der Alaun in Waſſer aufge-
loͤſt worden, durch Alkali neutraliſirt, ſo faͤllt die Thonerde nieder. Jedoch bedarf
es noch einiger andern Handgriffe, um ſie von ihren fremdartigen Beimiſchungen
voͤllig zu befreien.

§. 22.

Verbindet ſich
nicht mit
Kohlenſaͤure.
Die reine Thonerde iſt nicht faͤhig, ſich mit der Kohlenſaͤure zu verbinden, wenig-
ſtens nicht mit ihr durchdrungen zu werden, wie die Kalkerde und Bittererde, wo-
durch ſie ſich insbeſondere von letzterer ſehr merklich unterſcheidet. Manche haben
zwar von einer Vereinigung der Thonerde mit der Kohlenſaͤure geſprochen, aber
Sauſſure hat gezeigt, daß die chemiſch-reine Thonerde keine Verwandtſchaft zur
Kohlenſaͤure beſaͤße.

Phyſiſche Ei-
genſchaften.
Die phyſiſchen Eigenſchaften der reinen Thonerde koͤnnen einigermaßen abwei-
chend ſeyn, wenn die Handgriffe und die Qualitaͤt und Quantitaͤt der Reagentien
welche man bei ihrer Ausſcheidung anwendet, verſchieden ſind. Auch hat man oft
die Eigenſchaften des Thons auf die reine Thonerde uͤbergetragen, und daher ſcheint
es zu ruͤhren, daß die phyſiſchen Eigenſchaften der letztern von verſchiedenen Chemi-
kern verſchieden angegeben werden. Indeſſen iſt dieſer Unterſchied nicht bedeutend,
und es kann in dieſer Hinſicht nie eine Verwechſelung mit andern Erdarten vorfallen.

Die reine Thonerde iſt eine weiße, ſanft anzufuͤhlende, pulverfoͤrmige Subſtanz,
welche zwar keinen eigentlichen Geſchmack beſitzt, aber doch auf die Zunge gebracht,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0104" n="60"/><fw place="top" type="header">Thonerde im reinen Zu&#x017F;tande.</fw><lb/>
erwie&#x017F;en, daß &#x017F;ie eine eigene Erdart ausmache und mit andern Erden nicht verwech-<lb/>
&#x017F;elt werden du&#x0364;rfe.</p><lb/>
            <p><note place="left">Sie kommt in<lb/>
der Natur nie<lb/>
rein vor.</note>So ha&#x0364;ufig &#x017F;ie auch vorkommt, treffen wir &#x017F;ie doch in der Natur nirgends rein<lb/>
an. Mei&#x017F;tens i&#x017F;t &#x017F;ie mit andern Erden und metalli&#x017F;chen Oxyden, zuweilen mit Sa&#x0364;u-<lb/>
ren verbunden. Nur im Garten des Pa&#x0364;dagogiums zu Halle hatte man eine weiße<lb/>
erdige Sub&#x017F;tanz, welche man eine Zeit lang fu&#x0364;r chemi&#x017F;ch-reine Thonerde hielt, ge-<lb/>
funden; aber theils hat &#x017F;ich nachher durch eine genauere chemi&#x017F;che Analy&#x017F;e gezeigt,<lb/>
daß &#x017F;ie, obgleich gro&#x0364;ßtentheils aus Thonerde be&#x017F;tehend, dennoch andere Sub&#x017F;tanzen,<lb/>
Kalkerde und Ei&#x017F;enoxyd, enthielte; theils i&#x017F;t es ho&#x0364;ch&#x017F;t wahr&#x017F;cheinlich, daß &#x017F;ie kein Pro-<lb/>
duct der Natur, &#x017F;ondern der alchemi&#x017F;chen Sudelko&#x0364;che &#x017F;ey, die dort hau&#x017F;eten.</p><lb/>
            <p>Nur die Chemie kann die Thonerde aus ihren Verbindungen rein dar&#x017F;tellen.<lb/>
Am mei&#x017F;ten und leichte&#x017F;ten wird &#x017F;ie aus dem Alaun abge&#x017F;chieden, in welchem &#x017F;ie mit<lb/>
Schwefel&#x017F;a&#x0364;ure aufgelo&#x0364;&#x017F;t i&#x017F;t. Wenn man die&#x017F;e, nachdem der Alaun in Wa&#x017F;&#x017F;er aufge-<lb/>
lo&#x0364;&#x017F;t worden, durch Alkali neutrali&#x017F;irt, &#x017F;o fa&#x0364;llt die Thonerde nieder. Jedoch bedarf<lb/>
es noch einiger andern Handgriffe, um &#x017F;ie von ihren fremdartigen Beimi&#x017F;chungen<lb/>
vo&#x0364;llig zu befreien.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 22.</head><lb/>
            <p><note place="left">Verbindet &#x017F;ich<lb/>
nicht mit<lb/>
Kohlen&#x017F;a&#x0364;ure.</note>Die reine Thonerde i&#x017F;t nicht fa&#x0364;hig, &#x017F;ich mit der Kohlen&#x017F;a&#x0364;ure zu verbinden, wenig-<lb/>
&#x017F;tens nicht mit ihr durchdrungen zu werden, wie die Kalkerde und Bittererde, wo-<lb/>
durch &#x017F;ie &#x017F;ich insbe&#x017F;ondere von letzterer &#x017F;ehr merklich unter&#x017F;cheidet. Manche haben<lb/>
zwar von einer Vereinigung der Thonerde mit der Kohlen&#x017F;a&#x0364;ure ge&#x017F;prochen, aber<lb/><hi rendition="#g">Sau&#x017F;&#x017F;ure</hi> hat gezeigt, daß die chemi&#x017F;ch-reine Thonerde keine Verwandt&#x017F;chaft zur<lb/>
Kohlen&#x017F;a&#x0364;ure be&#x017F;a&#x0364;ße.</p><lb/>
            <p><note place="left">Phy&#x017F;i&#x017F;che Ei-<lb/>
gen&#x017F;chaften.</note>Die phy&#x017F;i&#x017F;chen Eigen&#x017F;chaften der reinen Thonerde ko&#x0364;nnen einigermaßen abwei-<lb/>
chend &#x017F;eyn, wenn die Handgriffe und die Qualita&#x0364;t und Quantita&#x0364;t der Reagentien<lb/>
welche man bei ihrer Aus&#x017F;cheidung anwendet, ver&#x017F;chieden &#x017F;ind. Auch hat man oft<lb/>
die Eigen&#x017F;chaften des Thons auf die reine Thonerde u&#x0364;bergetragen, und daher &#x017F;cheint<lb/>
es zu ru&#x0364;hren, daß die phy&#x017F;i&#x017F;chen Eigen&#x017F;chaften der letztern von ver&#x017F;chiedenen Chemi-<lb/>
kern ver&#x017F;chieden angegeben werden. Inde&#x017F;&#x017F;en i&#x017F;t die&#x017F;er Unter&#x017F;chied nicht bedeutend,<lb/>
und es kann in die&#x017F;er Hin&#x017F;icht nie eine Verwech&#x017F;elung mit andern Erdarten vorfallen.</p><lb/>
            <p>Die reine Thonerde i&#x017F;t eine weiße, &#x017F;anft anzufu&#x0364;hlende, pulverfo&#x0364;rmige Sub&#x017F;tanz,<lb/>
welche zwar keinen eigentlichen Ge&#x017F;chmack be&#x017F;itzt, aber doch auf die Zunge gebracht,<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[60/0104] Thonerde im reinen Zuſtande. erwieſen, daß ſie eine eigene Erdart ausmache und mit andern Erden nicht verwech- ſelt werden duͤrfe. So haͤufig ſie auch vorkommt, treffen wir ſie doch in der Natur nirgends rein an. Meiſtens iſt ſie mit andern Erden und metalliſchen Oxyden, zuweilen mit Saͤu- ren verbunden. Nur im Garten des Paͤdagogiums zu Halle hatte man eine weiße erdige Subſtanz, welche man eine Zeit lang fuͤr chemiſch-reine Thonerde hielt, ge- funden; aber theils hat ſich nachher durch eine genauere chemiſche Analyſe gezeigt, daß ſie, obgleich groͤßtentheils aus Thonerde beſtehend, dennoch andere Subſtanzen, Kalkerde und Eiſenoxyd, enthielte; theils iſt es hoͤchſt wahrſcheinlich, daß ſie kein Pro- duct der Natur, ſondern der alchemiſchen Sudelkoͤche ſey, die dort hauſeten. Sie kommt in der Natur nie rein vor. Nur die Chemie kann die Thonerde aus ihren Verbindungen rein darſtellen. Am meiſten und leichteſten wird ſie aus dem Alaun abgeſchieden, in welchem ſie mit Schwefelſaͤure aufgeloͤſt iſt. Wenn man dieſe, nachdem der Alaun in Waſſer aufge- loͤſt worden, durch Alkali neutraliſirt, ſo faͤllt die Thonerde nieder. Jedoch bedarf es noch einiger andern Handgriffe, um ſie von ihren fremdartigen Beimiſchungen voͤllig zu befreien. §. 22. Die reine Thonerde iſt nicht faͤhig, ſich mit der Kohlenſaͤure zu verbinden, wenig- ſtens nicht mit ihr durchdrungen zu werden, wie die Kalkerde und Bittererde, wo- durch ſie ſich insbeſondere von letzterer ſehr merklich unterſcheidet. Manche haben zwar von einer Vereinigung der Thonerde mit der Kohlenſaͤure geſprochen, aber Sauſſure hat gezeigt, daß die chemiſch-reine Thonerde keine Verwandtſchaft zur Kohlenſaͤure beſaͤße. Verbindet ſich nicht mit Kohlenſaͤure. Die phyſiſchen Eigenſchaften der reinen Thonerde koͤnnen einigermaßen abwei- chend ſeyn, wenn die Handgriffe und die Qualitaͤt und Quantitaͤt der Reagentien welche man bei ihrer Ausſcheidung anwendet, verſchieden ſind. Auch hat man oft die Eigenſchaften des Thons auf die reine Thonerde uͤbergetragen, und daher ſcheint es zu ruͤhren, daß die phyſiſchen Eigenſchaften der letztern von verſchiedenen Chemi- kern verſchieden angegeben werden. Indeſſen iſt dieſer Unterſchied nicht bedeutend, und es kann in dieſer Hinſicht nie eine Verwechſelung mit andern Erdarten vorfallen. Phyſiſche Ei- genſchaften. Die reine Thonerde iſt eine weiße, ſanft anzufuͤhlende, pulverfoͤrmige Subſtanz, welche zwar keinen eigentlichen Geſchmack beſitzt, aber doch auf die Zunge gebracht,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft02_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft02_1810/104
Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft02_1810/104>, abgerufen am 19.04.2024.