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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810.

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Die Bodenarten.

Endlich leitet auch der eine Boden die Wärme, die er von außen her empfängt,
stärker wie ein anderer; der Sand mehr wie der Thon, wenn letzterer nicht übermäßig
feucht ist. Eine schleunige Veränderung der Temperatur hat deshalb auf die Pflan-
zen auf Sandboden mehr Einfluß, wie auf die auf Thonboden, und deshalb werden
die Nachtfröste, besonders die Frühreife dem erstern leichter nachtheilig, wie dem
letztern, wie man das häufig bei solchen Saaten, die gegen jeden Frost sehr empfind-
lich sind, zu bemerken Gelegenheit hat. Wahrscheinlich leitet auch ein Untergrund
die höhere Temperatur aus der Tiefe leichter wie ein anderer herauf, und bewirkt da-
durch, daß der Frost minder tief eindringe, und früher vergehe.

Man bestimmt die Grade der Temperatur eines Bodens durch die Ausdrücke

a) hitzig,
b) warm,
c) gemäßigt,
d) kalt.

Genauere Untersuchungen, die man mit dem Thermometer, hauptsächlich im
Frühjahre beim Entweichen des Frostes anstellen wird, werden vielleicht noch manche
merkwürdige Resultate über die Verschiedenheit des Bodens in dieser Hinsicht
geben.

§. 157.

Der Werth und die Eigenschaften des Bodens hängen aber nicht allein von
seiner innern eigenthümlichen Beschaffenheit, sondern auch von seiner Lage Ge-
stalt
und Umgebungen ab, und modifiziren jene auf mannigfaltige Weise.

Ebene oder
unebene Ober-
flächen.
Die Gestalt der Oberfläche, ob sie hügeligt oder eben, horizontal oder
abhängig sey, hat einen verschiedenen Einfluß, je nachdem die Grundmischung des
Bodens beschaffen ist.

Der mehr sandige, lose und trockene Boden ist um so fruchtbarer, je ebener
er liegt und je niedriger gegen die ihn umgebende Gegend. Hier wird ihm die
Feuchtigkeit, an deren Ueberfluß er selten leidet, länger erhalten. Dagegen verliert
dieser Boden immer mehr an seinem Werthe, wenn er auf Anhöhen, Hügeln oder
den höhern Rücken der ganzen Gegend liegt, wo sich seine Feuchtigkeit nicht nur
stärker herunterzieht, sondern ihm auch vom Winde -- und mit derselben wohl oft
seine fruchtbarsten Theile -- geraubt wird. In dieser Lage verlohnt ein sandiger Bo-

den
Die Bodenarten.

Endlich leitet auch der eine Boden die Waͤrme, die er von außen her empfaͤngt,
ſtaͤrker wie ein anderer; der Sand mehr wie der Thon, wenn letzterer nicht uͤbermaͤßig
feucht iſt. Eine ſchleunige Veraͤnderung der Temperatur hat deshalb auf die Pflan-
zen auf Sandboden mehr Einfluß, wie auf die auf Thonboden, und deshalb werden
die Nachtfroͤſte, beſonders die Fruͤhreife dem erſtern leichter nachtheilig, wie dem
letztern, wie man das haͤufig bei ſolchen Saaten, die gegen jeden Froſt ſehr empfind-
lich ſind, zu bemerken Gelegenheit hat. Wahrſcheinlich leitet auch ein Untergrund
die hoͤhere Temperatur aus der Tiefe leichter wie ein anderer herauf, und bewirkt da-
durch, daß der Froſt minder tief eindringe, und fruͤher vergehe.

Man beſtimmt die Grade der Temperatur eines Bodens durch die Ausdruͤcke

a) hitzig,
b) warm,
c) gemaͤßigt,
d) kalt.

Genauere Unterſuchungen, die man mit dem Thermometer, hauptſaͤchlich im
Fruͤhjahre beim Entweichen des Froſtes anſtellen wird, werden vielleicht noch manche
merkwuͤrdige Reſultate uͤber die Verſchiedenheit des Bodens in dieſer Hinſicht
geben.

§. 157.

Der Werth und die Eigenſchaften des Bodens haͤngen aber nicht allein von
ſeiner innern eigenthuͤmlichen Beſchaffenheit, ſondern auch von ſeiner Lage Ge-
ſtalt
und Umgebungen ab, und modifiziren jene auf mannigfaltige Weiſe.

Ebene oder
unebene Ober-
flaͤchen.
Die Geſtalt der Oberflaͤche, ob ſie huͤgeligt oder eben, horizontal oder
abhaͤngig ſey, hat einen verſchiedenen Einfluß, je nachdem die Grundmiſchung des
Bodens beſchaffen iſt.

Der mehr ſandige, loſe und trockene Boden iſt um ſo fruchtbarer, je ebener
er liegt und je niedriger gegen die ihn umgebende Gegend. Hier wird ihm die
Feuchtigkeit, an deren Ueberfluß er ſelten leidet, laͤnger erhalten. Dagegen verliert
dieſer Boden immer mehr an ſeinem Werthe, wenn er auf Anhoͤhen, Huͤgeln oder
den hoͤhern Ruͤcken der ganzen Gegend liegt, wo ſich ſeine Feuchtigkeit nicht nur
ſtaͤrker herunterzieht, ſondern ihm auch vom Winde — und mit derſelben wohl oft
ſeine fruchtbarſten Theile — geraubt wird. In dieſer Lage verlohnt ein ſandiger Bo-

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[152/0200] Die Bodenarten. Endlich leitet auch der eine Boden die Waͤrme, die er von außen her empfaͤngt, ſtaͤrker wie ein anderer; der Sand mehr wie der Thon, wenn letzterer nicht uͤbermaͤßig feucht iſt. Eine ſchleunige Veraͤnderung der Temperatur hat deshalb auf die Pflan- zen auf Sandboden mehr Einfluß, wie auf die auf Thonboden, und deshalb werden die Nachtfroͤſte, beſonders die Fruͤhreife dem erſtern leichter nachtheilig, wie dem letztern, wie man das haͤufig bei ſolchen Saaten, die gegen jeden Froſt ſehr empfind- lich ſind, zu bemerken Gelegenheit hat. Wahrſcheinlich leitet auch ein Untergrund die hoͤhere Temperatur aus der Tiefe leichter wie ein anderer herauf, und bewirkt da- durch, daß der Froſt minder tief eindringe, und fruͤher vergehe. Man beſtimmt die Grade der Temperatur eines Bodens durch die Ausdruͤcke a) hitzig, b) warm, c) gemaͤßigt, d) kalt. Genauere Unterſuchungen, die man mit dem Thermometer, hauptſaͤchlich im Fruͤhjahre beim Entweichen des Froſtes anſtellen wird, werden vielleicht noch manche merkwuͤrdige Reſultate uͤber die Verſchiedenheit des Bodens in dieſer Hinſicht geben. §. 157. Der Werth und die Eigenſchaften des Bodens haͤngen aber nicht allein von ſeiner innern eigenthuͤmlichen Beſchaffenheit, ſondern auch von ſeiner Lage Ge- ſtalt und Umgebungen ab, und modifiziren jene auf mannigfaltige Weiſe. Die Geſtalt der Oberflaͤche, ob ſie huͤgeligt oder eben, horizontal oder abhaͤngig ſey, hat einen verſchiedenen Einfluß, je nachdem die Grundmiſchung des Bodens beſchaffen iſt. Ebene oder unebene Ober- flaͤchen. Der mehr ſandige, loſe und trockene Boden iſt um ſo fruchtbarer, je ebener er liegt und je niedriger gegen die ihn umgebende Gegend. Hier wird ihm die Feuchtigkeit, an deren Ueberfluß er ſelten leidet, laͤnger erhalten. Dagegen verliert dieſer Boden immer mehr an ſeinem Werthe, wenn er auf Anhoͤhen, Huͤgeln oder den hoͤhern Ruͤcken der ganzen Gegend liegt, wo ſich ſeine Feuchtigkeit nicht nur ſtaͤrker herunterzieht, ſondern ihm auch vom Winde — und mit derſelben wohl oft ſeine fruchtbarſten Theile — geraubt wird. In dieſer Lage verlohnt ein ſandiger Bo- den

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft02_1810/200>, abgerufen am 28.03.2024.