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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810.

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Die Bodenarten.
Versuche erwiesen haben, unabhängig von der Wärme, welche die Sonnenstrahlen
zugleich geben. Denn man hat das Sonnenlicht durch ein starkes künstliches Licht
bei gleicher Temperatur ersetzen können.

Auf einem beschatteten Boden keimen die Pflanzen zwar freilich -- denn zur
Keimung der Samen und zur Austreibung der ersten Wurzelfasern ist eine beschattete
Lage vortheilhaft -- wachsen auch zu ziemlicher Größe oft empor, bilden aber keine
nährende Theile aus, und bringen unvollkommene Früchte. Daher auch die wenige
Nahrhaftigkeit des unter dicht stehenden Bäumen gewachsenen Grases.

§. 161.

Der Boden ist entweder dem Winde frey ausgesetzt, oder hat Schutz ge-Windausse-
tzung.

gen selbigen durch vorliegende Anhöhen und Berge, Holzungen, Gebäude oder
Hecken, nach einer oder der andern Seite. Nach seiner verschiedenen Beschaffenheit
kann ihm dieses nützlich oder schädlich seyn. Dem thonigen feuchten Boden ist im
allgemeinen ein starker Luftzug besser, als eine gedeckte diesen abhaltende Lage. Der
Schnee geht später auf, und der Boden trocknet, besonders im Frühjahre, später ab,
wenn ihn die Winde nicht treffen können. Dagegen wird der trockene, sandige und
warme Boden durch eine den Wind abhaltende Umgebung oft sehr verbessert, und
kann mehrentheils durch Hecken, womit man ihn umgiebt, oder durch Pflanzungen
an den übelsten Windseiten, sehr verbessert und fruchtbar gemacht werden. Einem
solchen Boden thut nämlich der Wind vielen Schaden, indem er die Feuchtigkeit ihm
schneller entzieht, die verbesserte, mit Humus vermischte Ackerkrume, und
letztern, da er noch leichter und beweglicher als der Sand ist, verweht, somit auch
die Wurzeln der Gewächse entblößt, und an andern Stellen die Pflanzen mit rohen
Sand überschüttet.

Auf die Gewächse selbst hat der Wind einen verschiedenen Einfluß. Bei einigen
befördert er die Befruchtung in der Blütezeit, bei andern verhindert er sie, und letz-
tere kommen daher fast nur in einer gedeckten Lage zum reichlichen Samenansatz.

§. 162.

Endlich kommt die mit dem Boden in Verbindung stehende AtmosphäreAtmosphäre.
und ihre Temperatur in Betracht, deren Verschiedenheit man unter dem Namen
Klima begreift. In sofern das Klima durch die Grade der Breite bestimmt wird,
und sich danach die mittlere Temperatur der Atmosphäre richtet, nehmen wir hier

Die Bodenarten.
Verſuche erwieſen haben, unabhaͤngig von der Waͤrme, welche die Sonnenſtrahlen
zugleich geben. Denn man hat das Sonnenlicht durch ein ſtarkes kuͤnſtliches Licht
bei gleicher Temperatur erſetzen koͤnnen.

Auf einem beſchatteten Boden keimen die Pflanzen zwar freilich — denn zur
Keimung der Samen und zur Austreibung der erſten Wurzelfaſern iſt eine beſchattete
Lage vortheilhaft — wachſen auch zu ziemlicher Groͤße oft empor, bilden aber keine
naͤhrende Theile aus, und bringen unvollkommene Fruͤchte. Daher auch die wenige
Nahrhaftigkeit des unter dicht ſtehenden Baͤumen gewachſenen Graſes.

§. 161.

Der Boden iſt entweder dem Winde frey ausgeſetzt, oder hat Schutz ge-Windausſe-
tzung.

gen ſelbigen durch vorliegende Anhoͤhen und Berge, Holzungen, Gebaͤude oder
Hecken, nach einer oder der andern Seite. Nach ſeiner verſchiedenen Beſchaffenheit
kann ihm dieſes nuͤtzlich oder ſchaͤdlich ſeyn. Dem thonigen feuchten Boden iſt im
allgemeinen ein ſtarker Luftzug beſſer, als eine gedeckte dieſen abhaltende Lage. Der
Schnee geht ſpaͤter auf, und der Boden trocknet, beſonders im Fruͤhjahre, ſpaͤter ab,
wenn ihn die Winde nicht treffen koͤnnen. Dagegen wird der trockene, ſandige und
warme Boden durch eine den Wind abhaltende Umgebung oft ſehr verbeſſert, und
kann mehrentheils durch Hecken, womit man ihn umgiebt, oder durch Pflanzungen
an den uͤbelſten Windſeiten, ſehr verbeſſert und fruchtbar gemacht werden. Einem
ſolchen Boden thut naͤmlich der Wind vielen Schaden, indem er die Feuchtigkeit ihm
ſchneller entzieht, die verbeſſerte, mit Humus vermiſchte Ackerkrume, und
letztern, da er noch leichter und beweglicher als der Sand iſt, verweht, ſomit auch
die Wurzeln der Gewaͤchſe entbloͤßt, und an andern Stellen die Pflanzen mit rohen
Sand uͤberſchuͤttet.

Auf die Gewaͤchſe ſelbſt hat der Wind einen verſchiedenen Einfluß. Bei einigen
befoͤrdert er die Befruchtung in der Bluͤtezeit, bei andern verhindert er ſie, und letz-
tere kommen daher faſt nur in einer gedeckten Lage zum reichlichen Samenanſatz.

§. 162.

Endlich kommt die mit dem Boden in Verbindung ſtehende AtmoſphaͤreAtmoſphaͤre.
und ihre Temperatur in Betracht, deren Verſchiedenheit man unter dem Namen
Klima begreift. In ſofern das Klima durch die Grade der Breite beſtimmt wird,
und ſich danach die mittlere Temperatur der Atmoſphaͤre richtet, nehmen wir hier

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[157/0205] Die Bodenarten. Verſuche erwieſen haben, unabhaͤngig von der Waͤrme, welche die Sonnenſtrahlen zugleich geben. Denn man hat das Sonnenlicht durch ein ſtarkes kuͤnſtliches Licht bei gleicher Temperatur erſetzen koͤnnen. Auf einem beſchatteten Boden keimen die Pflanzen zwar freilich — denn zur Keimung der Samen und zur Austreibung der erſten Wurzelfaſern iſt eine beſchattete Lage vortheilhaft — wachſen auch zu ziemlicher Groͤße oft empor, bilden aber keine naͤhrende Theile aus, und bringen unvollkommene Fruͤchte. Daher auch die wenige Nahrhaftigkeit des unter dicht ſtehenden Baͤumen gewachſenen Graſes. §. 161. Der Boden iſt entweder dem Winde frey ausgeſetzt, oder hat Schutz ge- gen ſelbigen durch vorliegende Anhoͤhen und Berge, Holzungen, Gebaͤude oder Hecken, nach einer oder der andern Seite. Nach ſeiner verſchiedenen Beſchaffenheit kann ihm dieſes nuͤtzlich oder ſchaͤdlich ſeyn. Dem thonigen feuchten Boden iſt im allgemeinen ein ſtarker Luftzug beſſer, als eine gedeckte dieſen abhaltende Lage. Der Schnee geht ſpaͤter auf, und der Boden trocknet, beſonders im Fruͤhjahre, ſpaͤter ab, wenn ihn die Winde nicht treffen koͤnnen. Dagegen wird der trockene, ſandige und warme Boden durch eine den Wind abhaltende Umgebung oft ſehr verbeſſert, und kann mehrentheils durch Hecken, womit man ihn umgiebt, oder durch Pflanzungen an den uͤbelſten Windſeiten, ſehr verbeſſert und fruchtbar gemacht werden. Einem ſolchen Boden thut naͤmlich der Wind vielen Schaden, indem er die Feuchtigkeit ihm ſchneller entzieht, die verbeſſerte, mit Humus vermiſchte Ackerkrume, und letztern, da er noch leichter und beweglicher als der Sand iſt, verweht, ſomit auch die Wurzeln der Gewaͤchſe entbloͤßt, und an andern Stellen die Pflanzen mit rohen Sand uͤberſchuͤttet. Windausſe- tzung. Auf die Gewaͤchſe ſelbſt hat der Wind einen verſchiedenen Einfluß. Bei einigen befoͤrdert er die Befruchtung in der Bluͤtezeit, bei andern verhindert er ſie, und letz- tere kommen daher faſt nur in einer gedeckten Lage zum reichlichen Samenanſatz. §. 162. Endlich kommt die mit dem Boden in Verbindung ſtehende Atmoſphaͤre und ihre Temperatur in Betracht, deren Verſchiedenheit man unter dem Namen Klima begreift. In ſofern das Klima durch die Grade der Breite beſtimmt wird, und ſich danach die mittlere Temperatur der Atmoſphaͤre richtet, nehmen wir hier Atmoſphaͤre.

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft02_1810/205>, abgerufen am 20.04.2024.