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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810.

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Die Bodenarten.
enthalten könne, beweist die im vorigen §. angeführte Erfahrung von den moorigten
Ausdünstungen; so wie auch die schädliche Wirkung, welche der Berberitzenstrauch
nach unleugbaren Erfahrungen auf das Getreide äußert.

§. 164.

Reinheit des
Bodens vom
Unkraut.
Der Werth des Bodens kann beträchtlich verändert werden, je nachdem er mehr
oder minder rein -- denn ein völlig [ - 2 Zeichen fehlen]iner gehört unter die Seltenheiten -- vom
Unkraut ist.

Unkraut heißt eine jede Pflanze, die auf einem Platze stehet, wo sie unserm
Wunsche und Zwecke nach nicht stehen sollte. Denn eine solche thut allemal Scha-
den, indem sie den angebauten Pflanzen Platz und Nahrung raubt, und die Aus-
saugung des Bodens befördert, ohne Nutzen zu bringen. Wir reden hier indessen
nur von denjenigen Unkrautsarten, die mit ihren Samen und Wurzeln den Boden
so angefüllt haben, daß sie nur mit vieler Mühe und Aufopferung zu vertilgen sind,
und einen beträchtlichen Einfluß auf den Rückschlag der Ernten haben.

Wir unterscheiden dieses Unkraut in agronomischer Hinsicht in drei Arten;

1) in solches, welches sich durch Samen allein vermehrt;
2) in solches, welches sich in der Regel nur durch den Austrieb seiner Wurzeln
vermehren kann:
3) in solches, welches aus beiden zugleich hervorkommt:
§. 165.

Samenun-
kraut.
1) Das Samenunkraut unterscheidet sich wieder in zweierlei Gattungen:
nämlich in das einjährige, welches in einem Sommer hervorkommt, seinen
Samen reif macht, ihn ausstreut, und dann vergeht: und in das zweijährige,
welches im ersten Jahre nur heranwächst, den Winter aushält, und dann im zwei-
ten Jahre seinen Samen reift. Beide Arten haben keine austreibende Wurzel, und
vergehen mit derselben, wenn ihr Samen gereift ist.

Der Samen der Gewächse, welche in diese Klasse gehören und hier in Be-
tracht kommen, ist von der Art, daß er nur zum Keimen kommt, wenn er sehr nahe
an der Oberfläche liegt, und die Atmosphäre auf ihn einwirken kann. Liegt er tiefer,
oder ist er von einem Erdkloße eingeschlossen, so keimt er nicht; erhält sich aber voll-
kommen gesund und keimungsfähig, bis er in eine günstige Lage gebracht wird.
Die Länge der Zeit, wo er sich in diesem Zustande erhalten kann, scheint unendlich zu

seyn;

Die Bodenarten.
enthalten koͤnne, beweiſt die im vorigen §. angefuͤhrte Erfahrung von den moorigten
Ausduͤnſtungen; ſo wie auch die ſchaͤdliche Wirkung, welche der Berberitzenſtrauch
nach unleugbaren Erfahrungen auf das Getreide aͤußert.

§. 164.

Reinheit des
Bodens vom
Unkraut.
Der Werth des Bodens kann betraͤchtlich veraͤndert werden, je nachdem er mehr
oder minder rein — denn ein voͤllig [ – 2 Zeichen fehlen]iner gehoͤrt unter die Seltenheiten — vom
Unkraut iſt.

Unkraut heißt eine jede Pflanze, die auf einem Platze ſtehet, wo ſie unſerm
Wunſche und Zwecke nach nicht ſtehen ſollte. Denn eine ſolche thut allemal Scha-
den, indem ſie den angebauten Pflanzen Platz und Nahrung raubt, und die Aus-
ſaugung des Bodens befoͤrdert, ohne Nutzen zu bringen. Wir reden hier indeſſen
nur von denjenigen Unkrautsarten, die mit ihren Samen und Wurzeln den Boden
ſo angefuͤllt haben, daß ſie nur mit vieler Muͤhe und Aufopferung zu vertilgen ſind,
und einen betraͤchtlichen Einfluß auf den Ruͤckſchlag der Ernten haben.

Wir unterſcheiden dieſes Unkraut in agronomiſcher Hinſicht in drei Arten;

1) in ſolches, welches ſich durch Samen allein vermehrt;
2) in ſolches, welches ſich in der Regel nur durch den Austrieb ſeiner Wurzeln
vermehren kann:
3) in ſolches, welches aus beiden zugleich hervorkommt:
§. 165.

Samenun-
kraut.
1) Das Samenunkraut unterſcheidet ſich wieder in zweierlei Gattungen:
naͤmlich in das einjaͤhrige, welches in einem Sommer hervorkommt, ſeinen
Samen reif macht, ihn ausſtreut, und dann vergeht: und in das zweijaͤhrige,
welches im erſten Jahre nur heranwaͤchſt, den Winter aushaͤlt, und dann im zwei-
ten Jahre ſeinen Samen reift. Beide Arten haben keine austreibende Wurzel, und
vergehen mit derſelben, wenn ihr Samen gereift iſt.

Der Samen der Gewaͤchſe, welche in dieſe Klaſſe gehoͤren und hier in Be-
tracht kommen, iſt von der Art, daß er nur zum Keimen kommt, wenn er ſehr nahe
an der Oberflaͤche liegt, und die Atmoſphaͤre auf ihn einwirken kann. Liegt er tiefer,
oder iſt er von einem Erdkloße eingeſchloſſen, ſo keimt er nicht; erhaͤlt ſich aber voll-
kommen geſund und keimungsfaͤhig, bis er in eine guͤnſtige Lage gebracht wird.
Die Laͤnge der Zeit, wo er ſich in dieſem Zuſtande erhalten kann, ſcheint unendlich zu

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[160/0208] Die Bodenarten. enthalten koͤnne, beweiſt die im vorigen §. angefuͤhrte Erfahrung von den moorigten Ausduͤnſtungen; ſo wie auch die ſchaͤdliche Wirkung, welche der Berberitzenſtrauch nach unleugbaren Erfahrungen auf das Getreide aͤußert. §. 164. Der Werth des Bodens kann betraͤchtlich veraͤndert werden, je nachdem er mehr oder minder rein — denn ein voͤllig __iner gehoͤrt unter die Seltenheiten — vom Unkraut iſt. Reinheit des Bodens vom Unkraut. Unkraut heißt eine jede Pflanze, die auf einem Platze ſtehet, wo ſie unſerm Wunſche und Zwecke nach nicht ſtehen ſollte. Denn eine ſolche thut allemal Scha- den, indem ſie den angebauten Pflanzen Platz und Nahrung raubt, und die Aus- ſaugung des Bodens befoͤrdert, ohne Nutzen zu bringen. Wir reden hier indeſſen nur von denjenigen Unkrautsarten, die mit ihren Samen und Wurzeln den Boden ſo angefuͤllt haben, daß ſie nur mit vieler Muͤhe und Aufopferung zu vertilgen ſind, und einen betraͤchtlichen Einfluß auf den Ruͤckſchlag der Ernten haben. Wir unterſcheiden dieſes Unkraut in agronomiſcher Hinſicht in drei Arten; 1) in ſolches, welches ſich durch Samen allein vermehrt; 2) in ſolches, welches ſich in der Regel nur durch den Austrieb ſeiner Wurzeln vermehren kann: 3) in ſolches, welches aus beiden zugleich hervorkommt: §. 165. 1) Das Samenunkraut unterſcheidet ſich wieder in zweierlei Gattungen: naͤmlich in das einjaͤhrige, welches in einem Sommer hervorkommt, ſeinen Samen reif macht, ihn ausſtreut, und dann vergeht: und in das zweijaͤhrige, welches im erſten Jahre nur heranwaͤchſt, den Winter aushaͤlt, und dann im zwei- ten Jahre ſeinen Samen reift. Beide Arten haben keine austreibende Wurzel, und vergehen mit derſelben, wenn ihr Samen gereift iſt. Samenun- kraut. Der Samen der Gewaͤchſe, welche in dieſe Klaſſe gehoͤren und hier in Be- tracht kommen, iſt von der Art, daß er nur zum Keimen kommt, wenn er ſehr nahe an der Oberflaͤche liegt, und die Atmoſphaͤre auf ihn einwirken kann. Liegt er tiefer, oder iſt er von einem Erdkloße eingeſchloſſen, ſo keimt er nicht; erhaͤlt ſich aber voll- kommen geſund und keimungsfaͤhig, bis er in eine guͤnſtige Lage gebracht wird. Die Laͤnge der Zeit, wo er ſich in dieſem Zuſtande erhalten kann, ſcheint unendlich zu ſeyn;

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft02_1810/208>, abgerufen am 19.04.2024.