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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810.

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Mineralische Düngungsmittel.
des Sommers statt; selten aber ist ein Sommer dazu hinreichend. Durch Ver-
mengung mit Mist und mit gebranntem Kalk erleichtert man das Zerfallen, auch
wohl durch das Einsäen von Pflanzen, deren Wurzeln in die Thonklöße eindrin-
gen, und dann untergepflügt werden. Bewirkt man die genaue Mengung nicht,
so verdirbt man den Boden auf lange Zeit mehr, als daß man ihn verbessert, in-
dem die wenigsten Pflanzen es ertragen, daß sie mit ihren Wurzeln auf so hetero-
gene Erdarten stoßen. Wenn ältere Schriftsteller und mündliche Sagen von sol-
chen bewirkten Bodenverbesserungen erzählen, so kann man wohl in den meisten
Fällen annehmen, daß die aufgefahrne Erdart ein mehr oder minder kalkhaltiger
Mergel war. Noch vor kurzer Zeit nannte man in Hollstein das Mergeln Erd-
oder Lehmfahren, und ohne von Mergel einen Begriff zu haben.

Nur von solchem Lehm oder Thon, der eine Reihe von Jahren der Atmo-
sphäre ausgesetzt in Erdwällen, Erdmauern oder Wellerwänden, insbesondere in
der Nähe der Wohnungen und der Viehhöfe gestanden, und aus der Atmosphäre
fruchtbare Stoffe angezogen hat, kann man eine wirklich düngende Wirkung er-
warten. Ein solcher Lehm zerfällt auch leichter, und mengt sich mit dem Boden.

Auch hat man die lehmige und thonige Ackererde wohl gebrannt, und dadurch
eine dauernde physische Verbesserung dieses Bodens bewirkt. Da der Thon näm-
lich durch das Brennen seine wasseranhaltende und bindende Eigenschaft verliert,
und dann, wenn er anders krümlich bleibt, in Ansehung seiner physischen Quali-
täten dem Sande gleich wird, so ist der Boden hierdurch lockerer geworden. Wahr-
scheinlich hat dieses Brennen jedoch auch eine noch nicht genug erklärte chemische
Wirkung.

§. 53.

Das Auffahren des Sandes ist wohl am häufigsten und mit dem größtenAuffahrung
des Sandes.

Vortheile auf reichhaltigen aber zu losen und der Nässe zu stark ausgesetzten moddri-
gen Boden angewandt worden. Der aufgefahrne Sand senkt sich allmählig von
selbst herab, und durchdringt die Moddererde, deren schwammige Consistenz er zu-
gleich zusammenpreßt. Er muß daher so viel möglich auf der Oberfläche erhalten
werden, und er ist am wirksamsten gewesen, wenn man ihn nicht unterpflügte,
fondern in der Zeit, wo das Land zu Grase lag, obenauf streuete, wodurch auch
zugleich der Graswuchs, wie durch einen kräftigen Dünger, vermehrt und ver-

Mineraliſche Duͤngungsmittel.
des Sommers ſtatt; ſelten aber iſt ein Sommer dazu hinreichend. Durch Ver-
mengung mit Miſt und mit gebranntem Kalk erleichtert man das Zerfallen, auch
wohl durch das Einſaͤen von Pflanzen, deren Wurzeln in die Thonkloͤße eindrin-
gen, und dann untergepfluͤgt werden. Bewirkt man die genaue Mengung nicht,
ſo verdirbt man den Boden auf lange Zeit mehr, als daß man ihn verbeſſert, in-
dem die wenigſten Pflanzen es ertragen, daß ſie mit ihren Wurzeln auf ſo hetero-
gene Erdarten ſtoßen. Wenn aͤltere Schriftſteller und muͤndliche Sagen von ſol-
chen bewirkten Bodenverbeſſerungen erzaͤhlen, ſo kann man wohl in den meiſten
Faͤllen annehmen, daß die aufgefahrne Erdart ein mehr oder minder kalkhaltiger
Mergel war. Noch vor kurzer Zeit nannte man in Hollſtein das Mergeln Erd-
oder Lehmfahren, und ohne von Mergel einen Begriff zu haben.

Nur von ſolchem Lehm oder Thon, der eine Reihe von Jahren der Atmo-
ſphaͤre ausgeſetzt in Erdwaͤllen, Erdmauern oder Wellerwaͤnden, insbeſondere in
der Naͤhe der Wohnungen und der Viehhoͤfe geſtanden, und aus der Atmoſphaͤre
fruchtbare Stoffe angezogen hat, kann man eine wirklich duͤngende Wirkung er-
warten. Ein ſolcher Lehm zerfaͤllt auch leichter, und mengt ſich mit dem Boden.

Auch hat man die lehmige und thonige Ackererde wohl gebrannt, und dadurch
eine dauernde phyſiſche Verbeſſerung dieſes Bodens bewirkt. Da der Thon naͤm-
lich durch das Brennen ſeine waſſeranhaltende und bindende Eigenſchaft verliert,
und dann, wenn er anders kruͤmlich bleibt, in Anſehung ſeiner phyſiſchen Quali-
taͤten dem Sande gleich wird, ſo iſt der Boden hierdurch lockerer geworden. Wahr-
ſcheinlich hat dieſes Brennen jedoch auch eine noch nicht genug erklaͤrte chemiſche
Wirkung.

§. 53.

Das Auffahren des Sandes iſt wohl am haͤufigſten und mit dem groͤßtenAuffahrung
des Sandes.

Vortheile auf reichhaltigen aber zu loſen und der Naͤſſe zu ſtark ausgeſetzten moddri-
gen Boden angewandt worden. Der aufgefahrne Sand ſenkt ſich allmaͤhlig von
ſelbſt herab, und durchdringt die Moddererde, deren ſchwammige Conſiſtenz er zu-
gleich zuſammenpreßt. Er muß daher ſo viel moͤglich auf der Oberflaͤche erhalten
werden, und er iſt am wirkſamſten geweſen, wenn man ihn nicht unterpfluͤgte,
fondern in der Zeit, wo das Land zu Graſe lag, obenauf ſtreuete, wodurch auch
zugleich der Graswuchs, wie durch einen kraͤftigen Duͤnger, vermehrt und ver-

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[237/0285] Mineraliſche Duͤngungsmittel. des Sommers ſtatt; ſelten aber iſt ein Sommer dazu hinreichend. Durch Ver- mengung mit Miſt und mit gebranntem Kalk erleichtert man das Zerfallen, auch wohl durch das Einſaͤen von Pflanzen, deren Wurzeln in die Thonkloͤße eindrin- gen, und dann untergepfluͤgt werden. Bewirkt man die genaue Mengung nicht, ſo verdirbt man den Boden auf lange Zeit mehr, als daß man ihn verbeſſert, in- dem die wenigſten Pflanzen es ertragen, daß ſie mit ihren Wurzeln auf ſo hetero- gene Erdarten ſtoßen. Wenn aͤltere Schriftſteller und muͤndliche Sagen von ſol- chen bewirkten Bodenverbeſſerungen erzaͤhlen, ſo kann man wohl in den meiſten Faͤllen annehmen, daß die aufgefahrne Erdart ein mehr oder minder kalkhaltiger Mergel war. Noch vor kurzer Zeit nannte man in Hollſtein das Mergeln Erd- oder Lehmfahren, und ohne von Mergel einen Begriff zu haben. Nur von ſolchem Lehm oder Thon, der eine Reihe von Jahren der Atmo- ſphaͤre ausgeſetzt in Erdwaͤllen, Erdmauern oder Wellerwaͤnden, insbeſondere in der Naͤhe der Wohnungen und der Viehhoͤfe geſtanden, und aus der Atmoſphaͤre fruchtbare Stoffe angezogen hat, kann man eine wirklich duͤngende Wirkung er- warten. Ein ſolcher Lehm zerfaͤllt auch leichter, und mengt ſich mit dem Boden. Auch hat man die lehmige und thonige Ackererde wohl gebrannt, und dadurch eine dauernde phyſiſche Verbeſſerung dieſes Bodens bewirkt. Da der Thon naͤm- lich durch das Brennen ſeine waſſeranhaltende und bindende Eigenſchaft verliert, und dann, wenn er anders kruͤmlich bleibt, in Anſehung ſeiner phyſiſchen Quali- taͤten dem Sande gleich wird, ſo iſt der Boden hierdurch lockerer geworden. Wahr- ſcheinlich hat dieſes Brennen jedoch auch eine noch nicht genug erklaͤrte chemiſche Wirkung. §. 53. Das Auffahren des Sandes iſt wohl am haͤufigſten und mit dem groͤßten Vortheile auf reichhaltigen aber zu loſen und der Naͤſſe zu ſtark ausgeſetzten moddri- gen Boden angewandt worden. Der aufgefahrne Sand ſenkt ſich allmaͤhlig von ſelbſt herab, und durchdringt die Moddererde, deren ſchwammige Conſiſtenz er zu- gleich zuſammenpreßt. Er muß daher ſo viel moͤglich auf der Oberflaͤche erhalten werden, und er iſt am wirkſamſten geweſen, wenn man ihn nicht unterpfluͤgte, fondern in der Zeit, wo das Land zu Graſe lag, obenauf ſtreuete, wodurch auch zugleich der Graswuchs, wie durch einen kraͤftigen Duͤnger, vermehrt und ver- Auffahrung des Sandes.

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft02_1810/285>, abgerufen am 28.03.2024.