Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Torf.
der Meinung ist, man könne Torf erzeugen und pflanzen, wenn man diese Pflanze nur an
einer feuchten Stelle einheimisch mache. Vergl. Hermbstädts Archiv, Bd. 1. S. 420.

Die Umstände können sehr verschieden seyn, unter welchen der Torf entsteht.
Die Lage des Bodens gegen die rund umher liegenden Gegend, besonders gegen den
benachbarten Wasserspiegel und der hiervon abhängenden Feuchtigkeitszustand, dann
auch die Beschaffenheit der Pflanzen, woraus der Torf entsteht, und endlich die Be-
schaffenheit des Untergrundes können an verschiedenen Orten sehr von einander abwei-
chen, und hierdurch wird wohl die mannigfaltige Verschiedenheit hervorgebracht, die
wir am Torfe bemerken. Wir finden den Torf an deni einen Orte, wo alles der
schnellern Verwesung günstig war, als eine homogene, schwere und schwarze Masse.
An anderen, wo die Verwesung nur langsam vor sich gehen konnte, als eine lose
leichte Masse, in der man noch sehr viele Fasern von unzerstörten Pflanzen findet, oder
die fast ganz aus solchen bestehet. Zuweilen hat sich auch wirklich Erdharz, durch ei-
nen besonderen noch nicht genugsam bekannten Verwesungsprozeß darin erzeugt.
Es giebt noch viele andere Abweichungen bei dem Torfe, die mehr oder weniger in
die Augen fallend sind, und zum Theil sich nur bei einer genauern Analyse zeigen.
Der Torf selbst ist in einem und demselben Lager verschieden. Oben findet man ge-
meiniglich einen losen fasrigen Torf, weiter unten ist er weniger fasrig, und je tiefer
man kommt, je kompakter, fester, schwerer und schwarzer wird die Masse. Dies
läßt sich leicht erklären. Der Torf entsteht nicht auf einmal, sondern nach und nach
bildet sich eine Lage über die andere. Erst wenn eine Generation von Pflanzen abge-
storben ist, wächst auf ihren Rückbleibseln eine neue, und so erhebt sich allmählig
das ganze Lager, die unten liegenden Schichten haben also ein höheres Alter, wie
die obern, und in ihnen ist die Verwesung schon weiter vorgerückt. Da diese nun,
je weiter sie geht, die Rückbleibsel der Pflanzentheile immer in einen mehr kohlenarti-
gen Zustand versetzt, so werden auch die untern Schichten mehr zerstört, schwärzer
und kohlenartiger seyn.

Wie sich der
Torf vom Hu-
mus unter-
scheidet.
Der Torf kommt dem Humus um so mehr gleich, je stärker die Pflanzenfasern
darin zersetzt sind. Nur ist er von dem Humus, der sich auf dem Acker, in Wäldern
und an andern Stellen erzeugt, verschieden, weil er unter andern Bedingungen ent-
steht. Der Humus, welcher durch die Verwesung vegetabilischer Körper sonst ent-
steht, ist keiner so anhaltenden Feuchtigkeit ausgesetzt, wie der Torf. Auch wirken

Der Torf.
der Meinung iſt, man koͤnne Torf erzeugen und pflanzen, wenn man dieſe Pflanze nur an
einer feuchten Stelle einheimiſch mache. Vergl. Hermbſtaͤdts Archiv, Bd. 1. S. 420.

Die Umſtaͤnde koͤnnen ſehr verſchieden ſeyn, unter welchen der Torf entſteht.
Die Lage des Bodens gegen die rund umher liegenden Gegend, beſonders gegen den
benachbarten Waſſerſpiegel und der hiervon abhaͤngenden Feuchtigkeitszuſtand, dann
auch die Beſchaffenheit der Pflanzen, woraus der Torf entſteht, und endlich die Be-
ſchaffenheit des Untergrundes koͤnnen an verſchiedenen Orten ſehr von einander abwei-
chen, und hierdurch wird wohl die mannigfaltige Verſchiedenheit hervorgebracht, die
wir am Torfe bemerken. Wir finden den Torf an deni einen Orte, wo alles der
ſchnellern Verweſung guͤnſtig war, als eine homogene, ſchwere und ſchwarze Maſſe.
An anderen, wo die Verweſung nur langſam vor ſich gehen konnte, als eine loſe
leichte Maſſe, in der man noch ſehr viele Faſern von unzerſtoͤrten Pflanzen findet, oder
die faſt ganz aus ſolchen beſtehet. Zuweilen hat ſich auch wirklich Erdharz, durch ei-
nen beſonderen noch nicht genugſam bekannten Verweſungsprozeß darin erzeugt.
Es giebt noch viele andere Abweichungen bei dem Torfe, die mehr oder weniger in
die Augen fallend ſind, und zum Theil ſich nur bei einer genauern Analyſe zeigen.
Der Torf ſelbſt iſt in einem und demſelben Lager verſchieden. Oben findet man ge-
meiniglich einen loſen faſrigen Torf, weiter unten iſt er weniger faſrig, und je tiefer
man kommt, je kompakter, feſter, ſchwerer und ſchwarzer wird die Maſſe. Dies
laͤßt ſich leicht erklaͤren. Der Torf entſteht nicht auf einmal, ſondern nach und nach
bildet ſich eine Lage uͤber die andere. Erſt wenn eine Generation von Pflanzen abge-
ſtorben iſt, waͤchſt auf ihren Ruͤckbleibſeln eine neue, und ſo erhebt ſich allmaͤhlig
das ganze Lager, die unten liegenden Schichten haben alſo ein hoͤheres Alter, wie
die obern, und in ihnen iſt die Verweſung ſchon weiter vorgeruͤckt. Da dieſe nun,
je weiter ſie geht, die Ruͤckbleibſel der Pflanzentheile immer in einen mehr kohlenarti-
gen Zuſtand verſetzt, ſo werden auch die untern Schichten mehr zerſtoͤrt, ſchwaͤrzer
und kohlenartiger ſeyn.

Wie ſich der
Torf vom Hu-
mus unter-
ſcheidet.
Der Torf kommt dem Humus um ſo mehr gleich, je ſtaͤrker die Pflanzenfaſern
darin zerſetzt ſind. Nur iſt er von dem Humus, der ſich auf dem Acker, in Waͤldern
und an andern Stellen erzeugt, verſchieden, weil er unter andern Bedingungen ent-
ſteht. Der Humus, welcher durch die Verweſung vegetabiliſcher Koͤrper ſonſt ent-
ſteht, iſt keiner ſo anhaltenden Feuchtigkeit ausgeſetzt, wie der Torf. Auch wirken

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0162" n="118"/><fw place="top" type="header">Der Torf.</fw><lb/>
der Meinung i&#x017F;t, man ko&#x0364;nne Torf erzeugen und pflanzen, wenn man die&#x017F;e Pflanze nur an<lb/>
einer feuchten Stelle einheimi&#x017F;ch mache. Vergl. Hermb&#x017F;ta&#x0364;dts Archiv, Bd. 1. S. 420.</p><lb/>
            <p>Die Um&#x017F;ta&#x0364;nde ko&#x0364;nnen &#x017F;ehr ver&#x017F;chieden &#x017F;eyn, unter welchen der Torf ent&#x017F;teht.<lb/>
Die Lage des Bodens gegen die rund umher liegenden Gegend, be&#x017F;onders gegen den<lb/>
benachbarten Wa&#x017F;&#x017F;er&#x017F;piegel und der hiervon abha&#x0364;ngenden Feuchtigkeitszu&#x017F;tand, dann<lb/>
auch die Be&#x017F;chaffenheit der Pflanzen, woraus der Torf ent&#x017F;teht, und endlich die Be-<lb/>
&#x017F;chaffenheit des Untergrundes ko&#x0364;nnen an ver&#x017F;chiedenen Orten &#x017F;ehr von einander abwei-<lb/>
chen, und hierdurch wird wohl die mannigfaltige Ver&#x017F;chiedenheit hervorgebracht, die<lb/>
wir am Torfe bemerken. Wir finden den Torf an deni einen Orte, wo alles der<lb/>
&#x017F;chnellern Verwe&#x017F;ung gu&#x0364;n&#x017F;tig war, als eine homogene, &#x017F;chwere und &#x017F;chwarze Ma&#x017F;&#x017F;e.<lb/>
An anderen, wo die Verwe&#x017F;ung nur lang&#x017F;am vor &#x017F;ich gehen konnte, als eine lo&#x017F;e<lb/>
leichte Ma&#x017F;&#x017F;e, in der man noch &#x017F;ehr viele Fa&#x017F;ern von unzer&#x017F;to&#x0364;rten Pflanzen findet, oder<lb/>
die fa&#x017F;t ganz aus &#x017F;olchen be&#x017F;tehet. Zuweilen hat &#x017F;ich auch wirklich Erdharz, durch ei-<lb/>
nen be&#x017F;onderen noch nicht genug&#x017F;am bekannten Verwe&#x017F;ungsprozeß darin erzeugt.<lb/>
Es giebt noch viele andere Abweichungen bei dem Torfe, die mehr oder weniger in<lb/>
die Augen fallend &#x017F;ind, und zum Theil &#x017F;ich nur bei einer genauern Analy&#x017F;e zeigen.<lb/>
Der Torf &#x017F;elb&#x017F;t i&#x017F;t in einem und dem&#x017F;elben Lager ver&#x017F;chieden. Oben findet man ge-<lb/>
meiniglich einen lo&#x017F;en fa&#x017F;rigen Torf, weiter unten i&#x017F;t er weniger fa&#x017F;rig, und je tiefer<lb/>
man kommt, je kompakter, fe&#x017F;ter, &#x017F;chwerer und &#x017F;chwarzer wird die Ma&#x017F;&#x017F;e. Dies<lb/>
la&#x0364;ßt &#x017F;ich leicht erkla&#x0364;ren. Der Torf ent&#x017F;teht nicht <choice><sic>anf</sic><corr>auf</corr></choice> einmal, &#x017F;ondern nach und nach<lb/>
bildet &#x017F;ich eine Lage u&#x0364;ber die andere. Er&#x017F;t wenn eine Generation von Pflanzen abge-<lb/>
&#x017F;torben i&#x017F;t, wa&#x0364;ch&#x017F;t auf ihren Ru&#x0364;ckbleib&#x017F;eln eine neue, und &#x017F;o erhebt &#x017F;ich allma&#x0364;hlig<lb/>
das ganze Lager, die unten liegenden Schichten haben al&#x017F;o ein ho&#x0364;heres Alter, wie<lb/>
die obern, und in ihnen i&#x017F;t die Verwe&#x017F;ung &#x017F;chon weiter vorgeru&#x0364;ckt. Da die&#x017F;e nun,<lb/>
je weiter &#x017F;ie geht, die Ru&#x0364;ckbleib&#x017F;el der Pflanzentheile immer in einen mehr kohlenarti-<lb/>
gen Zu&#x017F;tand ver&#x017F;etzt, &#x017F;o werden auch die untern Schichten mehr zer&#x017F;to&#x0364;rt, &#x017F;chwa&#x0364;rzer<lb/>
und kohlenartiger &#x017F;eyn.</p><lb/>
            <p><note place="left">Wie &#x017F;ich der<lb/>
Torf vom Hu-<lb/>
mus unter-<lb/>
&#x017F;cheidet.</note>Der Torf kommt dem Humus um &#x017F;o mehr gleich, je &#x017F;ta&#x0364;rker die Pflanzenfa&#x017F;ern<lb/>
darin zer&#x017F;etzt &#x017F;ind. Nur i&#x017F;t er von dem Humus, der &#x017F;ich auf dem Acker, in Wa&#x0364;ldern<lb/>
und an andern Stellen erzeugt, ver&#x017F;chieden, weil er unter andern Bedingungen ent-<lb/>
&#x017F;teht. Der Humus, welcher durch die Verwe&#x017F;ung vegetabili&#x017F;cher Ko&#x0364;rper &#x017F;on&#x017F;t ent-<lb/>
&#x017F;teht, i&#x017F;t keiner &#x017F;o anhaltenden Feuchtigkeit ausge&#x017F;etzt, wie der Torf. Auch wirken<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[118/0162] Der Torf. der Meinung iſt, man koͤnne Torf erzeugen und pflanzen, wenn man dieſe Pflanze nur an einer feuchten Stelle einheimiſch mache. Vergl. Hermbſtaͤdts Archiv, Bd. 1. S. 420. Die Umſtaͤnde koͤnnen ſehr verſchieden ſeyn, unter welchen der Torf entſteht. Die Lage des Bodens gegen die rund umher liegenden Gegend, beſonders gegen den benachbarten Waſſerſpiegel und der hiervon abhaͤngenden Feuchtigkeitszuſtand, dann auch die Beſchaffenheit der Pflanzen, woraus der Torf entſteht, und endlich die Be- ſchaffenheit des Untergrundes koͤnnen an verſchiedenen Orten ſehr von einander abwei- chen, und hierdurch wird wohl die mannigfaltige Verſchiedenheit hervorgebracht, die wir am Torfe bemerken. Wir finden den Torf an deni einen Orte, wo alles der ſchnellern Verweſung guͤnſtig war, als eine homogene, ſchwere und ſchwarze Maſſe. An anderen, wo die Verweſung nur langſam vor ſich gehen konnte, als eine loſe leichte Maſſe, in der man noch ſehr viele Faſern von unzerſtoͤrten Pflanzen findet, oder die faſt ganz aus ſolchen beſtehet. Zuweilen hat ſich auch wirklich Erdharz, durch ei- nen beſonderen noch nicht genugſam bekannten Verweſungsprozeß darin erzeugt. Es giebt noch viele andere Abweichungen bei dem Torfe, die mehr oder weniger in die Augen fallend ſind, und zum Theil ſich nur bei einer genauern Analyſe zeigen. Der Torf ſelbſt iſt in einem und demſelben Lager verſchieden. Oben findet man ge- meiniglich einen loſen faſrigen Torf, weiter unten iſt er weniger faſrig, und je tiefer man kommt, je kompakter, feſter, ſchwerer und ſchwarzer wird die Maſſe. Dies laͤßt ſich leicht erklaͤren. Der Torf entſteht nicht auf einmal, ſondern nach und nach bildet ſich eine Lage uͤber die andere. Erſt wenn eine Generation von Pflanzen abge- ſtorben iſt, waͤchſt auf ihren Ruͤckbleibſeln eine neue, und ſo erhebt ſich allmaͤhlig das ganze Lager, die unten liegenden Schichten haben alſo ein hoͤheres Alter, wie die obern, und in ihnen iſt die Verweſung ſchon weiter vorgeruͤckt. Da dieſe nun, je weiter ſie geht, die Ruͤckbleibſel der Pflanzentheile immer in einen mehr kohlenarti- gen Zuſtand verſetzt, ſo werden auch die untern Schichten mehr zerſtoͤrt, ſchwaͤrzer und kohlenartiger ſeyn. Der Torf kommt dem Humus um ſo mehr gleich, je ſtaͤrker die Pflanzenfaſern darin zerſetzt ſind. Nur iſt er von dem Humus, der ſich auf dem Acker, in Waͤldern und an andern Stellen erzeugt, verſchieden, weil er unter andern Bedingungen ent- ſteht. Der Humus, welcher durch die Verweſung vegetabiliſcher Koͤrper ſonſt ent- ſteht, iſt keiner ſo anhaltenden Feuchtigkeit ausgeſetzt, wie der Torf. Auch wirken Wie ſich der Torf vom Hu- mus unter- ſcheidet.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft02_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft02_1810/162
Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft02_1810/162>, abgerufen am 20.04.2024.