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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810.

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Die Bodenarten.
Sömmerung mißlich. Er hatte übrigens hinlängliche Bindung, und eine sehr
angemessene wasserhaltende Kraft. Sonst sind 111/2 Prozent das Höchste gewesen,
was wir in thonigten Ackerboden, sogenanntem Klai- oder Marsch-Boden an
Humus gefunden haben. Wir haben aber auch denjenigen unerschöpflichen Bo-
den zu untersuchen keine Gelegenheit gehabt, der jährlich reifende Früchte ohne
alle Düngung tragen soll, und auf welchem man, wird er nur genugsam bearbei-
tet, durchaus keine Abnahme an Fruchtbarkeit zu verspüren versichert, auch welcher
durch aufgebrachten Dünger sich nur verschlechtert.

Er soll sich in der Ukraine, in Ungarn an den Niederungen der Theis und an
verschiedenen andern kleinen Stellen selbst in Deutschland finden. Denn obwohl
man verschiedene von uns untersuchte Bodenarten ehemals für unerschöpflich
hielt, nachdem sie dem Meere abgewonnen oder zuerst aus dem alten Rasen auf-
gebrochen worden, so hat sich doch in der Folge gezeigt, daß sie nach einer Reihe
von reifenden Saaten des Düngers bedürftig wurden, wenn man sie anders nicht
zu Grase und zur Weide niederlegte, und sie dadurch neue Kräfte gewinnen
ließ, oder aber sie durch unerschöpfte aus dem Untergrunde hervor geholte Erde
mittelst des Rajolens, Kuhlens, Wühlens oder Grabenauswurfs wieder
befruchtete. Es giebt nur noch wenige Gegenden, wo man des Düngers ganz
entbehren zu können glaubt, und dies sind solche, wo das Land mehr zu Vieh-
weiden als zum Kornbau benutzt wird.

Der reichste von uns untersuchte thonige Ackerboden, und dessen Fruchtbar-
keit für das Non plus ultra gehalten ward, war vom rechten Ufer der Elbe einige
Meilen von ihrem Ausflusse, und hielt wie gesagt 111/2 Prozent Humus mit
41/2 Prozent Kalk, und übrigens größtentheils Thon mit etwas grober aber ziem-
lich vieler feiner nur durch das Kochen abzutrennenden Kieselerde. Er war zwar
stark gebunden, aber bei mäßiger Feuchtigkeit nicht sehr zähe; er ward mit den
stärksten Früchten, Raps, Weizen, Wintergerste, Bohnen bestellt, verlangte
aber doch alle sechs Jahre zum Raps eine starke Mistdüngung und Brache.

Wir haben den Humus mit Thon gemengt in solchen angeschlemmten Niede-
rungsboden, die insbesondere bei einem zweckmäßigen Fruchtwechsel von der höch-
sten Fruchtbarkeit waren, in verschiedenen Gradationen gefunden. Ein Boden
aus dem Budjadinger Lande, welcher in der Gegend weit und breit für den frucht-

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Die Bodenarten.
Soͤmmerung mißlich. Er hatte uͤbrigens hinlaͤngliche Bindung, und eine ſehr
angemeſſene waſſerhaltende Kraft. Sonſt ſind 11½ Prozent das Hoͤchſte geweſen,
was wir in thonigten Ackerboden, ſogenanntem Klai- oder Marſch-Boden an
Humus gefunden haben. Wir haben aber auch denjenigen unerſchoͤpflichen Bo-
den zu unterſuchen keine Gelegenheit gehabt, der jaͤhrlich reifende Fruͤchte ohne
alle Duͤngung tragen ſoll, und auf welchem man, wird er nur genugſam bearbei-
tet, durchaus keine Abnahme an Fruchtbarkeit zu verſpuͤren verſichert, auch welcher
durch aufgebrachten Duͤnger ſich nur verſchlechtert.

Er ſoll ſich in der Ukraine, in Ungarn an den Niederungen der Theis und an
verſchiedenen andern kleinen Stellen ſelbſt in Deutſchland finden. Denn obwohl
man verſchiedene von uns unterſuchte Bodenarten ehemals fuͤr unerſchoͤpflich
hielt, nachdem ſie dem Meere abgewonnen oder zuerſt aus dem alten Raſen auf-
gebrochen worden, ſo hat ſich doch in der Folge gezeigt, daß ſie nach einer Reihe
von reifenden Saaten des Duͤngers beduͤrftig wurden, wenn man ſie anders nicht
zu Graſe und zur Weide niederlegte, und ſie dadurch neue Kraͤfte gewinnen
ließ, oder aber ſie durch unerſchoͤpfte aus dem Untergrunde hervor geholte Erde
mittelſt des Rajolens, Kuhlens, Wuͤhlens oder Grabenauswurfs wieder
befruchtete. Es giebt nur noch wenige Gegenden, wo man des Duͤngers ganz
entbehren zu koͤnnen glaubt, und dies ſind ſolche, wo das Land mehr zu Vieh-
weiden als zum Kornbau benutzt wird.

Der reichſte von uns unterſuchte thonige Ackerboden, und deſſen Fruchtbar-
keit fuͤr das Non plus ultra gehalten ward, war vom rechten Ufer der Elbe einige
Meilen von ihrem Ausfluſſe, und hielt wie geſagt 11½ Prozent Humus mit
4½ Prozent Kalk, und uͤbrigens groͤßtentheils Thon mit etwas grober aber ziem-
lich vieler feiner nur durch das Kochen abzutrennenden Kieſelerde. Er war zwar
ſtark gebunden, aber bei maͤßiger Feuchtigkeit nicht ſehr zaͤhe; er ward mit den
ſtaͤrkſten Fruͤchten, Raps, Weizen, Wintergerſte, Bohnen beſtellt, verlangte
aber doch alle ſechs Jahre zum Raps eine ſtarke Miſtduͤngung und Brache.

Wir haben den Humus mit Thon gemengt in ſolchen angeſchlemmten Niede-
rungsboden, die insbeſondere bei einem zweckmaͤßigen Fruchtwechſel von der hoͤch-
ſten Fruchtbarkeit waren, in verſchiedenen Gradationen gefunden. Ein Boden
aus dem Budjadinger Lande, welcher in der Gegend weit und breit fuͤr den frucht-

Q 2
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[123/0167] Die Bodenarten. Soͤmmerung mißlich. Er hatte uͤbrigens hinlaͤngliche Bindung, und eine ſehr angemeſſene waſſerhaltende Kraft. Sonſt ſind 11½ Prozent das Hoͤchſte geweſen, was wir in thonigten Ackerboden, ſogenanntem Klai- oder Marſch-Boden an Humus gefunden haben. Wir haben aber auch denjenigen unerſchoͤpflichen Bo- den zu unterſuchen keine Gelegenheit gehabt, der jaͤhrlich reifende Fruͤchte ohne alle Duͤngung tragen ſoll, und auf welchem man, wird er nur genugſam bearbei- tet, durchaus keine Abnahme an Fruchtbarkeit zu verſpuͤren verſichert, auch welcher durch aufgebrachten Duͤnger ſich nur verſchlechtert. Er ſoll ſich in der Ukraine, in Ungarn an den Niederungen der Theis und an verſchiedenen andern kleinen Stellen ſelbſt in Deutſchland finden. Denn obwohl man verſchiedene von uns unterſuchte Bodenarten ehemals fuͤr unerſchoͤpflich hielt, nachdem ſie dem Meere abgewonnen oder zuerſt aus dem alten Raſen auf- gebrochen worden, ſo hat ſich doch in der Folge gezeigt, daß ſie nach einer Reihe von reifenden Saaten des Duͤngers beduͤrftig wurden, wenn man ſie anders nicht zu Graſe und zur Weide niederlegte, und ſie dadurch neue Kraͤfte gewinnen ließ, oder aber ſie durch unerſchoͤpfte aus dem Untergrunde hervor geholte Erde mittelſt des Rajolens, Kuhlens, Wuͤhlens oder Grabenauswurfs wieder befruchtete. Es giebt nur noch wenige Gegenden, wo man des Duͤngers ganz entbehren zu koͤnnen glaubt, und dies ſind ſolche, wo das Land mehr zu Vieh- weiden als zum Kornbau benutzt wird. Der reichſte von uns unterſuchte thonige Ackerboden, und deſſen Fruchtbar- keit fuͤr das Non plus ultra gehalten ward, war vom rechten Ufer der Elbe einige Meilen von ihrem Ausfluſſe, und hielt wie geſagt 11½ Prozent Humus mit 4½ Prozent Kalk, und uͤbrigens groͤßtentheils Thon mit etwas grober aber ziem- lich vieler feiner nur durch das Kochen abzutrennenden Kieſelerde. Er war zwar ſtark gebunden, aber bei maͤßiger Feuchtigkeit nicht ſehr zaͤhe; er ward mit den ſtaͤrkſten Fruͤchten, Raps, Weizen, Wintergerſte, Bohnen beſtellt, verlangte aber doch alle ſechs Jahre zum Raps eine ſtarke Miſtduͤngung und Brache. Wir haben den Humus mit Thon gemengt in ſolchen angeſchlemmten Niede- rungsboden, die insbeſondere bei einem zweckmaͤßigen Fruchtwechſel von der hoͤch- ſten Fruchtbarkeit waren, in verſchiedenen Gradationen gefunden. Ein Boden aus dem Budjadinger Lande, welcher in der Gegend weit und breit fuͤr den frucht- Q 2

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft02_1810/167>, abgerufen am 28.03.2024.