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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810.

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Die Bodenarten.
Erdbodens, wo diese hervorkommen. Die durch solche Lokalerhitzungen im Unter-
grunde herrührende Wärme des Bodens gehört zu den Seltenheiten.

Man bemerkt aber häufig eine Verschiedenheit in der Temperatur des Bodens,
schon vermittelst des frühern oder spätern Erweichens des Eises und Schnees, auch
des schnellern Gefrierens der Oberfläche an einer Stelle vor der andern, ohne daß die
Lage des Feldes dabei in Betracht kommen konnte; welches in Ansehung des Pflü-
gens im Spätherbste und im Frühjahre einen sehr merklichen Unterschied macht.
Man hat auch bereits einige genauere Beobachtungen mit dem Thermometer darüber
angestellt, die aber noch nicht häufig genug wiederholt sind, um bestimmtere Resul-
tate, und in Ansehung der Ursachen dieser verschiedenen Temperatur mehr, wie das
Folgende, zu ergeben.

Die Temperatur des Bodens hängt zuvörderst augenscheinlich von seinem Feuch-
tigkeitszustande ab. Der feuchte Boden ist im Durchschnitt kälter, thauet später
auf, gefriert leichter, und erlangt die zur Vegetation erforderliche Wärme schwerer.
Man nennt deshalb einen solchen Boden naßkalt; den trocknen Boden warm, und
den dürren hitzig. Dies rührt unverkennbar daher, weil durch die Verdunstung des
Wassers eine Menge freien Wärmestoffs consumirt, dem Erdboden also entzo-
gen wird.

Ferner finden wir aber auch bei Boden von gleicher Feuchtigkeit nicht selten
dennoch eine Verschiedenheit der Temperatur. Ein mit vieler Dammerde, unzergan-
genem Mist und faulenden Substanzen angefüllter Boden hat einen höheren Wärme-
grad. Er thauet auf seiner Oberfläche früher auf, und verzehrt seinen Schnee
schnell, so daß der gemeine Landmann zu sagen pflegt: dieser Boden fresse den
Schnee. Hier rührt die Wärme ohne Zweifel von den chemischen Zersetzungen her,
die darin vorgehen, wobei fast immer Wärmestoff frei wird. Und so ist es auch
buchstäblich wahr, wenn man sagt: der Mist erwärme den Boden. Er thut dies
theils mechanisch, indem er ihn lockert, und somit trockner macht, theils chemisch,
indem er zersetzt wird.

Dann verspürt man, daß der kalkhaltige Boden wärmer sey, weil er diese che-
mischen Zersetzungen beschleunigt, und die stärkste Wechselwirkung auf den Mist
und den Humus äußert.


Die Bodenarten.
Erdbodens, wo dieſe hervorkommen. Die durch ſolche Lokalerhitzungen im Unter-
grunde herruͤhrende Waͤrme des Bodens gehoͤrt zu den Seltenheiten.

Man bemerkt aber haͤufig eine Verſchiedenheit in der Temperatur des Bodens,
ſchon vermittelſt des fruͤhern oder ſpaͤtern Erweichens des Eiſes und Schnees, auch
des ſchnellern Gefrierens der Oberflaͤche an einer Stelle vor der andern, ohne daß die
Lage des Feldes dabei in Betracht kommen konnte; welches in Anſehung des Pfluͤ-
gens im Spaͤtherbſte und im Fruͤhjahre einen ſehr merklichen Unterſchied macht.
Man hat auch bereits einige genauere Beobachtungen mit dem Thermometer daruͤber
angeſtellt, die aber noch nicht haͤufig genug wiederholt ſind, um beſtimmtere Reſul-
tate, und in Anſehung der Urſachen dieſer verſchiedenen Temperatur mehr, wie das
Folgende, zu ergeben.

Die Temperatur des Bodens haͤngt zuvoͤrderſt augenſcheinlich von ſeinem Feuch-
tigkeitszuſtande ab. Der feuchte Boden iſt im Durchſchnitt kaͤlter, thauet ſpaͤter
auf, gefriert leichter, und erlangt die zur Vegetation erforderliche Waͤrme ſchwerer.
Man nennt deshalb einen ſolchen Boden naßkalt; den trocknen Boden warm, und
den duͤrren hitzig. Dies ruͤhrt unverkennbar daher, weil durch die Verdunſtung des
Waſſers eine Menge freien Waͤrmeſtoffs conſumirt, dem Erdboden alſo entzo-
gen wird.

Ferner finden wir aber auch bei Boden von gleicher Feuchtigkeit nicht ſelten
dennoch eine Verſchiedenheit der Temperatur. Ein mit vieler Dammerde, unzergan-
genem Miſt und faulenden Subſtanzen angefuͤllter Boden hat einen hoͤheren Waͤrme-
grad. Er thauet auf ſeiner Oberflaͤche fruͤher auf, und verzehrt ſeinen Schnee
ſchnell, ſo daß der gemeine Landmann zu ſagen pflegt: dieſer Boden freſſe den
Schnee. Hier ruͤhrt die Waͤrme ohne Zweifel von den chemiſchen Zerſetzungen her,
die darin vorgehen, wobei faſt immer Waͤrmeſtoff frei wird. Und ſo iſt es auch
buchſtaͤblich wahr, wenn man ſagt: der Miſt erwaͤrme den Boden. Er thut dies
theils mechaniſch, indem er ihn lockert, und ſomit trockner macht, theils chemiſch,
indem er zerſetzt wird.

Dann verſpuͤrt man, daß der kalkhaltige Boden waͤrmer ſey, weil er dieſe che-
miſchen Zerſetzungen beſchleunigt, und die ſtaͤrkſte Wechſelwirkung auf den Miſt
und den Humus aͤußert.


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[151/0199] Die Bodenarten. Erdbodens, wo dieſe hervorkommen. Die durch ſolche Lokalerhitzungen im Unter- grunde herruͤhrende Waͤrme des Bodens gehoͤrt zu den Seltenheiten. Man bemerkt aber haͤufig eine Verſchiedenheit in der Temperatur des Bodens, ſchon vermittelſt des fruͤhern oder ſpaͤtern Erweichens des Eiſes und Schnees, auch des ſchnellern Gefrierens der Oberflaͤche an einer Stelle vor der andern, ohne daß die Lage des Feldes dabei in Betracht kommen konnte; welches in Anſehung des Pfluͤ- gens im Spaͤtherbſte und im Fruͤhjahre einen ſehr merklichen Unterſchied macht. Man hat auch bereits einige genauere Beobachtungen mit dem Thermometer daruͤber angeſtellt, die aber noch nicht haͤufig genug wiederholt ſind, um beſtimmtere Reſul- tate, und in Anſehung der Urſachen dieſer verſchiedenen Temperatur mehr, wie das Folgende, zu ergeben. Die Temperatur des Bodens haͤngt zuvoͤrderſt augenſcheinlich von ſeinem Feuch- tigkeitszuſtande ab. Der feuchte Boden iſt im Durchſchnitt kaͤlter, thauet ſpaͤter auf, gefriert leichter, und erlangt die zur Vegetation erforderliche Waͤrme ſchwerer. Man nennt deshalb einen ſolchen Boden naßkalt; den trocknen Boden warm, und den duͤrren hitzig. Dies ruͤhrt unverkennbar daher, weil durch die Verdunſtung des Waſſers eine Menge freien Waͤrmeſtoffs conſumirt, dem Erdboden alſo entzo- gen wird. Ferner finden wir aber auch bei Boden von gleicher Feuchtigkeit nicht ſelten dennoch eine Verſchiedenheit der Temperatur. Ein mit vieler Dammerde, unzergan- genem Miſt und faulenden Subſtanzen angefuͤllter Boden hat einen hoͤheren Waͤrme- grad. Er thauet auf ſeiner Oberflaͤche fruͤher auf, und verzehrt ſeinen Schnee ſchnell, ſo daß der gemeine Landmann zu ſagen pflegt: dieſer Boden freſſe den Schnee. Hier ruͤhrt die Waͤrme ohne Zweifel von den chemiſchen Zerſetzungen her, die darin vorgehen, wobei faſt immer Waͤrmeſtoff frei wird. Und ſo iſt es auch buchſtaͤblich wahr, wenn man ſagt: der Miſt erwaͤrme den Boden. Er thut dies theils mechaniſch, indem er ihn lockert, und ſomit trockner macht, theils chemiſch, indem er zerſetzt wird. Dann verſpuͤrt man, daß der kalkhaltige Boden waͤrmer ſey, weil er dieſe che- miſchen Zerſetzungen beſchleunigt, und die ſtaͤrkſte Wechſelwirkung auf den Miſt und den Humus aͤußert.

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft02_1810/199>, abgerufen am 25.04.2024.