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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810.

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Düngung im Allgemeinen.

Einige Düngerarten scheinen das eine oder das andere entweder einzig oder
doch hauptsächlich nur zu thun, andere hingegen beides zugleich zu bewirken.

Wir sagen im Allgemeinen: der Dünger mache fruchtbar; und manchem
scheint diese Bestimmung seiner Wirkung zu genügen. Es ist aber nicht bloß für
die Theorie, sondern auch für die Praxis von großer Wichtigkeit zu unterscheiden,
auf welche Weise jedes Düngungsmittel es thue, und unter welchen Umständen
dasselbe Düngungsmittel mehr auf die eine oder die andere Art wirke. Nur bei
genauer Erwägung dieses Unterschiedes werden wir uns manche widersprechend
scheinende Erfahrungen erklären, und die unter verschiedenen Umständen zu wäh-
lenden Maßregeln bei der Anwendung der verschiedenen Düngungsmittel richtig
treffen können.

Nicht unschicklich vergleichen die Engländer den Dünger ersterer Art mit den
eigentlichen Nahrungsmitteln, den zweiter Art mit Salz und Gewürz oder aufrei-
zenden Getränken.

§. 3.

Vegetabili-
scher und ani-
malischer
Moder.
Alle in Fänlniß oder in Verwesung übergegangene organische Substanzen ent-
halten die Materie zur Hervorbringung und Vollendung aller und jeder angebauter
Vegetabilien. Je nachdem wir die Keime der einen oder der andern Pflanze durch
Samen oder Wurzeln mit ihnen in gehörige Verbindung bringen, erwächst daraus
diejenige Pflanze, deren Form von der plastischen Natur in dieselben gelegt war.
Der Moder enthält die Nahrung für alle; doch ist es immer höchst wahrscheinlich,
daß diese Nahrung quantitativisch, oder in Ansehung des Verhältnisses der Ur-
stoffe nicht völlig gleich sey, und daß Moder gewisser Art oder gewisser Verbin-
dung den Wachsthum der einen Pflanze mehr wie der andern befördere.

§. 4.

Der vegetabilische Moder scheint fast allein als Nahrungsmittel für die Pflan-
zen zu wirken, und nur wenig zur Aufschließung der schon im Boden befindlichen,
aber unauflöslich gewordenen, von ihm selbst zurückgebliebenen Theile, so wie
auch nicht viel zur Lebensthätigkeit der Pflanzenwurzeln beizutragen. Der thie-
rische Moder hingegen thut beides, führt nicht allein alle zur Pflanzennahrung er-
forderliche Stoffe, und selbst einige, die der vegetabilische wenig besitzt -- Azot,

Duͤngung im Allgemeinen.

Einige Duͤngerarten ſcheinen das eine oder das andere entweder einzig oder
doch hauptſaͤchlich nur zu thun, andere hingegen beides zugleich zu bewirken.

Wir ſagen im Allgemeinen: der Duͤnger mache fruchtbar; und manchem
ſcheint dieſe Beſtimmung ſeiner Wirkung zu genuͤgen. Es iſt aber nicht bloß fuͤr
die Theorie, ſondern auch fuͤr die Praxis von großer Wichtigkeit zu unterſcheiden,
auf welche Weiſe jedes Duͤngungsmittel es thue, und unter welchen Umſtaͤnden
daſſelbe Duͤngungsmittel mehr auf die eine oder die andere Art wirke. Nur bei
genauer Erwaͤgung dieſes Unterſchiedes werden wir uns manche widerſprechend
ſcheinende Erfahrungen erklaͤren, und die unter verſchiedenen Umſtaͤnden zu waͤh-
lenden Maßregeln bei der Anwendung der verſchiedenen Duͤngungsmittel richtig
treffen koͤnnen.

Nicht unſchicklich vergleichen die Englaͤnder den Duͤnger erſterer Art mit den
eigentlichen Nahrungsmitteln, den zweiter Art mit Salz und Gewuͤrz oder aufrei-
zenden Getraͤnken.

§. 3.

Vegetabili-
ſcher und ani-
maliſcher
Moder.
Alle in Faͤnlniß oder in Verweſung uͤbergegangene organiſche Subſtanzen ent-
halten die Materie zur Hervorbringung und Vollendung aller und jeder angebauter
Vegetabilien. Je nachdem wir die Keime der einen oder der andern Pflanze durch
Samen oder Wurzeln mit ihnen in gehoͤrige Verbindung bringen, erwaͤchſt daraus
diejenige Pflanze, deren Form von der plaſtiſchen Natur in dieſelben gelegt war.
Der Moder enthaͤlt die Nahrung fuͤr alle; doch iſt es immer hoͤchſt wahrſcheinlich,
daß dieſe Nahrung quantitativiſch, oder in Anſehung des Verhaͤltniſſes der Ur-
ſtoffe nicht voͤllig gleich ſey, und daß Moder gewiſſer Art oder gewiſſer Verbin-
dung den Wachsthum der einen Pflanze mehr wie der andern befoͤrdere.

§. 4.

Der vegetabiliſche Moder ſcheint faſt allein als Nahrungsmittel fuͤr die Pflan-
zen zu wirken, und nur wenig zur Aufſchließung der ſchon im Boden befindlichen,
aber unaufloͤslich gewordenen, von ihm ſelbſt zuruͤckgebliebenen Theile, ſo wie
auch nicht viel zur Lebensthaͤtigkeit der Pflanzenwurzeln beizutragen. Der thie-
riſche Moder hingegen thut beides, fuͤhrt nicht allein alle zur Pflanzennahrung er-
forderliche Stoffe, und ſelbſt einige, die der vegetabiliſche wenig beſitzt — Azot,

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[174/0222] Duͤngung im Allgemeinen. Einige Duͤngerarten ſcheinen das eine oder das andere entweder einzig oder doch hauptſaͤchlich nur zu thun, andere hingegen beides zugleich zu bewirken. Wir ſagen im Allgemeinen: der Duͤnger mache fruchtbar; und manchem ſcheint dieſe Beſtimmung ſeiner Wirkung zu genuͤgen. Es iſt aber nicht bloß fuͤr die Theorie, ſondern auch fuͤr die Praxis von großer Wichtigkeit zu unterſcheiden, auf welche Weiſe jedes Duͤngungsmittel es thue, und unter welchen Umſtaͤnden daſſelbe Duͤngungsmittel mehr auf die eine oder die andere Art wirke. Nur bei genauer Erwaͤgung dieſes Unterſchiedes werden wir uns manche widerſprechend ſcheinende Erfahrungen erklaͤren, und die unter verſchiedenen Umſtaͤnden zu waͤh- lenden Maßregeln bei der Anwendung der verſchiedenen Duͤngungsmittel richtig treffen koͤnnen. Nicht unſchicklich vergleichen die Englaͤnder den Duͤnger erſterer Art mit den eigentlichen Nahrungsmitteln, den zweiter Art mit Salz und Gewuͤrz oder aufrei- zenden Getraͤnken. §. 3. Alle in Faͤnlniß oder in Verweſung uͤbergegangene organiſche Subſtanzen ent- halten die Materie zur Hervorbringung und Vollendung aller und jeder angebauter Vegetabilien. Je nachdem wir die Keime der einen oder der andern Pflanze durch Samen oder Wurzeln mit ihnen in gehoͤrige Verbindung bringen, erwaͤchſt daraus diejenige Pflanze, deren Form von der plaſtiſchen Natur in dieſelben gelegt war. Der Moder enthaͤlt die Nahrung fuͤr alle; doch iſt es immer hoͤchſt wahrſcheinlich, daß dieſe Nahrung quantitativiſch, oder in Anſehung des Verhaͤltniſſes der Ur- ſtoffe nicht voͤllig gleich ſey, und daß Moder gewiſſer Art oder gewiſſer Verbin- dung den Wachsthum der einen Pflanze mehr wie der andern befoͤrdere. Vegetabili- ſcher und ani- maliſcher Moder. §. 4. Der vegetabiliſche Moder ſcheint faſt allein als Nahrungsmittel fuͤr die Pflan- zen zu wirken, und nur wenig zur Aufſchließung der ſchon im Boden befindlichen, aber unaufloͤslich gewordenen, von ihm ſelbſt zuruͤckgebliebenen Theile, ſo wie auch nicht viel zur Lebensthaͤtigkeit der Pflanzenwurzeln beizutragen. Der thie- riſche Moder hingegen thut beides, fuͤhrt nicht allein alle zur Pflanzennahrung er- forderliche Stoffe, und ſelbſt einige, die der vegetabiliſche wenig beſitzt — Azot,

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft02_1810/222>, abgerufen am 28.03.2024.