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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810.

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Die Mistdüngung.
durch den thierischen Körper durchgegangenen Stroh eine stärkere und schnellere
Tendenz zur Fäulniß zu geben. Aber ungleich kräftiger ist derjenige Mist von
Thieren, welche durch nahrhaftes, Stärkemehl, Kleber-, Eiweis-, Schleim-
und Zuckerstoff enthaltendes Futter in einen Feistigkeitszustand versetzt und erhal-
ten werden, und die dann ungleich mehrere animalische Theile abstoßen und aus-
werfen; indem sie solche von den angezogenen nahrhaften Stoffen täglich wieder
ersetzen. Dagegen enthält ihr Auswurf weniger vegetabilische Träber und unzer-
setzbare Faser. Daher der auffallende Unterschied zwischen dem Miste des Mast-
viehes jeder Art, und dem, der von magerm und kümmerlich durchwinternten
fällt. Jenem können in Verhältniß seiner Quantität bei weitem mehr Einstreu-
ungsmittel zugesetzt werden, ohne den gleichmäßigen Uebergang in Fäulniß zu sehr
zurückzuhalten und zu verhindern.

§. 10.

Urin.Mit den thierischen Abgängen aus dem Darmkanal vermengt sich in der Re-
gel der abgehende Urin. Diese Flüssigkeit, welche zwar größtentheils aus
Wasser besteht, enthält jedoch sehr viele und ungemein wirksame Theile, einen
eigenthümlichen Stoff und verschiedene phosphorsaure Salze, besonders aber Am-
monium. Man hat den abgedunsteten Urin, so wie die aus ihm gezogenen Salze
in kleinen Quantitäten, die Vegetation ungemein befördernd gefunden. Dr.
Belcher in den Communications to the board of Agriculture hat aber die
Bemerkung gemacht, daß die Pflanzen davon leicht überreizt und getödtet wür-
den, welches letztere er aber auch einem besondern, häufig darnach erzeugten klei-
nem gelben Insekte beimißt. Nach der Summe der Erfahrungen scheinen diese
höchst wirksamen Theile am meisten zur Benutzung zu kommen, wenn sie mit den
Exkrementen der Gedärme vermittelst schicklicher Auffangungsmittel gemengt und
vereinigt werden, da sie dann zu einer erwünschten Zersetzung derselben, und Her-
vorbringung neuer Verbindungen vermuthlich vieles beitragen.

§. 11.

Stallmist.Der gewöhnliche Mist besteht also aus diesen vermengten Auswürfen mit
vegetabilischen Einstreuungsmitteln, in der Regel mit Stroh, versetzt, und diese
zusammengesetzte Masse verstehen wir gewöhnlich unter dem Ausdruck Stallmist.
Wir betrachten diese Masse zuerst in dieser Zusammensetzung.


Die Miſtduͤngung.
durch den thieriſchen Koͤrper durchgegangenen Stroh eine ſtaͤrkere und ſchnellere
Tendenz zur Faͤulniß zu geben. Aber ungleich kraͤftiger iſt derjenige Miſt von
Thieren, welche durch nahrhaftes, Staͤrkemehl, Kleber-, Eiweis-, Schleim-
und Zuckerſtoff enthaltendes Futter in einen Feiſtigkeitszuſtand verſetzt und erhal-
ten werden, und die dann ungleich mehrere animaliſche Theile abſtoßen und aus-
werfen; indem ſie ſolche von den angezogenen nahrhaften Stoffen taͤglich wieder
erſetzen. Dagegen enthaͤlt ihr Auswurf weniger vegetabiliſche Traͤber und unzer-
ſetzbare Faſer. Daher der auffallende Unterſchied zwiſchen dem Miſte des Maſt-
viehes jeder Art, und dem, der von magerm und kuͤmmerlich durchwinternten
faͤllt. Jenem koͤnnen in Verhaͤltniß ſeiner Quantitaͤt bei weitem mehr Einſtreu-
ungsmittel zugeſetzt werden, ohne den gleichmaͤßigen Uebergang in Faͤulniß zu ſehr
zuruͤckzuhalten und zu verhindern.

§. 10.

Urin.Mit den thieriſchen Abgaͤngen aus dem Darmkanal vermengt ſich in der Re-
gel der abgehende Urin. Dieſe Fluͤſſigkeit, welche zwar groͤßtentheils aus
Waſſer beſteht, enthaͤlt jedoch ſehr viele und ungemein wirkſame Theile, einen
eigenthuͤmlichen Stoff und verſchiedene phosphorſaure Salze, beſonders aber Am-
monium. Man hat den abgedunſteten Urin, ſo wie die aus ihm gezogenen Salze
in kleinen Quantitaͤten, die Vegetation ungemein befoͤrdernd gefunden. Dr.
Belcher in den Communications to the board of Agriculture hat aber die
Bemerkung gemacht, daß die Pflanzen davon leicht uͤberreizt und getoͤdtet wuͤr-
den, welches letztere er aber auch einem beſondern, haͤufig darnach erzeugten klei-
nem gelben Inſekte beimißt. Nach der Summe der Erfahrungen ſcheinen dieſe
hoͤchſt wirkſamen Theile am meiſten zur Benutzung zu kommen, wenn ſie mit den
Exkrementen der Gedaͤrme vermittelſt ſchicklicher Auffangungsmittel gemengt und
vereinigt werden, da ſie dann zu einer erwuͤnſchten Zerſetzung derſelben, und Her-
vorbringung neuer Verbindungen vermuthlich vieles beitragen.

§. 11.

Stallmiſt.Der gewoͤhnliche Miſt beſteht alſo aus dieſen vermengten Auswuͤrfen mit
vegetabiliſchen Einſtreuungsmitteln, in der Regel mit Stroh, verſetzt, und dieſe
zuſammengeſetzte Maſſe verſtehen wir gewoͤhnlich unter dem Ausdruck Stallmiſt.
Wir betrachten dieſe Maſſe zuerſt in dieſer Zuſammenſetzung.


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[178/0226] Die Miſtduͤngung. durch den thieriſchen Koͤrper durchgegangenen Stroh eine ſtaͤrkere und ſchnellere Tendenz zur Faͤulniß zu geben. Aber ungleich kraͤftiger iſt derjenige Miſt von Thieren, welche durch nahrhaftes, Staͤrkemehl, Kleber-, Eiweis-, Schleim- und Zuckerſtoff enthaltendes Futter in einen Feiſtigkeitszuſtand verſetzt und erhal- ten werden, und die dann ungleich mehrere animaliſche Theile abſtoßen und aus- werfen; indem ſie ſolche von den angezogenen nahrhaften Stoffen taͤglich wieder erſetzen. Dagegen enthaͤlt ihr Auswurf weniger vegetabiliſche Traͤber und unzer- ſetzbare Faſer. Daher der auffallende Unterſchied zwiſchen dem Miſte des Maſt- viehes jeder Art, und dem, der von magerm und kuͤmmerlich durchwinternten faͤllt. Jenem koͤnnen in Verhaͤltniß ſeiner Quantitaͤt bei weitem mehr Einſtreu- ungsmittel zugeſetzt werden, ohne den gleichmaͤßigen Uebergang in Faͤulniß zu ſehr zuruͤckzuhalten und zu verhindern. §. 10. Mit den thieriſchen Abgaͤngen aus dem Darmkanal vermengt ſich in der Re- gel der abgehende Urin. Dieſe Fluͤſſigkeit, welche zwar groͤßtentheils aus Waſſer beſteht, enthaͤlt jedoch ſehr viele und ungemein wirkſame Theile, einen eigenthuͤmlichen Stoff und verſchiedene phosphorſaure Salze, beſonders aber Am- monium. Man hat den abgedunſteten Urin, ſo wie die aus ihm gezogenen Salze in kleinen Quantitaͤten, die Vegetation ungemein befoͤrdernd gefunden. Dr. Belcher in den Communications to the board of Agriculture hat aber die Bemerkung gemacht, daß die Pflanzen davon leicht uͤberreizt und getoͤdtet wuͤr- den, welches letztere er aber auch einem beſondern, haͤufig darnach erzeugten klei- nem gelben Inſekte beimißt. Nach der Summe der Erfahrungen ſcheinen dieſe hoͤchſt wirkſamen Theile am meiſten zur Benutzung zu kommen, wenn ſie mit den Exkrementen der Gedaͤrme vermittelſt ſchicklicher Auffangungsmittel gemengt und vereinigt werden, da ſie dann zu einer erwuͤnſchten Zerſetzung derſelben, und Her- vorbringung neuer Verbindungen vermuthlich vieles beitragen. Urin. §. 11. Der gewoͤhnliche Miſt beſteht alſo aus dieſen vermengten Auswuͤrfen mit vegetabiliſchen Einſtreuungsmitteln, in der Regel mit Stroh, verſetzt, und dieſe zuſammengeſetzte Maſſe verſtehen wir gewoͤhnlich unter dem Ausdruck Stallmiſt. Wir betrachten dieſe Maſſe zuerſt in dieſer Zuſammenſetzung. Stallmiſt.

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft02_1810/226>, abgerufen am 28.03.2024.