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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810.

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Die Mistdüngung.

Gegen das Unterpflügen des Mistes mit einer frühern als der vorletzten Furche
haben einige ein Vorurtheil und meinen, er werde hier seine Kraft auf den Austrieb
des Unkrauts unnütz und schädlich verschwenden. Allein der stärkere Austrieb des
Unkrauts, den er wirklich bewirkt, weit entfernt, schädlich zu seyn, ist vielmehr
höchst vortheilhaft, indem die Unkrautssamen und Wurzeln nicht nur um so mehr
dadurch zerstört werden, sondern auch das jung untergepflügte Kraut die Kraft des
Düngers und des Ackers offenbar vermehrt. Jede aufmerksame Beobachtung wider-
legt dieses Vorurtheil, welches nur von einem oder dem andern nachgesprochen wird.

§. 27.

Eine zweckmäßige Vertheilung des Mistes ist in einer Wirthschaft von so gro-Vertheilung
des Mistes
auf den ver-
schiedenen

Feldern.

ßer Wichtigkeit, daß sie eine angestrengte Aufmerksamkeit und vollkommene Um-
sicht verlangt.

Man findet häufig gegen zu starke Düngung oder Ueberdüngung gewarnt, und
es ist gewiß, daß eine solche insbesondere den Getreidesaaten leicht nachtheilig werden
könne, indem sie Lagerkorn giebt, und die Beispiele sind nicht selten, wo man, um
eine ausgezeichnete Saat auf einem Acker zu haben, sehr wenig erntete. Es giebt
ein Maximum der Dungkraft, besonders der frischen, dem man nahe kommen muß,
um das möglich Höchste zu gewinnen, welches man aber nicht überschreiten darf,
wenn man sich nicht einem großen Verluste ausfetzen will. Dieser Grad aber läßt sich
nicht bestimmt angeben. Wir wissen, daß er nach der Bodenart verschieden ist, und
daß thoniger feuchter Acker eine stärkere Düngung verlange und ertrage, wie der san-
dige und kalkige warme Boden. Allein es kömmt auch auf die Zufälligkeit der Wit-
terung an. Wenn diese ausgezeichnet fruchtbar ist, so kann schon eine Düngung,
die bei gewöhnlicher Witterung völlig gerecht gewesen wäre, eine zu große Geilheit
des Getreides und einen Rückschlag in der Ernte bewirken. In solchen Jahren be-
merkt man daher, daß der Unterschied des Ertrages in kraftlosen und kraftvollen
Wirthschaften minder erheblich ist, als in gewöhnlichen oder unfruchtbarern Jahren.
Wenn man unmittelbar zu Getreide düngt, so ist es daher rathsam, an demjenigen,
was man auf diesem Boden als Maximum annehmen kann, etwas fehlen zu lassen.

Man entgeht aber in Wirthschaften, die sich zu einem hohen Düngerstand erho-
ben haben, -- denn in anderen ist es nicht zu besorgen -- dieser Gefahr der Ueber-
düngung am sichersten, wenn man nicht zu Getreide, sondern zu solchen Früchten den

Die Miſtduͤngung.

Gegen das Unterpfluͤgen des Miſtes mit einer fruͤhern als der vorletzten Furche
haben einige ein Vorurtheil und meinen, er werde hier ſeine Kraft auf den Austrieb
des Unkrauts unnuͤtz und ſchaͤdlich verſchwenden. Allein der ſtaͤrkere Austrieb des
Unkrauts, den er wirklich bewirkt, weit entfernt, ſchaͤdlich zu ſeyn, iſt vielmehr
hoͤchſt vortheilhaft, indem die Unkrautsſamen und Wurzeln nicht nur um ſo mehr
dadurch zerſtoͤrt werden, ſondern auch das jung untergepfluͤgte Kraut die Kraft des
Duͤngers und des Ackers offenbar vermehrt. Jede aufmerkſame Beobachtung wider-
legt dieſes Vorurtheil, welches nur von einem oder dem andern nachgeſprochen wird.

§. 27.

Eine zweckmaͤßige Vertheilung des Miſtes iſt in einer Wirthſchaft von ſo gro-Vertheilung
des Miſtes
auf den ver-
ſchiedenen

Feldern.

ßer Wichtigkeit, daß ſie eine angeſtrengte Aufmerkſamkeit und vollkommene Um-
ſicht verlangt.

Man findet haͤufig gegen zu ſtarke Duͤngung oder Ueberduͤngung gewarnt, und
es iſt gewiß, daß eine ſolche insbeſondere den Getreideſaaten leicht nachtheilig werden
koͤnne, indem ſie Lagerkorn giebt, und die Beiſpiele ſind nicht ſelten, wo man, um
eine ausgezeichnete Saat auf einem Acker zu haben, ſehr wenig erntete. Es giebt
ein Maximum der Dungkraft, beſonders der friſchen, dem man nahe kommen muß,
um das moͤglich Hoͤchſte zu gewinnen, welches man aber nicht uͤberſchreiten darf,
wenn man ſich nicht einem großen Verluſte ausfetzen will. Dieſer Grad aber laͤßt ſich
nicht beſtimmt angeben. Wir wiſſen, daß er nach der Bodenart verſchieden iſt, und
daß thoniger feuchter Acker eine ſtaͤrkere Duͤngung verlange und ertrage, wie der ſan-
dige und kalkige warme Boden. Allein es koͤmmt auch auf die Zufaͤlligkeit der Wit-
terung an. Wenn dieſe ausgezeichnet fruchtbar iſt, ſo kann ſchon eine Duͤngung,
die bei gewoͤhnlicher Witterung voͤllig gerecht geweſen waͤre, eine zu große Geilheit
des Getreides und einen Ruͤckſchlag in der Ernte bewirken. In ſolchen Jahren be-
merkt man daher, daß der Unterſchied des Ertrages in kraftloſen und kraftvollen
Wirthſchaften minder erheblich iſt, als in gewoͤhnlichen oder unfruchtbarern Jahren.
Wenn man unmittelbar zu Getreide duͤngt, ſo iſt es daher rathſam, an demjenigen,
was man auf dieſem Boden als Maximum annehmen kann, etwas fehlen zu laſſen.

Man entgeht aber in Wirthſchaften, die ſich zu einem hohen Duͤngerſtand erho-
ben haben, — denn in anderen iſt es nicht zu beſorgen — dieſer Gefahr der Ueber-
duͤngung am ſicherſten, wenn man nicht zu Getreide, ſondern zu ſolchen Fruͤchten den

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[199/0247] Die Miſtduͤngung. Gegen das Unterpfluͤgen des Miſtes mit einer fruͤhern als der vorletzten Furche haben einige ein Vorurtheil und meinen, er werde hier ſeine Kraft auf den Austrieb des Unkrauts unnuͤtz und ſchaͤdlich verſchwenden. Allein der ſtaͤrkere Austrieb des Unkrauts, den er wirklich bewirkt, weit entfernt, ſchaͤdlich zu ſeyn, iſt vielmehr hoͤchſt vortheilhaft, indem die Unkrautsſamen und Wurzeln nicht nur um ſo mehr dadurch zerſtoͤrt werden, ſondern auch das jung untergepfluͤgte Kraut die Kraft des Duͤngers und des Ackers offenbar vermehrt. Jede aufmerkſame Beobachtung wider- legt dieſes Vorurtheil, welches nur von einem oder dem andern nachgeſprochen wird. §. 27. Eine zweckmaͤßige Vertheilung des Miſtes iſt in einer Wirthſchaft von ſo gro- ßer Wichtigkeit, daß ſie eine angeſtrengte Aufmerkſamkeit und vollkommene Um- ſicht verlangt. Vertheilung des Miſtes auf den ver- ſchiedenen Feldern. Man findet haͤufig gegen zu ſtarke Duͤngung oder Ueberduͤngung gewarnt, und es iſt gewiß, daß eine ſolche insbeſondere den Getreideſaaten leicht nachtheilig werden koͤnne, indem ſie Lagerkorn giebt, und die Beiſpiele ſind nicht ſelten, wo man, um eine ausgezeichnete Saat auf einem Acker zu haben, ſehr wenig erntete. Es giebt ein Maximum der Dungkraft, beſonders der friſchen, dem man nahe kommen muß, um das moͤglich Hoͤchſte zu gewinnen, welches man aber nicht uͤberſchreiten darf, wenn man ſich nicht einem großen Verluſte ausfetzen will. Dieſer Grad aber laͤßt ſich nicht beſtimmt angeben. Wir wiſſen, daß er nach der Bodenart verſchieden iſt, und daß thoniger feuchter Acker eine ſtaͤrkere Duͤngung verlange und ertrage, wie der ſan- dige und kalkige warme Boden. Allein es koͤmmt auch auf die Zufaͤlligkeit der Wit- terung an. Wenn dieſe ausgezeichnet fruchtbar iſt, ſo kann ſchon eine Duͤngung, die bei gewoͤhnlicher Witterung voͤllig gerecht geweſen waͤre, eine zu große Geilheit des Getreides und einen Ruͤckſchlag in der Ernte bewirken. In ſolchen Jahren be- merkt man daher, daß der Unterſchied des Ertrages in kraftloſen und kraftvollen Wirthſchaften minder erheblich iſt, als in gewoͤhnlichen oder unfruchtbarern Jahren. Wenn man unmittelbar zu Getreide duͤngt, ſo iſt es daher rathſam, an demjenigen, was man auf dieſem Boden als Maximum annehmen kann, etwas fehlen zu laſſen. Man entgeht aber in Wirthſchaften, die ſich zu einem hohen Duͤngerſtand erho- ben haben, — denn in anderen iſt es nicht zu beſorgen — dieſer Gefahr der Ueber- duͤngung am ſicherſten, wenn man nicht zu Getreide, ſondern zu ſolchen Fruͤchten den

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft02_1810/247>, abgerufen am 25.04.2024.