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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810.

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Die Mistdüngung.
Dünger unterbringt, denen ein sehr starker Trieb nie schädlich wird. Kohl, die mei-
sten Wurzelgewächse (Kartoffeln können doch allerdings überdüngt werden) ge-
drillte Bohnen, Mays, Rapssaat, grün abzumähende Wicken können nicht über-
düngt werden. Sie nehmen von der ersten Geilheit des Mistes so viel weg, daß das
darauf folgende Getreide nicht darunter leidet. Der Mist wird wenigstens kälter oder
minder aktiv, verliert das überflüssige Hydrogen und Azot, wenn gleich wenig von sei-
nem Kohlenstoffe.

Weit häufiger aber sind die Fälle, wo man nur für eine solche Vertheilung des
Mistes zu sorgen hat, daß alle Aecker, die dessen bedürstig sind, das Minimum oder
das Nothdürftigste erhalten. Unter diesen Umständen giebt man nun gemeiniglich die
Regel, daß man nur dahin trachten müsse, die Hauptfelder, welche die Basis der
ganzen Wirthschaft ausmachen, oder auf welche man sich in Ansehung des Korn- und
Strohgewinnes am sichersten verlassen könne, vollständig auszudüngen, wenn gleich
die minder wichtigen darüber ungedüngt blieben. Die Anwendung dieser Regel fin-
det freilich nur zu oft statt, und sie darf nicht zu sehr eingeschränkt werden. Auf der
andern Seite aber muß man sie auch nicht zu weit ausdehnen, wie es häufig geschieht,
indem man den Hauptfeldern mehr giebt, als sie nothwendig gebrauchen, und den
übrigen dagegen alles entziehen muß. Man wird freilich in vielen Fällen von einer
angegebenen Quantität Mist einen größeren unmittelbaren Gewinn haben, wenn
man ihn in etwas größerer Quantität auf guten Acker bringt, als wenn man ihm die-
sen zum Theil entzieht und auf schlechteren Acker fährt. Allein in der Folge wird
der letztere durch Entziehung des Mistes nun so schlecht, daß sein Rückschlag gegen
das, was er bei einiger Düngung würde abgetragen haben, doch im Ganzen nicht
durch den höheren Ertrag des guten Bodens ersetzt wird. Wer also auf die allge-
meine Krafterhaltung in seiner Feldflur Rücksicht nimmt, und weiter hinaus auf den
künftigen Zustand seines Gutes und auf künftige Ernten sieht, wird jenen Grundsatz:
nur für die Düngung der bessern Felder zu sorgen, und die schlechtern zu vernachlässi-
gen, nicht so weit ausdehnen, als der auf einen kurzen Termin sich beschränkende
Zeitpächter. Wenn man ein heruntergekommenes Gut in Kraft setzen will, so wird
man vielleicht genöthigt seyn, den bessern und noch nicht erschöpften Feldern vorerst
etwas von dem Dünger zu entziehen, den sie sonst erhielten, und dieses den Fel-
dern, die man wieder heben will, zukommen zu lassen. Man muß jene dann

schonender

Die Miſtduͤngung.
Duͤnger unterbringt, denen ein ſehr ſtarker Trieb nie ſchaͤdlich wird. Kohl, die mei-
ſten Wurzelgewaͤchſe (Kartoffeln koͤnnen doch allerdings uͤberduͤngt werden) ge-
drillte Bohnen, Mays, Rapsſaat, gruͤn abzumaͤhende Wicken koͤnnen nicht uͤber-
duͤngt werden. Sie nehmen von der erſten Geilheit des Miſtes ſo viel weg, daß das
darauf folgende Getreide nicht darunter leidet. Der Miſt wird wenigſtens kaͤlter oder
minder aktiv, verliert das uͤberfluͤſſige Hydrogen und Azot, wenn gleich wenig von ſei-
nem Kohlenſtoffe.

Weit haͤufiger aber ſind die Faͤlle, wo man nur fuͤr eine ſolche Vertheilung des
Miſtes zu ſorgen hat, daß alle Aecker, die deſſen beduͤrſtig ſind, das Minimum oder
das Nothduͤrftigſte erhalten. Unter dieſen Umſtaͤnden giebt man nun gemeiniglich die
Regel, daß man nur dahin trachten muͤſſe, die Hauptfelder, welche die Baſis der
ganzen Wirthſchaft ausmachen, oder auf welche man ſich in Anſehung des Korn- und
Strohgewinnes am ſicherſten verlaſſen koͤnne, vollſtaͤndig auszuduͤngen, wenn gleich
die minder wichtigen daruͤber ungeduͤngt blieben. Die Anwendung dieſer Regel fin-
det freilich nur zu oft ſtatt, und ſie darf nicht zu ſehr eingeſchraͤnkt werden. Auf der
andern Seite aber muß man ſie auch nicht zu weit ausdehnen, wie es haͤufig geſchieht,
indem man den Hauptfeldern mehr giebt, als ſie nothwendig gebrauchen, und den
uͤbrigen dagegen alles entziehen muß. Man wird freilich in vielen Faͤllen von einer
angegebenen Quantitaͤt Miſt einen groͤßeren unmittelbaren Gewinn haben, wenn
man ihn in etwas groͤßerer Quantitaͤt auf guten Acker bringt, als wenn man ihm die-
ſen zum Theil entzieht und auf ſchlechteren Acker faͤhrt. Allein in der Folge wird
der letztere durch Entziehung des Miſtes nun ſo ſchlecht, daß ſein Ruͤckſchlag gegen
das, was er bei einiger Duͤngung wuͤrde abgetragen haben, doch im Ganzen nicht
durch den hoͤheren Ertrag des guten Bodens erſetzt wird. Wer alſo auf die allge-
meine Krafterhaltung in ſeiner Feldflur Ruͤckſicht nimmt, und weiter hinaus auf den
kuͤnftigen Zuſtand ſeines Gutes und auf kuͤnftige Ernten ſieht, wird jenen Grundſatz:
nur fuͤr die Duͤngung der beſſern Felder zu ſorgen, und die ſchlechtern zu vernachlaͤſſi-
gen, nicht ſo weit ausdehnen, als der auf einen kurzen Termin ſich beſchraͤnkende
Zeitpaͤchter. Wenn man ein heruntergekommenes Gut in Kraft ſetzen will, ſo wird
man vielleicht genoͤthigt ſeyn, den beſſern und noch nicht erſchoͤpften Feldern vorerſt
etwas von dem Duͤnger zu entziehen, den ſie ſonſt erhielten, und dieſes den Fel-
dern, die man wieder heben will, zukommen zu laſſen. Man muß jene dann

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[200/0248] Die Miſtduͤngung. Duͤnger unterbringt, denen ein ſehr ſtarker Trieb nie ſchaͤdlich wird. Kohl, die mei- ſten Wurzelgewaͤchſe (Kartoffeln koͤnnen doch allerdings uͤberduͤngt werden) ge- drillte Bohnen, Mays, Rapsſaat, gruͤn abzumaͤhende Wicken koͤnnen nicht uͤber- duͤngt werden. Sie nehmen von der erſten Geilheit des Miſtes ſo viel weg, daß das darauf folgende Getreide nicht darunter leidet. Der Miſt wird wenigſtens kaͤlter oder minder aktiv, verliert das uͤberfluͤſſige Hydrogen und Azot, wenn gleich wenig von ſei- nem Kohlenſtoffe. Weit haͤufiger aber ſind die Faͤlle, wo man nur fuͤr eine ſolche Vertheilung des Miſtes zu ſorgen hat, daß alle Aecker, die deſſen beduͤrſtig ſind, das Minimum oder das Nothduͤrftigſte erhalten. Unter dieſen Umſtaͤnden giebt man nun gemeiniglich die Regel, daß man nur dahin trachten muͤſſe, die Hauptfelder, welche die Baſis der ganzen Wirthſchaft ausmachen, oder auf welche man ſich in Anſehung des Korn- und Strohgewinnes am ſicherſten verlaſſen koͤnne, vollſtaͤndig auszuduͤngen, wenn gleich die minder wichtigen daruͤber ungeduͤngt blieben. Die Anwendung dieſer Regel fin- det freilich nur zu oft ſtatt, und ſie darf nicht zu ſehr eingeſchraͤnkt werden. Auf der andern Seite aber muß man ſie auch nicht zu weit ausdehnen, wie es haͤufig geſchieht, indem man den Hauptfeldern mehr giebt, als ſie nothwendig gebrauchen, und den uͤbrigen dagegen alles entziehen muß. Man wird freilich in vielen Faͤllen von einer angegebenen Quantitaͤt Miſt einen groͤßeren unmittelbaren Gewinn haben, wenn man ihn in etwas groͤßerer Quantitaͤt auf guten Acker bringt, als wenn man ihm die- ſen zum Theil entzieht und auf ſchlechteren Acker faͤhrt. Allein in der Folge wird der letztere durch Entziehung des Miſtes nun ſo ſchlecht, daß ſein Ruͤckſchlag gegen das, was er bei einiger Duͤngung wuͤrde abgetragen haben, doch im Ganzen nicht durch den hoͤheren Ertrag des guten Bodens erſetzt wird. Wer alſo auf die allge- meine Krafterhaltung in ſeiner Feldflur Ruͤckſicht nimmt, und weiter hinaus auf den kuͤnftigen Zuſtand ſeines Gutes und auf kuͤnftige Ernten ſieht, wird jenen Grundſatz: nur fuͤr die Duͤngung der beſſern Felder zu ſorgen, und die ſchlechtern zu vernachlaͤſſi- gen, nicht ſo weit ausdehnen, als der auf einen kurzen Termin ſich beſchraͤnkende Zeitpaͤchter. Wenn man ein heruntergekommenes Gut in Kraft ſetzen will, ſo wird man vielleicht genoͤthigt ſeyn, den beſſern und noch nicht erſchoͤpften Feldern vorerſt etwas von dem Duͤnger zu entziehen, den ſie ſonſt erhielten, und dieſes den Fel- dern, die man wieder heben will, zukommen zu laſſen. Man muß jene dann ſchonender

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft02_1810/248>, abgerufen am 24.04.2024.