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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810.

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Bemerkungen.
trag der Ernten bestimmt, wird wohl kein aufmerksamer Beobachter leugnen.
Daher die Gleichmäßigkeit der Ernten im Durchschnitt einer Reihe von Jahren,
die man seit Jahrtausenden beobachtet hat. Daher nach einer sehr reichen Win-
terungsernte höchstens eine mittelmäßige der Sömmerung, und nach einer unge-
wöhnlichen Sömmerung zwei Jahre darauf selten eine vorzügliche Winterung bei
der Dreifelderwirthschaft. So entsteht der Wechsel überreicher und kärglicher
Ernten, indem jene, durch die Jahreswitterung begünstigt, aus dem Boden über
die Gebühr ausziehen; diese dagegen, von der Witterung zurückgehalten, dem
Boden mehr hinterlassen, als sie ihrer Natur nach thun sollten. Eine aufmerk-
same Beobachtung dieses Naturgesetzes könnte uns zu Maaßregeln leiten, die uns
gerade in den Jahren eine gute Ernte sichern, wo der gewöhnliche Wirthschafts-
gang eine schlechte erzielt, indem wir auf dieses die volle Kraft aufsparen, welche
selbst den ungünstigen Einfluß der Witterung überwindet. So kann dann wirk-
lich ein schlechtes Jahr für einen ausgezeichneten Landwirth höchst vortheilhaft
werden, und so sagt es auch dem allgemeinen Besten in dieser Hinsicht zu, daß
ein gleiches Feldsystem ferner nicht allgemein herrsche.

Da die Verstärkung der Bodenkraft durch zweierlei Mittel erreicht werden
kann 1) durch stärkere Düngung, 2) durch Verschonung mit reifenden Früchten;
so muß es jeder nach seiner individuellen Lage berechnen, welches von beiden,
oder in welchem Verhältnisse er beide Mittel anwenden könne. Wenn man erst
dahin gelangt ist, daß man das Material zur stärkeren Düngung selbst produzirt,
so giebt ersteres ohne Zweifel den höheren Ertrag; bevor man jenes aber thun
kann, wird man letzteres mit größerem Erfolge, als erzwungene Hülfsmittel, die
in der Regel nicht nachhaltend seyn können, anwenden.

Da diese Lehre nun wichtig genug scheint um eine klare Ansicht davon zu ge-
ben, und alle Mißverständnisse zu vermeiden, so will ich als Exempel noch eine
Berechnung des Kraftgewinns und Verlustes der S. 12. u. f. tabellarisch dar-
gestellten Wirthschaften beifügen. Für die Einsaat will ich nur 1 Scheffel per
Morgen annehmen, und von dem dort angegebenen Totalertrage abziehen, um
nach den Körnern die ausgezogene Kraft zu berechnen.


Bemerkungen.
trag der Ernten beſtimmt, wird wohl kein aufmerkſamer Beobachter leugnen.
Daher die Gleichmaͤßigkeit der Ernten im Durchſchnitt einer Reihe von Jahren,
die man ſeit Jahrtauſenden beobachtet hat. Daher nach einer ſehr reichen Win-
terungsernte hoͤchſtens eine mittelmaͤßige der Soͤmmerung, und nach einer unge-
woͤhnlichen Soͤmmerung zwei Jahre darauf ſelten eine vorzuͤgliche Winterung bei
der Dreifelderwirthſchaft. So entſteht der Wechſel uͤberreicher und kaͤrglicher
Ernten, indem jene, durch die Jahreswitterung beguͤnſtigt, aus dem Boden uͤber
die Gebuͤhr ausziehen; dieſe dagegen, von der Witterung zuruͤckgehalten, dem
Boden mehr hinterlaſſen, als ſie ihrer Natur nach thun ſollten. Eine aufmerk-
ſame Beobachtung dieſes Naturgeſetzes koͤnnte uns zu Maaßregeln leiten, die uns
gerade in den Jahren eine gute Ernte ſichern, wo der gewoͤhnliche Wirthſchafts-
gang eine ſchlechte erzielt, indem wir auf dieſes die volle Kraft aufſparen, welche
ſelbſt den unguͤnſtigen Einfluß der Witterung uͤberwindet. So kann dann wirk-
lich ein ſchlechtes Jahr fuͤr einen ausgezeichneten Landwirth hoͤchſt vortheilhaft
werden, und ſo ſagt es auch dem allgemeinen Beſten in dieſer Hinſicht zu, daß
ein gleiches Feldſyſtem ferner nicht allgemein herrſche.

Da die Verſtaͤrkung der Bodenkraft durch zweierlei Mittel erreicht werden
kann 1) durch ſtaͤrkere Duͤngung, 2) durch Verſchonung mit reifenden Fruͤchten;
ſo muß es jeder nach ſeiner individuellen Lage berechnen, welches von beiden,
oder in welchem Verhaͤltniſſe er beide Mittel anwenden koͤnne. Wenn man erſt
dahin gelangt iſt, daß man das Material zur ſtaͤrkeren Duͤngung ſelbſt produzirt,
ſo giebt erſteres ohne Zweifel den hoͤheren Ertrag; bevor man jenes aber thun
kann, wird man letzteres mit groͤßerem Erfolge, als erzwungene Huͤlfsmittel, die
in der Regel nicht nachhaltend ſeyn koͤnnen, anwenden.

Da dieſe Lehre nun wichtig genug ſcheint um eine klare Anſicht davon zu ge-
ben, und alle Mißverſtaͤndniſſe zu vermeiden, ſo will ich als Exempel noch eine
Berechnung des Kraftgewinns und Verluſtes der S. 12. u. f. tabellariſch dar-
geſtellten Wirthſchaften beifuͤgen. Fuͤr die Einſaat will ich nur 1 Scheffel per
Morgen annehmen, und von dem dort angegebenen Totalertrage abziehen, um
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[XXII/0028] Bemerkungen. trag der Ernten beſtimmt, wird wohl kein aufmerkſamer Beobachter leugnen. Daher die Gleichmaͤßigkeit der Ernten im Durchſchnitt einer Reihe von Jahren, die man ſeit Jahrtauſenden beobachtet hat. Daher nach einer ſehr reichen Win- terungsernte hoͤchſtens eine mittelmaͤßige der Soͤmmerung, und nach einer unge- woͤhnlichen Soͤmmerung zwei Jahre darauf ſelten eine vorzuͤgliche Winterung bei der Dreifelderwirthſchaft. So entſteht der Wechſel uͤberreicher und kaͤrglicher Ernten, indem jene, durch die Jahreswitterung beguͤnſtigt, aus dem Boden uͤber die Gebuͤhr ausziehen; dieſe dagegen, von der Witterung zuruͤckgehalten, dem Boden mehr hinterlaſſen, als ſie ihrer Natur nach thun ſollten. Eine aufmerk- ſame Beobachtung dieſes Naturgeſetzes koͤnnte uns zu Maaßregeln leiten, die uns gerade in den Jahren eine gute Ernte ſichern, wo der gewoͤhnliche Wirthſchafts- gang eine ſchlechte erzielt, indem wir auf dieſes die volle Kraft aufſparen, welche ſelbſt den unguͤnſtigen Einfluß der Witterung uͤberwindet. So kann dann wirk- lich ein ſchlechtes Jahr fuͤr einen ausgezeichneten Landwirth hoͤchſt vortheilhaft werden, und ſo ſagt es auch dem allgemeinen Beſten in dieſer Hinſicht zu, daß ein gleiches Feldſyſtem ferner nicht allgemein herrſche. Da die Verſtaͤrkung der Bodenkraft durch zweierlei Mittel erreicht werden kann 1) durch ſtaͤrkere Duͤngung, 2) durch Verſchonung mit reifenden Fruͤchten; ſo muß es jeder nach ſeiner individuellen Lage berechnen, welches von beiden, oder in welchem Verhaͤltniſſe er beide Mittel anwenden koͤnne. Wenn man erſt dahin gelangt iſt, daß man das Material zur ſtaͤrkeren Duͤngung ſelbſt produzirt, ſo giebt erſteres ohne Zweifel den hoͤheren Ertrag; bevor man jenes aber thun kann, wird man letzteres mit groͤßerem Erfolge, als erzwungene Huͤlfsmittel, die in der Regel nicht nachhaltend ſeyn koͤnnen, anwenden. Da dieſe Lehre nun wichtig genug ſcheint um eine klare Anſicht davon zu ge- ben, und alle Mißverſtaͤndniſſe zu vermeiden, ſo will ich als Exempel noch eine Berechnung des Kraftgewinns und Verluſtes der S. 12. u. f. tabellariſch dar- geſtellten Wirthſchaften beifuͤgen. Fuͤr die Einſaat will ich nur 1 Scheffel per Morgen annehmen, und von dem dort angegebenen Totalertrage abziehen, um nach den Koͤrnern die ausgezogene Kraft zu berechnen.

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810, S. XXII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft02_1810/28>, abgerufen am 28.03.2024.