Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite

Mineralische Düngungsmittel.
flach geworden. Dies ist nämlich in den Gegenden geschehen, wo der Kalk wohl-
feil ist, und man also verschwenderisch damit umging.

§. 57.

Die Quantität des aufzuführenden Kalks wird sehr verschieden angegeben.Quantität der
Kalkdüngung.

Das Geringste, was man mit Nutzen aufgebracht hat, sind 16 Scheffel per Mor-
gen gewesen; aber ich finde auch Angaben, besonders bei den Engländern, von
150 Scheffeln auf den Morgen, insbesondere bei neu urbar gemachtem Lande.
Es kommt dabei 1) auf die Qualität des Kalks an, ob er nämlich ziemlich rein
oder mit vielem Thon oder Sand vermengt sey, auch wenn man ihm dem Volu-
men nach mißt, ob er compakter oder loser sey. Ferner auf die Art des Bodens,
indem der gebundene thonige Boden und der viele unzersetzte Pflanzentheile ent-
haltende, moorige, aber trocken gelegte -- denn auf feuchtem Boden thut der
Kalk durchaus keine gute Wirkung -- eine sehr starke Kalkung mit Vortheil ertra-
gen kann, der mehr sandige aber einer geringern bedarf. Endlich ist unter der
Kalkdüngung, die nur einmal unternommen werden, und derjenigen, die regulär
abwechselnd mit der Mistdüngung wiederkommen soll, ein Unterschied zu machen.
Jene nimmt man nur vor, um dem Acker auf einmal eine radikale Verbesserung,
welche man sich vom Kalk unter schon angegebenen Bedingungen versprechen
kann, zu geben; diese, um ihn fortdauernd in Fruchtbarkeit zu erhalten. Jene
Kalkung muß sehr stark, diese darf nur schwach seyn, und muß mit der Mistdün-
gung im Verhältnisse stehen; denn man pflegt im letzteren Falle alle drei oder sechs
Jahre mit Mist und Kalkdüngung abzuwechseln. Es giebt allerdings aber auch
Gegenden, wo man drei bis vier Mal nach einander alle drei Jahre die Brache
kalket, bevor man eine Mistdüngung giebt; wobei dann freilich der Acker aufs
äußerste erschöpft worden ist.

§. 58.

Ueber die Vortheile und Nachtheile der Kalkdüngung findet man die auffal-Widersprüche
über Kalkdün-
gung.

lendsten Widersprüche, aus welchen man ohne den Leitfaden einer richtigen Theo-
rie sich gar nicht, mit demselben aber sehr leicht herauswickeln kann. Der Kalk,
besonders der frisch gebrannte, giebt durch sein Anziehen oder Wiederabgeben der
Kohlensäure den Pflanzen allerdings wohl einige wirkliche Nahrung, allein sie ist
von keiner großen Bedeutung, und seine Hauptwirkung besteht darin, daß er den

H h 2

Mineraliſche Duͤngungsmittel.
flach geworden. Dies iſt naͤmlich in den Gegenden geſchehen, wo der Kalk wohl-
feil iſt, und man alſo verſchwenderiſch damit umging.

§. 57.

Die Quantitaͤt des aufzufuͤhrenden Kalks wird ſehr verſchieden angegeben.Quantitaͤt der
Kalkduͤngung.

Das Geringſte, was man mit Nutzen aufgebracht hat, ſind 16 Scheffel per Mor-
gen geweſen; aber ich finde auch Angaben, beſonders bei den Englaͤndern, von
150 Scheffeln auf den Morgen, insbeſondere bei neu urbar gemachtem Lande.
Es kommt dabei 1) auf die Qualitaͤt des Kalks an, ob er naͤmlich ziemlich rein
oder mit vielem Thon oder Sand vermengt ſey, auch wenn man ihm dem Volu-
men nach mißt, ob er compakter oder loſer ſey. Ferner auf die Art des Bodens,
indem der gebundene thonige Boden und der viele unzerſetzte Pflanzentheile ent-
haltende, moorige, aber trocken gelegte — denn auf feuchtem Boden thut der
Kalk durchaus keine gute Wirkung — eine ſehr ſtarke Kalkung mit Vortheil ertra-
gen kann, der mehr ſandige aber einer geringern bedarf. Endlich iſt unter der
Kalkduͤngung, die nur einmal unternommen werden, und derjenigen, die regulaͤr
abwechſelnd mit der Miſtduͤngung wiederkommen ſoll, ein Unterſchied zu machen.
Jene nimmt man nur vor, um dem Acker auf einmal eine radikale Verbeſſerung,
welche man ſich vom Kalk unter ſchon angegebenen Bedingungen verſprechen
kann, zu geben; dieſe, um ihn fortdauernd in Fruchtbarkeit zu erhalten. Jene
Kalkung muß ſehr ſtark, dieſe darf nur ſchwach ſeyn, und muß mit der Miſtduͤn-
gung im Verhaͤltniſſe ſtehen; denn man pflegt im letzteren Falle alle drei oder ſechs
Jahre mit Miſt und Kalkduͤngung abzuwechſeln. Es giebt allerdings aber auch
Gegenden, wo man drei bis vier Mal nach einander alle drei Jahre die Brache
kalket, bevor man eine Miſtduͤngung giebt; wobei dann freilich der Acker aufs
aͤußerſte erſchoͤpft worden iſt.

§. 58.

Ueber die Vortheile und Nachtheile der Kalkduͤngung findet man die auffal-Widerſpruͤche
uͤber Kalkduͤn-
gung.

lendſten Widerſpruͤche, aus welchen man ohne den Leitfaden einer richtigen Theo-
rie ſich gar nicht, mit demſelben aber ſehr leicht herauswickeln kann. Der Kalk,
beſonders der friſch gebrannte, giebt durch ſein Anziehen oder Wiederabgeben der
Kohlenſaͤure den Pflanzen allerdings wohl einige wirkliche Nahrung, allein ſie iſt
von keiner großen Bedeutung, und ſeine Hauptwirkung beſteht darin, daß er den

H h 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0291" n="243"/><fw place="top" type="header">Minerali&#x017F;che Du&#x0364;ngungsmittel.</fw><lb/>
flach geworden. Dies i&#x017F;t na&#x0364;mlich in den Gegenden ge&#x017F;chehen, wo der Kalk wohl-<lb/>
feil i&#x017F;t, und man al&#x017F;o ver&#x017F;chwenderi&#x017F;ch damit umging.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 57.</head><lb/>
            <p>Die Quantita&#x0364;t des aufzufu&#x0364;hrenden Kalks wird &#x017F;ehr ver&#x017F;chieden angegeben.<note place="right">Quantita&#x0364;t der<lb/>
Kalkdu&#x0364;ngung.</note><lb/>
Das Gering&#x017F;te, was man mit Nutzen aufgebracht hat, &#x017F;ind 16 Scheffel <hi rendition="#aq">per</hi> Mor-<lb/>
gen gewe&#x017F;en; aber ich finde auch Angaben, be&#x017F;onders bei den Engla&#x0364;ndern, von<lb/>
150 Scheffeln auf den Morgen, insbe&#x017F;ondere bei neu urbar gemachtem Lande.<lb/>
Es kommt dabei 1) auf die Qualita&#x0364;t des Kalks an, ob er na&#x0364;mlich ziemlich rein<lb/>
oder mit vielem Thon oder Sand vermengt &#x017F;ey, auch wenn man ihm dem Volu-<lb/>
men nach mißt, ob er compakter oder lo&#x017F;er &#x017F;ey. Ferner auf die Art des Bodens,<lb/>
indem der gebundene thonige Boden und der viele unzer&#x017F;etzte Pflanzentheile ent-<lb/>
haltende, moorige, aber trocken gelegte &#x2014; denn auf feuchtem Boden thut der<lb/>
Kalk durchaus keine gute Wirkung &#x2014; eine &#x017F;ehr &#x017F;tarke Kalkung mit Vortheil ertra-<lb/>
gen kann, der mehr &#x017F;andige aber einer geringern bedarf. Endlich i&#x017F;t unter der<lb/>
Kalkdu&#x0364;ngung, die nur einmal unternommen werden, und derjenigen, die regula&#x0364;r<lb/>
abwech&#x017F;elnd mit der Mi&#x017F;tdu&#x0364;ngung wiederkommen &#x017F;oll, ein Unter&#x017F;chied zu machen.<lb/>
Jene nimmt man nur vor, um dem Acker auf einmal eine radikale Verbe&#x017F;&#x017F;erung,<lb/>
welche man &#x017F;ich vom Kalk unter &#x017F;chon angegebenen Bedingungen ver&#x017F;prechen<lb/>
kann, zu geben; die&#x017F;e, um ihn fortdauernd in Fruchtbarkeit zu erhalten. Jene<lb/>
Kalkung muß &#x017F;ehr &#x017F;tark, die&#x017F;e darf nur &#x017F;chwach &#x017F;eyn, und muß mit der Mi&#x017F;tdu&#x0364;n-<lb/>
gung im Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e &#x017F;tehen; denn man pflegt im letzteren Falle alle drei oder &#x017F;echs<lb/>
Jahre mit Mi&#x017F;t und Kalkdu&#x0364;ngung abzuwech&#x017F;eln. Es giebt allerdings aber auch<lb/>
Gegenden, wo man drei bis vier Mal nach einander alle drei Jahre die Brache<lb/>
kalket, bevor man eine Mi&#x017F;tdu&#x0364;ngung giebt; wobei dann freilich der Acker aufs<lb/>
a&#x0364;ußer&#x017F;te er&#x017F;cho&#x0364;pft worden i&#x017F;t.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 58.</head><lb/>
            <p>Ueber die Vortheile und Nachtheile der Kalkdu&#x0364;ngung findet man die auffal-<note place="right">Wider&#x017F;pru&#x0364;che<lb/>
u&#x0364;ber Kalkdu&#x0364;n-<lb/>
gung.</note><lb/>
lend&#x017F;ten Wider&#x017F;pru&#x0364;che, aus welchen man ohne den Leitfaden einer richtigen Theo-<lb/>
rie &#x017F;ich gar nicht, mit dem&#x017F;elben aber &#x017F;ehr leicht herauswickeln kann. Der Kalk,<lb/>
be&#x017F;onders der fri&#x017F;ch gebrannte, giebt durch &#x017F;ein Anziehen oder Wiederabgeben der<lb/>
Kohlen&#x017F;a&#x0364;ure den Pflanzen allerdings wohl einige wirkliche Nahrung, allein &#x017F;ie i&#x017F;t<lb/>
von keiner großen Bedeutung, und &#x017F;eine Hauptwirkung be&#x017F;teht darin, daß er den<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">H h 2</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[243/0291] Mineraliſche Duͤngungsmittel. flach geworden. Dies iſt naͤmlich in den Gegenden geſchehen, wo der Kalk wohl- feil iſt, und man alſo verſchwenderiſch damit umging. §. 57. Die Quantitaͤt des aufzufuͤhrenden Kalks wird ſehr verſchieden angegeben. Das Geringſte, was man mit Nutzen aufgebracht hat, ſind 16 Scheffel per Mor- gen geweſen; aber ich finde auch Angaben, beſonders bei den Englaͤndern, von 150 Scheffeln auf den Morgen, insbeſondere bei neu urbar gemachtem Lande. Es kommt dabei 1) auf die Qualitaͤt des Kalks an, ob er naͤmlich ziemlich rein oder mit vielem Thon oder Sand vermengt ſey, auch wenn man ihm dem Volu- men nach mißt, ob er compakter oder loſer ſey. Ferner auf die Art des Bodens, indem der gebundene thonige Boden und der viele unzerſetzte Pflanzentheile ent- haltende, moorige, aber trocken gelegte — denn auf feuchtem Boden thut der Kalk durchaus keine gute Wirkung — eine ſehr ſtarke Kalkung mit Vortheil ertra- gen kann, der mehr ſandige aber einer geringern bedarf. Endlich iſt unter der Kalkduͤngung, die nur einmal unternommen werden, und derjenigen, die regulaͤr abwechſelnd mit der Miſtduͤngung wiederkommen ſoll, ein Unterſchied zu machen. Jene nimmt man nur vor, um dem Acker auf einmal eine radikale Verbeſſerung, welche man ſich vom Kalk unter ſchon angegebenen Bedingungen verſprechen kann, zu geben; dieſe, um ihn fortdauernd in Fruchtbarkeit zu erhalten. Jene Kalkung muß ſehr ſtark, dieſe darf nur ſchwach ſeyn, und muß mit der Miſtduͤn- gung im Verhaͤltniſſe ſtehen; denn man pflegt im letzteren Falle alle drei oder ſechs Jahre mit Miſt und Kalkduͤngung abzuwechſeln. Es giebt allerdings aber auch Gegenden, wo man drei bis vier Mal nach einander alle drei Jahre die Brache kalket, bevor man eine Miſtduͤngung giebt; wobei dann freilich der Acker aufs aͤußerſte erſchoͤpft worden iſt. Quantitaͤt der Kalkduͤngung. §. 58. Ueber die Vortheile und Nachtheile der Kalkduͤngung findet man die auffal- lendſten Widerſpruͤche, aus welchen man ohne den Leitfaden einer richtigen Theo- rie ſich gar nicht, mit demſelben aber ſehr leicht herauswickeln kann. Der Kalk, beſonders der friſch gebrannte, giebt durch ſein Anziehen oder Wiederabgeben der Kohlenſaͤure den Pflanzen allerdings wohl einige wirkliche Nahrung, allein ſie iſt von keiner großen Bedeutung, und ſeine Hauptwirkung beſteht darin, daß er den Widerſpruͤche uͤber Kalkduͤn- gung. H h 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft02_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft02_1810/291
Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft02_1810/291>, abgerufen am 18.04.2024.