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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810.

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Mineralische Düngungsmittel.
Neuerlich erst hat uns die Theorie sowohl, als auch gleichzeitig die Erfahrung auf den
Gebrauch des Vitriols geführt. Wie man nämlich die Wirkung des Oxygens auf die
Keimung der Samen und das erste Hervortreiben der jungen Pflanzen bemerkte,
glaubte man dieses Oxygen in Oxyden, Säuren und sauren Salzen anbringen zu kön-
nen. Aber bestimmte Wirkung hat man höchstens nur von denen Oxyden und Säu-
ren gesehen, die leicht zersetzt werden, und ihr übriges Oxygen fahren lassen. Bei
Säuren und sauren Salzen scheint mir, nach den angestellten Versuchen, die Wir-
kung auf Beförderung des Keimens noch sehr zweifelhaft. Die Wirkung des in
Wasser aufgelösten Eisenvitriols als Düngungsmittel zeigte sich in den Versuchen
ebenfalls verschieden; einige haben gar keine, andere schädliche, noch andere vortheil-
hafte Wirkungen dabei wahrgenommen. Die meisten dieser Versuche, wovon ich
Kenntniß erhalten habe, sind in Ansehung der gebrauchten Quantität und des Erdbo-
dens, welchen man damit befeuchtete, zu unbestimmt. Beides aber sind sehr wich-
tige Momente, ohne welche sich die widersprechenden Resultate, welche diese Ver-
suche geben, nicht erklären lassen.

Die zusälligen Erfahrungen, welche man über die düngende Kraft verschiedener
Fossilien, die mit Eisenvitriol stark durchdrungen sind, gemacht hat, haben dieser
Sache eine praktische Wichtigkeit gegeben, die sie ohne solche nicht würde gehabt ha-
ben. In England hat man nämlich einen vitriolhaltigen Torf, und in Deutschland
in der gräflichen Einsiedelschen Herschaft Reibersdorf eine vitriolhaltige Erd-
kohle gefunden, welche höchst wirksame Düngungsmittel in kleinen Quantitäten
abgeben.

Es scheint aus selbigen zu erhellen, daß der Eisenvitriol eine große Wirkung auf
die Vegetation hervorbringe, wenn er mit Kohle genau verbunden ist. Wahrschein-
lich geht hier, unter der Einwirkung des Lichts und der Luft, eine Zersetzung der
Schwefelsäure vor, deren Oxygen sich mit dem Kohlenstoff verbindet, und Kohlen-
säure oder eine ähnliche, den Pflanzen freundliche Materie bildet. Der Schwefel
und die Kohle gehen nicht unwahrscheinlich vermöge des an letztern gebundenen Hy-
drogens eine ander wohlthätige Verbindung ein.

Auf eine gleiche Weise mag dann auch der reine Eisenvitriol in Verbindung mit
dem Humus treten, den er im Boden antrift, und dadurch vortheilhaft wirken, ohne
selbigen aber nachtheilig. Genauere Versuche müssen dies erst aufklären, und insbe-

Mineraliſche Duͤngungsmittel.
Neuerlich erſt hat uns die Theorie ſowohl, als auch gleichzeitig die Erfahrung auf den
Gebrauch des Vitriols gefuͤhrt. Wie man naͤmlich die Wirkung des Oxygens auf die
Keimung der Samen und das erſte Hervortreiben der jungen Pflanzen bemerkte,
glaubte man dieſes Oxygen in Oxyden, Saͤuren und ſauren Salzen anbringen zu koͤn-
nen. Aber beſtimmte Wirkung hat man hoͤchſtens nur von denen Oxyden und Saͤu-
ren geſehen, die leicht zerſetzt werden, und ihr uͤbriges Oxygen fahren laſſen. Bei
Saͤuren und ſauren Salzen ſcheint mir, nach den angeſtellten Verſuchen, die Wir-
kung auf Befoͤrderung des Keimens noch ſehr zweifelhaft. Die Wirkung des in
Waſſer aufgeloͤſten Eiſenvitriols als Duͤngungsmittel zeigte ſich in den Verſuchen
ebenfalls verſchieden; einige haben gar keine, andere ſchaͤdliche, noch andere vortheil-
hafte Wirkungen dabei wahrgenommen. Die meiſten dieſer Verſuche, wovon ich
Kenntniß erhalten habe, ſind in Anſehung der gebrauchten Quantitaͤt und des Erdbo-
dens, welchen man damit befeuchtete, zu unbeſtimmt. Beides aber ſind ſehr wich-
tige Momente, ohne welche ſich die widerſprechenden Reſultate, welche dieſe Ver-
ſuche geben, nicht erklaͤren laſſen.

Die zuſaͤlligen Erfahrungen, welche man uͤber die duͤngende Kraft verſchiedener
Foſſilien, die mit Eiſenvitriol ſtark durchdrungen ſind, gemacht hat, haben dieſer
Sache eine praktiſche Wichtigkeit gegeben, die ſie ohne ſolche nicht wuͤrde gehabt ha-
ben. In England hat man naͤmlich einen vitriolhaltigen Torf, und in Deutſchland
in der graͤflichen Einſiedelſchen Herſchaft Reibersdorf eine vitriolhaltige Erd-
kohle gefunden, welche hoͤchſt wirkſame Duͤngungsmittel in kleinen Quantitaͤten
abgeben.

Es ſcheint aus ſelbigen zu erhellen, daß der Eiſenvitriol eine große Wirkung auf
die Vegetation hervorbringe, wenn er mit Kohle genau verbunden iſt. Wahrſchein-
lich geht hier, unter der Einwirkung des Lichts und der Luft, eine Zerſetzung der
Schwefelſaͤure vor, deren Oxygen ſich mit dem Kohlenſtoff verbindet, und Kohlen-
ſaͤure oder eine aͤhnliche, den Pflanzen freundliche Materie bildet. Der Schwefel
und die Kohle gehen nicht unwahrſcheinlich vermoͤge des an letztern gebundenen Hy-
drogens eine ander wohlthaͤtige Verbindung ein.

Auf eine gleiche Weiſe mag dann auch der reine Eiſenvitriol in Verbindung mit
dem Humus treten, den er im Boden antrift, und dadurch vortheilhaft wirken, ohne
ſelbigen aber nachtheilig. Genauere Verſuche muͤſſen dies erſt aufklaͤren, und insbe-

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[266/0314] Mineraliſche Duͤngungsmittel. Neuerlich erſt hat uns die Theorie ſowohl, als auch gleichzeitig die Erfahrung auf den Gebrauch des Vitriols gefuͤhrt. Wie man naͤmlich die Wirkung des Oxygens auf die Keimung der Samen und das erſte Hervortreiben der jungen Pflanzen bemerkte, glaubte man dieſes Oxygen in Oxyden, Saͤuren und ſauren Salzen anbringen zu koͤn- nen. Aber beſtimmte Wirkung hat man hoͤchſtens nur von denen Oxyden und Saͤu- ren geſehen, die leicht zerſetzt werden, und ihr uͤbriges Oxygen fahren laſſen. Bei Saͤuren und ſauren Salzen ſcheint mir, nach den angeſtellten Verſuchen, die Wir- kung auf Befoͤrderung des Keimens noch ſehr zweifelhaft. Die Wirkung des in Waſſer aufgeloͤſten Eiſenvitriols als Duͤngungsmittel zeigte ſich in den Verſuchen ebenfalls verſchieden; einige haben gar keine, andere ſchaͤdliche, noch andere vortheil- hafte Wirkungen dabei wahrgenommen. Die meiſten dieſer Verſuche, wovon ich Kenntniß erhalten habe, ſind in Anſehung der gebrauchten Quantitaͤt und des Erdbo- dens, welchen man damit befeuchtete, zu unbeſtimmt. Beides aber ſind ſehr wich- tige Momente, ohne welche ſich die widerſprechenden Reſultate, welche dieſe Ver- ſuche geben, nicht erklaͤren laſſen. Die zuſaͤlligen Erfahrungen, welche man uͤber die duͤngende Kraft verſchiedener Foſſilien, die mit Eiſenvitriol ſtark durchdrungen ſind, gemacht hat, haben dieſer Sache eine praktiſche Wichtigkeit gegeben, die ſie ohne ſolche nicht wuͤrde gehabt ha- ben. In England hat man naͤmlich einen vitriolhaltigen Torf, und in Deutſchland in der graͤflichen Einſiedelſchen Herſchaft Reibersdorf eine vitriolhaltige Erd- kohle gefunden, welche hoͤchſt wirkſame Duͤngungsmittel in kleinen Quantitaͤten abgeben. Es ſcheint aus ſelbigen zu erhellen, daß der Eiſenvitriol eine große Wirkung auf die Vegetation hervorbringe, wenn er mit Kohle genau verbunden iſt. Wahrſchein- lich geht hier, unter der Einwirkung des Lichts und der Luft, eine Zerſetzung der Schwefelſaͤure vor, deren Oxygen ſich mit dem Kohlenſtoff verbindet, und Kohlen- ſaͤure oder eine aͤhnliche, den Pflanzen freundliche Materie bildet. Der Schwefel und die Kohle gehen nicht unwahrſcheinlich vermoͤge des an letztern gebundenen Hy- drogens eine ander wohlthaͤtige Verbindung ein. Auf eine gleiche Weiſe mag dann auch der reine Eiſenvitriol in Verbindung mit dem Humus treten, den er im Boden antrift, und dadurch vortheilhaft wirken, ohne ſelbigen aber nachtheilig. Genauere Verſuche muͤſſen dies erſt aufklaͤren, und insbe-

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft02_1810/314>, abgerufen am 19.04.2024.