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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810.

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Uebergang in eine neue Wirthschaftsart.
Der Uebergang in eine neue Wirthschaftsart.
§. 398.

Nur nach einer richtigen Ueberlegung aller Verhältnisse kann der rationelle
Landwirth sich erst zum Uebergang zu einer intensiveren Wirthschaft bestimmen.
Wir wollen das, was sich, ohne ein gegebenes Lokal vor Augen zu haben, hier-
über im Allgemeinen sagen läßt, anführen.

Zuförderst muß man wohl erwägen, daß sich ein solcher Uebergang nie ohneNothwendige
Vermehrung
des Betriebs-
kapitals.

Anlage eines größern Betriebskapitals machen lasse. Die Stärke desselben kann
sehr verschieden seyn, und man kann mit einem größern oder kleinern seinen Zweck,
aber -- unter Voraussetzung gleicher Geschicklichkeit -- mit jenem schneller, als
mit diesem erreichen. Der stärkere Futtergewinn, worauf zuförderst alles an-
kommt, erfordert immer einige Aufopferung an verkäuflichen Früchten: entweder
in der Aussaat, welche zu Anfange durch reicheren Ertrag noch nicht ersetzt werden
kann; oder im Ertrage selbst, indem man ihnen zum sicheren Futterbau einen Theil
des Düngers, den des kräftigeren Feldes, entzieht. Dazu kommt denn die nach und
nach zu beschaffende Vermehrung des Inventariums, des Arbeits- und Gesinde-
lohns. Man nennt dies mit Unrecht Aufopferungen, die man im Ertrage des
Guts machen müsse. Aufopferung ist es nicht, es ist nur vermehrte Kapitalsan-
lage zum kräftigern Betriebe des Gewerbes. Denn richtige Zinsen nnd Wiederer-
stattung des Kapitals können ohne ungewöhnliche Unglücksfälle nie fehlen. Allein
in Händen haben muß man dieses Kapital, wenn die Sache nicht stocken oder rück-
gängig werden soll.

Die Stärke desselben ist, wie gesagt, verschieden. Wenn man aber mit mitt-
lerer Schnelligkeit und gehöriger Ueberlegung vorschreiten will, so muß es we-
nigstens doppelt so stark seyn, als der bisherige jährliche reine Ertrag eines Gutes
war, in sofern er aus der Wirthschaft hervorging. Hiermit darf man dennoch in
der Vermehrung des Viehinventariums sich nicht übereilen. Auch sind hierin
keine neue Bauten oder erhebliche Veränderungen in den Gebäuden mit einbe-
griffen.


Uebergang in eine neue Wirthſchaftsart.
Der Uebergang in eine neue Wirthſchaftsart.
§. 398.

Nur nach einer richtigen Ueberlegung aller Verhaͤltniſſe kann der rationelle
Landwirth ſich erſt zum Uebergang zu einer intenſiveren Wirthſchaft beſtimmen.
Wir wollen das, was ſich, ohne ein gegebenes Lokal vor Augen zu haben, hier-
uͤber im Allgemeinen ſagen laͤßt, anfuͤhren.

Zufoͤrderſt muß man wohl erwaͤgen, daß ſich ein ſolcher Uebergang nie ohneNothwendige
Vermehrung
des Betriebs-
kapitals.

Anlage eines groͤßern Betriebskapitals machen laſſe. Die Staͤrke deſſelben kann
ſehr verſchieden ſeyn, und man kann mit einem groͤßern oder kleinern ſeinen Zweck,
aber — unter Vorausſetzung gleicher Geſchicklichkeit — mit jenem ſchneller, als
mit dieſem erreichen. Der ſtaͤrkere Futtergewinn, worauf zufoͤrderſt alles an-
kommt, erfordert immer einige Aufopferung an verkaͤuflichen Fruͤchten: entweder
in der Ausſaat, welche zu Anfange durch reicheren Ertrag noch nicht erſetzt werden
kann; oder im Ertrage ſelbſt, indem man ihnen zum ſicheren Futterbau einen Theil
des Duͤngers, den des kraͤftigeren Feldes, entzieht. Dazu kommt denn die nach und
nach zu beſchaffende Vermehrung des Inventariums, des Arbeits- und Geſinde-
lohns. Man nennt dies mit Unrecht Aufopferungen, die man im Ertrage des
Guts machen muͤſſe. Aufopferung iſt es nicht, es iſt nur vermehrte Kapitalsan-
lage zum kraͤftigern Betriebe des Gewerbes. Denn richtige Zinſen nnd Wiederer-
ſtattung des Kapitals koͤnnen ohne ungewoͤhnliche Ungluͤcksfaͤlle nie fehlen. Allein
in Haͤnden haben muß man dieſes Kapital, wenn die Sache nicht ſtocken oder ruͤck-
gaͤngig werden ſoll.

Die Staͤrke deſſelben iſt, wie geſagt, verſchieden. Wenn man aber mit mitt-
lerer Schnelligkeit und gehoͤriger Ueberlegung vorſchreiten will, ſo muß es we-
nigſtens doppelt ſo ſtark ſeyn, als der bisherige jaͤhrliche reine Ertrag eines Gutes
war, in ſofern er aus der Wirthſchaft hervorging. Hiermit darf man dennoch in
der Vermehrung des Viehinventariums ſich nicht uͤbereilen. Auch ſind hierin
keine neue Bauten oder erhebliche Veraͤnderungen in den Gebaͤuden mit einbe-
griffen.


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[31/0065] Uebergang in eine neue Wirthſchaftsart. Der Uebergang in eine neue Wirthſchaftsart. §. 398. Nur nach einer richtigen Ueberlegung aller Verhaͤltniſſe kann der rationelle Landwirth ſich erſt zum Uebergang zu einer intenſiveren Wirthſchaft beſtimmen. Wir wollen das, was ſich, ohne ein gegebenes Lokal vor Augen zu haben, hier- uͤber im Allgemeinen ſagen laͤßt, anfuͤhren. Zufoͤrderſt muß man wohl erwaͤgen, daß ſich ein ſolcher Uebergang nie ohne Anlage eines groͤßern Betriebskapitals machen laſſe. Die Staͤrke deſſelben kann ſehr verſchieden ſeyn, und man kann mit einem groͤßern oder kleinern ſeinen Zweck, aber — unter Vorausſetzung gleicher Geſchicklichkeit — mit jenem ſchneller, als mit dieſem erreichen. Der ſtaͤrkere Futtergewinn, worauf zufoͤrderſt alles an- kommt, erfordert immer einige Aufopferung an verkaͤuflichen Fruͤchten: entweder in der Ausſaat, welche zu Anfange durch reicheren Ertrag noch nicht erſetzt werden kann; oder im Ertrage ſelbſt, indem man ihnen zum ſicheren Futterbau einen Theil des Duͤngers, den des kraͤftigeren Feldes, entzieht. Dazu kommt denn die nach und nach zu beſchaffende Vermehrung des Inventariums, des Arbeits- und Geſinde- lohns. Man nennt dies mit Unrecht Aufopferungen, die man im Ertrage des Guts machen muͤſſe. Aufopferung iſt es nicht, es iſt nur vermehrte Kapitalsan- lage zum kraͤftigern Betriebe des Gewerbes. Denn richtige Zinſen nnd Wiederer- ſtattung des Kapitals koͤnnen ohne ungewoͤhnliche Ungluͤcksfaͤlle nie fehlen. Allein in Haͤnden haben muß man dieſes Kapital, wenn die Sache nicht ſtocken oder ruͤck- gaͤngig werden ſoll. Nothwendige Vermehrung des Betriebs- kapitals. Die Staͤrke deſſelben iſt, wie geſagt, verſchieden. Wenn man aber mit mitt- lerer Schnelligkeit und gehoͤriger Ueberlegung vorſchreiten will, ſo muß es we- nigſtens doppelt ſo ſtark ſeyn, als der bisherige jaͤhrliche reine Ertrag eines Gutes war, in ſofern er aus der Wirthſchaft hervorging. Hiermit darf man dennoch in der Vermehrung des Viehinventariums ſich nicht uͤbereilen. Auch ſind hierin keine neue Bauten oder erhebliche Veraͤnderungen in den Gebaͤuden mit einbe- griffen.

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft02_1810/65>, abgerufen am 16.04.2024.