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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810.

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§. 1.

Was dem Manufakturgewerbe das rohe Material, das ist dem landwirthschaft-
lichen der Grund und Boden. Wie der Fabrikant jenes aufsucht, auswählt, und
vorerst im Allgemeinen schätzt, um es nur nicht über seinen wahren Werth zu be-
zahlen, so auch der Landwirth. Einmal im Besitz desselben untersucht er es aber
genauer, sortirt es, und bestimmt jede Sorte für diejenige Waare, durch welche
das Material nicht nur, sondern auch die darauf zu verwendende Arbeit, am höch-
sten bezahlt wird. Er würde Arbeit verschwenden, wenn er aus haariger Wolle
feines Tuch verfertigen wollte, und Material, wenn er aus feiner grobes würkte.
Zu dieser Aussonderung ist eine weit genauere Sachkenntniß nöthig, wie zum
Ankauf in Masse.

Eben so kann auch dem Landwirthe das nicht genügen, was über die Beurthei-
lung des Bodens beim Ankauf §. 70. u. f. angegeben ist, wenn er seinen nun
in Besitz genommenen Boden und die darauf zu verwendende Arbeit durch die zweck-
mäßigsten Produkte aufs höchste benutzen will. Denn die richtige Auswahl der
letztern hängt hauptsächlich von der genauen Kenntniß seines rohen Materials oder
seines Grundes und Bodens ab.

Was dem Manufakturisten die Formen und Muster sind, die die Kunst dar-
stellte, das sind dem Landwirthe die Samen und Keime, welche ihm die Natur
darreicht. Für diese die Art des Bodens angemessen auszuwählen, und die Vor-
bereitung desselben nach seiner Verschiedenheit gehörig einzurichten, sind Haupt-
aufgaben für den Landwirth, die er um so besser lösen wird, je genauer er seinen
Boden kennt. Eine sichere und gründliche Beurtheilung des Bodens kann sich
aber nur auf richtige physisch-chemische Kenntnisse gründen. Wenn auch die em-

F 2
§. 1.

Was dem Manufakturgewerbe das rohe Material, das iſt dem landwirthſchaft-
lichen der Grund und Boden. Wie der Fabrikant jenes aufſucht, auswaͤhlt, und
vorerſt im Allgemeinen ſchaͤtzt, um es nur nicht uͤber ſeinen wahren Werth zu be-
zahlen, ſo auch der Landwirth. Einmal im Beſitz deſſelben unterſucht er es aber
genauer, ſortirt es, und beſtimmt jede Sorte fuͤr diejenige Waare, durch welche
das Material nicht nur, ſondern auch die darauf zu verwendende Arbeit, am hoͤch-
ſten bezahlt wird. Er wuͤrde Arbeit verſchwenden, wenn er aus haariger Wolle
feines Tuch verfertigen wollte, und Material, wenn er aus feiner grobes wuͤrkte.
Zu dieſer Ausſonderung iſt eine weit genauere Sachkenntniß noͤthig, wie zum
Ankauf in Maſſe.

Eben ſo kann auch dem Landwirthe das nicht genuͤgen, was uͤber die Beurthei-
lung des Bodens beim Ankauf §. 70. u. f. angegeben iſt, wenn er ſeinen nun
in Beſitz genommenen Boden und die darauf zu verwendende Arbeit durch die zweck-
maͤßigſten Produkte aufs hoͤchſte benutzen will. Denn die richtige Auswahl der
letztern haͤngt hauptſaͤchlich von der genauen Kenntniß ſeines rohen Materials oder
ſeines Grundes und Bodens ab.

Was dem Manufakturiſten die Formen und Muſter ſind, die die Kunſt dar-
ſtellte, das ſind dem Landwirthe die Samen und Keime, welche ihm die Natur
darreicht. Fuͤr dieſe die Art des Bodens angemeſſen auszuwaͤhlen, und die Vor-
bereitung deſſelben nach ſeiner Verſchiedenheit gehoͤrig einzurichten, ſind Haupt-
aufgaben fuͤr den Landwirth, die er um ſo beſſer loͤſen wird, je genauer er ſeinen
Boden kennt. Eine ſichere und gruͤndliche Beurtheilung des Bodens kann ſich
aber nur auf richtige phyſiſch-chemiſche Kenntniſſe gruͤnden. Wenn auch die em-

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[[43]/0087] §. 1. Was dem Manufakturgewerbe das rohe Material, das iſt dem landwirthſchaft- lichen der Grund und Boden. Wie der Fabrikant jenes aufſucht, auswaͤhlt, und vorerſt im Allgemeinen ſchaͤtzt, um es nur nicht uͤber ſeinen wahren Werth zu be- zahlen, ſo auch der Landwirth. Einmal im Beſitz deſſelben unterſucht er es aber genauer, ſortirt es, und beſtimmt jede Sorte fuͤr diejenige Waare, durch welche das Material nicht nur, ſondern auch die darauf zu verwendende Arbeit, am hoͤch- ſten bezahlt wird. Er wuͤrde Arbeit verſchwenden, wenn er aus haariger Wolle feines Tuch verfertigen wollte, und Material, wenn er aus feiner grobes wuͤrkte. Zu dieſer Ausſonderung iſt eine weit genauere Sachkenntniß noͤthig, wie zum Ankauf in Maſſe. Eben ſo kann auch dem Landwirthe das nicht genuͤgen, was uͤber die Beurthei- lung des Bodens beim Ankauf §. 70. u. f. angegeben iſt, wenn er ſeinen nun in Beſitz genommenen Boden und die darauf zu verwendende Arbeit durch die zweck- maͤßigſten Produkte aufs hoͤchſte benutzen will. Denn die richtige Auswahl der letztern haͤngt hauptſaͤchlich von der genauen Kenntniß ſeines rohen Materials oder ſeines Grundes und Bodens ab. Was dem Manufakturiſten die Formen und Muſter ſind, die die Kunſt dar- ſtellte, das ſind dem Landwirthe die Samen und Keime, welche ihm die Natur darreicht. Fuͤr dieſe die Art des Bodens angemeſſen auszuwaͤhlen, und die Vor- bereitung deſſelben nach ſeiner Verſchiedenheit gehoͤrig einzurichten, ſind Haupt- aufgaben fuͤr den Landwirth, die er um ſo beſſer loͤſen wird, je genauer er ſeinen Boden kennt. Eine ſichere und gruͤndliche Beurtheilung des Bodens kann ſich aber nur auf richtige phyſiſch-chemiſche Kenntniſſe gruͤnden. Wenn auch die em- F 2

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810, S. [43]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft02_1810/87>, abgerufen am 18.04.2024.