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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810.

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Chemie der Erden.

Jedoch haben alle Erden eine mechanische Anziehung zum Wasser, und halten es,
wenn sie damit vermengt sind, in größerer oder geringerer Menge zurück. Wir nen-
nen dies ihre wasserhaltende Kraft. Diese ist nicht nur in den verschiedenen
Erden verschieden, sondern sie weicht auch nach unseren Versuchen bei gemengten Er-
den ab, und diese halten das Wasser nicht ganz nach dem Verhältnisse ihrer Mengung.
So besitzen insbesondere die gemengte Thon- und Kiesel-Erde, nach unseren Versuchen,
eine beträchtlich größere wasserhaltende Kraft, als jede für sich ungemengt hatte.

Die Bestimmung der wasserhaltenden Kraft einer zusammengesetzten Erdmasse
ist für uns von großer Wichtigkeit. Man erforscht sie, wenn man Erde bis zu dem
Grade austrocknet, daß sie in der Hitze des siedenden Wassers am Gewichte nichts
mehr verliert, dann ein bestimmtes Gewicht derselben mit Wasser sorgfältig durchkne-
tet, und den Brei auf ein gewogenes Haar-Tuch giebt. Man läßt das überflüssige
Wasser abtropfen, und wenn die Erde kein Wasser mehr fahren läßt, so wiegt man
sie mit dem Tuche wieder, und zieht dann das Gewicht des Tuches und der trockenen
Erde ab, so findet man in dem Reste die Quantität des Wassers, welches sie an sich
gehalten hatte.

Da indessen mancher Erdboden viel Wasser aufnimmt, ohne es tropfbar fahren
zu lassen, solches aber bei warmen trockenem Wetter durch die Ausdünstung mehr
oder minder leicht verliert, so ist auch hierauf Rücksicht zu nehmen, und man muß,
um die wasserhaltende Kraft des Bodens auch in dieser Hinsicht zu bestimmen, die
Erde einem gleichen Wärmegrade aussetzen, und die Zeit bemerken, in welcher die
eine und die andere Erdart völlig austrocknet.

Vollkommen verlieren die Erden, insbesondere die Thonerde, ihr Wasser nie,
und sie haben noch Wasser in sich, wenn sie ganz trocken und dürre scheinen. Dieses
kann nur in der stärksten Glühhitze von ihnen ausgetrieben werden. Deshalb muß
man einen bestimmten Grad der Temperatur annehmen, in welchem man die Aus-
dörrung in diesem Versuche bestimmt.

§. 10.

Mit dem Azot, dem Kohlenstoff und reinen Hydrogen, lassen sich die ErdenGegen die
flüchtigen
Stoffe.

zwar nicht verbinden. Es ist aber aus vielen Gründen glaublich, daß sie sich mit
einer Vereinigung jener Stoffe verbinden, und die aus solchen bestehende organische
Materie
, oder den Rückstand der Verwesung aufnehmen und innig mit sich verei-

G 2
Chemie der Erden.

Jedoch haben alle Erden eine mechaniſche Anziehung zum Waſſer, und halten es,
wenn ſie damit vermengt ſind, in groͤßerer oder geringerer Menge zuruͤck. Wir nen-
nen dies ihre waſſerhaltende Kraft. Dieſe iſt nicht nur in den verſchiedenen
Erden verſchieden, ſondern ſie weicht auch nach unſeren Verſuchen bei gemengten Er-
den ab, und dieſe halten das Waſſer nicht ganz nach dem Verhaͤltniſſe ihrer Mengung.
So beſitzen insbeſondere die gemengte Thon- und Kieſel-Erde, nach unſeren Verſuchen,
eine betraͤchtlich groͤßere waſſerhaltende Kraft, als jede fuͤr ſich ungemengt hatte.

Die Beſtimmung der waſſerhaltenden Kraft einer zuſammengeſetzten Erdmaſſe
iſt fuͤr uns von großer Wichtigkeit. Man erforſcht ſie, wenn man Erde bis zu dem
Grade austrocknet, daß ſie in der Hitze des ſiedenden Waſſers am Gewichte nichts
mehr verliert, dann ein beſtimmtes Gewicht derſelben mit Waſſer ſorgfaͤltig durchkne-
tet, und den Brei auf ein gewogenes Haar-Tuch giebt. Man laͤßt das uͤberfluͤſſige
Waſſer abtropfen, und wenn die Erde kein Waſſer mehr fahren laͤßt, ſo wiegt man
ſie mit dem Tuche wieder, und zieht dann das Gewicht des Tuches und der trockenen
Erde ab, ſo findet man in dem Reſte die Quantitaͤt des Waſſers, welches ſie an ſich
gehalten hatte.

Da indeſſen mancher Erdboden viel Waſſer aufnimmt, ohne es tropfbar fahren
zu laſſen, ſolches aber bei warmen trockenem Wetter durch die Ausduͤnſtung mehr
oder minder leicht verliert, ſo iſt auch hierauf Ruͤckſicht zu nehmen, und man muß,
um die waſſerhaltende Kraft des Bodens auch in dieſer Hinſicht zu beſtimmen, die
Erde einem gleichen Waͤrmegrade ausſetzen, und die Zeit bemerken, in welcher die
eine und die andere Erdart voͤllig austrocknet.

Vollkommen verlieren die Erden, insbeſondere die Thonerde, ihr Waſſer nie,
und ſie haben noch Waſſer in ſich, wenn ſie ganz trocken und duͤrre ſcheinen. Dieſes
kann nur in der ſtaͤrkſten Gluͤhhitze von ihnen ausgetrieben werden. Deshalb muß
man einen beſtimmten Grad der Temperatur annehmen, in welchem man die Aus-
doͤrrung in dieſem Verſuche beſtimmt.

§. 10.

Mit dem Azot, dem Kohlenſtoff und reinen Hydrogen, laſſen ſich die ErdenGegen die
fluͤchtigen
Stoffe.

zwar nicht verbinden. Es iſt aber aus vielen Gruͤnden glaublich, daß ſie ſich mit
einer Vereinigung jener Stoffe verbinden, und die aus ſolchen beſtehende organiſche
Materie
, oder den Ruͤckſtand der Verweſung aufnehmen und innig mit ſich verei-

G 2
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[51/0095] Chemie der Erden. Jedoch haben alle Erden eine mechaniſche Anziehung zum Waſſer, und halten es, wenn ſie damit vermengt ſind, in groͤßerer oder geringerer Menge zuruͤck. Wir nen- nen dies ihre waſſerhaltende Kraft. Dieſe iſt nicht nur in den verſchiedenen Erden verſchieden, ſondern ſie weicht auch nach unſeren Verſuchen bei gemengten Er- den ab, und dieſe halten das Waſſer nicht ganz nach dem Verhaͤltniſſe ihrer Mengung. So beſitzen insbeſondere die gemengte Thon- und Kieſel-Erde, nach unſeren Verſuchen, eine betraͤchtlich groͤßere waſſerhaltende Kraft, als jede fuͤr ſich ungemengt hatte. Die Beſtimmung der waſſerhaltenden Kraft einer zuſammengeſetzten Erdmaſſe iſt fuͤr uns von großer Wichtigkeit. Man erforſcht ſie, wenn man Erde bis zu dem Grade austrocknet, daß ſie in der Hitze des ſiedenden Waſſers am Gewichte nichts mehr verliert, dann ein beſtimmtes Gewicht derſelben mit Waſſer ſorgfaͤltig durchkne- tet, und den Brei auf ein gewogenes Haar-Tuch giebt. Man laͤßt das uͤberfluͤſſige Waſſer abtropfen, und wenn die Erde kein Waſſer mehr fahren laͤßt, ſo wiegt man ſie mit dem Tuche wieder, und zieht dann das Gewicht des Tuches und der trockenen Erde ab, ſo findet man in dem Reſte die Quantitaͤt des Waſſers, welches ſie an ſich gehalten hatte. Da indeſſen mancher Erdboden viel Waſſer aufnimmt, ohne es tropfbar fahren zu laſſen, ſolches aber bei warmen trockenem Wetter durch die Ausduͤnſtung mehr oder minder leicht verliert, ſo iſt auch hierauf Ruͤckſicht zu nehmen, und man muß, um die waſſerhaltende Kraft des Bodens auch in dieſer Hinſicht zu beſtimmen, die Erde einem gleichen Waͤrmegrade ausſetzen, und die Zeit bemerken, in welcher die eine und die andere Erdart voͤllig austrocknet. Vollkommen verlieren die Erden, insbeſondere die Thonerde, ihr Waſſer nie, und ſie haben noch Waſſer in ſich, wenn ſie ganz trocken und duͤrre ſcheinen. Dieſes kann nur in der ſtaͤrkſten Gluͤhhitze von ihnen ausgetrieben werden. Deshalb muß man einen beſtimmten Grad der Temperatur annehmen, in welchem man die Aus- doͤrrung in dieſem Verſuche beſtimmt. §. 10. Mit dem Azot, dem Kohlenſtoff und reinen Hydrogen, laſſen ſich die Erden zwar nicht verbinden. Es iſt aber aus vielen Gruͤnden glaublich, daß ſie ſich mit einer Vereinigung jener Stoffe verbinden, und die aus ſolchen beſtehende organiſche Materie, oder den Ruͤckſtand der Verweſung aufnehmen und innig mit ſich verei- Gegen die fluͤchtigen Stoffe. G 2

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft02_1810/95>, abgerufen am 19.04.2024.