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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812.

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Die Arbeit der Beackerung.
Erde wird nicht ganz vergraben. Die Anziehung aus der Atmosphäre, welche die
neue Erde oft sehr stark äußert, kann besser vor sich gehen.

§. 165.

Die Fragen, welche man sich bei der Vertiefung des Bodens vorzulegen hat,Rücksichten,
welche dabei
zu nehmen
sind.

sind also folgende:

1) Was kann ich von der unter der bisherigen Pflugtiefe
heraufzuholenden Erde in Ansehung ihrer Grundbeschaffenheit
erwarten
? Man muß deshalb diesen Untergrund einer genauern Untersuchung un-
terwerfen, und seinen Gehalt an Thon, Sand, Kalk, Eisen, vielleicht an Kohlen-
stoff, prüfen, auch auf die größern und kleinern Steine, die er enthält, Rücksicht
zu nehmen nicht vergessen. Empirisch prüft man ihn ohne Zweifel dadurch am besten,
daß man sein Verhalten auf die Vegetation in Scherben oder in einem ausgestochenen
und damit überlegten Gartenbeete erforschet.

2) Welche Veränderung wird diese Zumischung neuer Erde
auf meiner bisherigen Ackererde bei einiger Vermengung hervor-
bringen
? Werden dadurch die Fehler der letztern vermindert oder vermehrt werden?
Wird sie dem losern Boden mehrere Consistenz, dem zähen Boden mehrere Locker-
heit geben, oder beides nur vermehren? Und dann zugleich: in welchem Verhältnisse
wird diese Mengung geschehen müssen, um mir die gedeihlichste Ackererde nach der
Lage und dem Klima meines Feldes zu verschaffen?

3) Wie weit wird mein Düngervorrath zureichen, um eine
gewisse Tiefe damit zu durchdringen
?

Die Beantwortung dieser Fragen muß dann das Verfahren leiten.

§. 166.

Es ist bisher mehrentheils etwas Unbestimmtes gewesen, was man unter fla-Bestimmung
der Tiefe des
Pflügens.

ches, mittleres und tiefes Pflügen verstehe. Um unsre Begriffe davon deutlicher zu
bestimmen, nennen wir flaches Pflügen, was von 2 bis 4 Zoll geschiehet, mittleres
von 4 bis 7 Zoll, und tiefes von 8 bis 12 Zoll rheinländisch. Geht es tiefer, so nen-
nen wir es Doppelt- oder Rajolpflügen, indem eine Umwendung der Erde, die wir
uns unter dem Pflügen allemal denken
, auf eine größere Tiefe als
12 Zoll mit einem einfachen Pfluge nicht wohl zu bewirken steht, obgleich eine un-
gleich tiefere Lockerung der Erde sehr wohl möglich ist. Vom 18 und 24zolligen ein-

Dritter Theil. M

Die Arbeit der Beackerung.
Erde wird nicht ganz vergraben. Die Anziehung aus der Atmoſphaͤre, welche die
neue Erde oft ſehr ſtark aͤußert, kann beſſer vor ſich gehen.

§. 165.

Die Fragen, welche man ſich bei der Vertiefung des Bodens vorzulegen hat,Ruͤckſichten,
welche dabei
zu nehmen
ſind.

ſind alſo folgende:

1) Was kann ich von der unter der bisherigen Pflugtiefe
heraufzuholenden Erde in Anſehung ihrer Grundbeſchaffenheit
erwarten
? Man muß deshalb dieſen Untergrund einer genauern Unterſuchung un-
terwerfen, und ſeinen Gehalt an Thon, Sand, Kalk, Eiſen, vielleicht an Kohlen-
ſtoff, pruͤfen, auch auf die groͤßern und kleinern Steine, die er enthaͤlt, Ruͤckſicht
zu nehmen nicht vergeſſen. Empiriſch pruͤft man ihn ohne Zweifel dadurch am beſten,
daß man ſein Verhalten auf die Vegetation in Scherben oder in einem ausgeſtochenen
und damit uͤberlegten Gartenbeete erforſchet.

2) Welche Veraͤnderung wird dieſe Zumiſchung neuer Erde
auf meiner bisherigen Ackererde bei einiger Vermengung hervor-
bringen
? Werden dadurch die Fehler der letztern vermindert oder vermehrt werden?
Wird ſie dem loſern Boden mehrere Conſiſtenz, dem zaͤhen Boden mehrere Locker-
heit geben, oder beides nur vermehren? Und dann zugleich: in welchem Verhaͤltniſſe
wird dieſe Mengung geſchehen muͤſſen, um mir die gedeihlichſte Ackererde nach der
Lage und dem Klima meines Feldes zu verſchaffen?

3) Wie weit wird mein Duͤngervorrath zureichen, um eine
gewiſſe Tiefe damit zu durchdringen
?

Die Beantwortung dieſer Fragen muß dann das Verfahren leiten.

§. 166.

Es iſt bisher mehrentheils etwas Unbeſtimmtes geweſen, was man unter fla-Beſtimmung
der Tiefe des
Pfluͤgens.

ches, mittleres und tiefes Pfluͤgen verſtehe. Um unſre Begriffe davon deutlicher zu
beſtimmen, nennen wir flaches Pfluͤgen, was von 2 bis 4 Zoll geſchiehet, mittleres
von 4 bis 7 Zoll, und tiefes von 8 bis 12 Zoll rheinlaͤndiſch. Geht es tiefer, ſo nen-
nen wir es Doppelt- oder Rajolpfluͤgen, indem eine Umwendung der Erde, die wir
uns unter dem Pfluͤgen allemal denken
, auf eine groͤßere Tiefe als
12 Zoll mit einem einfachen Pfluge nicht wohl zu bewirken ſteht, obgleich eine un-
gleich tiefere Lockerung der Erde ſehr wohl moͤglich iſt. Vom 18 und 24zolligen ein-

Dritter Theil. M
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[89/0111] Die Arbeit der Beackerung. Erde wird nicht ganz vergraben. Die Anziehung aus der Atmoſphaͤre, welche die neue Erde oft ſehr ſtark aͤußert, kann beſſer vor ſich gehen. §. 165. Die Fragen, welche man ſich bei der Vertiefung des Bodens vorzulegen hat, ſind alſo folgende: Ruͤckſichten, welche dabei zu nehmen ſind. 1) Was kann ich von der unter der bisherigen Pflugtiefe heraufzuholenden Erde in Anſehung ihrer Grundbeſchaffenheit erwarten? Man muß deshalb dieſen Untergrund einer genauern Unterſuchung un- terwerfen, und ſeinen Gehalt an Thon, Sand, Kalk, Eiſen, vielleicht an Kohlen- ſtoff, pruͤfen, auch auf die groͤßern und kleinern Steine, die er enthaͤlt, Ruͤckſicht zu nehmen nicht vergeſſen. Empiriſch pruͤft man ihn ohne Zweifel dadurch am beſten, daß man ſein Verhalten auf die Vegetation in Scherben oder in einem ausgeſtochenen und damit uͤberlegten Gartenbeete erforſchet. 2) Welche Veraͤnderung wird dieſe Zumiſchung neuer Erde auf meiner bisherigen Ackererde bei einiger Vermengung hervor- bringen? Werden dadurch die Fehler der letztern vermindert oder vermehrt werden? Wird ſie dem loſern Boden mehrere Conſiſtenz, dem zaͤhen Boden mehrere Locker- heit geben, oder beides nur vermehren? Und dann zugleich: in welchem Verhaͤltniſſe wird dieſe Mengung geſchehen muͤſſen, um mir die gedeihlichſte Ackererde nach der Lage und dem Klima meines Feldes zu verſchaffen? 3) Wie weit wird mein Duͤngervorrath zureichen, um eine gewiſſe Tiefe damit zu durchdringen? Die Beantwortung dieſer Fragen muß dann das Verfahren leiten. §. 166. Es iſt bisher mehrentheils etwas Unbeſtimmtes geweſen, was man unter fla- ches, mittleres und tiefes Pfluͤgen verſtehe. Um unſre Begriffe davon deutlicher zu beſtimmen, nennen wir flaches Pfluͤgen, was von 2 bis 4 Zoll geſchiehet, mittleres von 4 bis 7 Zoll, und tiefes von 8 bis 12 Zoll rheinlaͤndiſch. Geht es tiefer, ſo nen- nen wir es Doppelt- oder Rajolpfluͤgen, indem eine Umwendung der Erde, die wir uns unter dem Pfluͤgen allemal denken, auf eine groͤßere Tiefe als 12 Zoll mit einem einfachen Pfluge nicht wohl zu bewirken ſteht, obgleich eine un- gleich tiefere Lockerung der Erde ſehr wohl moͤglich iſt. Vom 18 und 24zolligen ein- Beſtimmung der Tiefe des Pfluͤgens. Dritter Theil. M

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810/111>, abgerufen am 24.04.2024.