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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812.

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Die Arbeit der Beackerung.
sicht erleichtere, der Hofmeier oder Vorpflüger dann den ganzen Zug leite und anweise,
wo und wie gepflügt werden solle. Andere, denen ich in der Regel beipflichte, ge-
ben entweder einem jeden Pfluge ein eigenes Beet, oder lassen höchstens zwei oder
drei Pflüge in einem Gewende gehen. Denn jede kleine Unordnung, um derentwil-
len man doch nicht gleich austreten lassen kann, hält den ganzen Zug auf. Es wird
über Rainbalken weggepflügt, und man kann selten bestimmen, wer an gemachten
Fehlern Schuld sey. Man lernt seine Pflüger nicht genau kennen und kann sie nicht
corrigiren. Man kann nicht bloß solche Pflüger und Gespanne zusammengeben, die
sich zu einander passen und gleichen Takt halten. Die letzte Furche wird vernach-
läßigt, oder macht allgemeinen Aufenthalt. Man kann, ohne viele Pflüge in ein
Gewende zu bringen, doch viele auf einer Breite haben, um spezielle Aufsicht darüber
zu führen. Nur erfordert die Anlage der Gewende ein richtiges Augenmaaß, damit
sie gut aneinander schließen.

§. 183.

Die Vorgewende, Anwände, welche wegen des nothwendigen Umwendens desDie Vorge-
wende.

Pfluges liegen bleiben, erfordern besondere Aufmerksamkeit, weil der Boden durch
das Auftreten fest gedielt wird. Werden sie in ein Beet angepflügt, so setzen sie dem
Abzuge des Wassers oft einen Damm entgegen, und die Wasserfurchen werden selten
tief genug durchgezogen. Werden sie abgepflügt, so häuft sich das Wasser in der
Mittelfurche an. Deshalb ist am besten, sie in einer Richtung und ohne Um-
wendung zu pflügen.

§. 184.

Das Pflügen kann zur Erreichung seiner Zwecke nur dann von Nutzen seyn,Gehöriger Ab-
trocknungszu-
stand des Bo-
dens zum
Pflügen.

wenn der Boden in einem gehörig trocknen, zerreiblichen und zerfallenden Zustande
sich befindet. Ist er zu naß, so daß die Furchen blänkern, so wird er nur in Stücke
geschnitten, die, vom Streichbrette an die Seite getrieben und gepreßt, nur noch
compakter werden, und ausgetrocknet harte Schollen bilden. Weder Saamen- noch
Wurzelunkraut wird dadurch vertilgt, die Quecken durch das Zerschneiden nur ver-
doppelt. Das Zugvieh wird von dieser unnützen Arbeit gewaltig angegriffen. Ist
der zähere Boden zu trocken, so ist die Arbeit für Menschen und Vieh, insbesondere
mit schlechten Räderpflügen, sehr schwer, und der Boden zerfällt auch nicht, sondern
bricht in Schollen. Ist es indessen möglich, ihn mit guten Werkzeugen und mit stär-

Die Arbeit der Beackerung.
ſicht erleichtere, der Hofmeier oder Vorpfluͤger dann den ganzen Zug leite und anweiſe,
wo und wie gepfluͤgt werden ſolle. Andere, denen ich in der Regel beipflichte, ge-
ben entweder einem jeden Pfluge ein eigenes Beet, oder laſſen hoͤchſtens zwei oder
drei Pfluͤge in einem Gewende gehen. Denn jede kleine Unordnung, um derentwil-
len man doch nicht gleich austreten laſſen kann, haͤlt den ganzen Zug auf. Es wird
uͤber Rainbalken weggepfluͤgt, und man kann ſelten beſtimmen, wer an gemachten
Fehlern Schuld ſey. Man lernt ſeine Pfluͤger nicht genau kennen und kann ſie nicht
corrigiren. Man kann nicht bloß ſolche Pfluͤger und Geſpanne zuſammengeben, die
ſich zu einander paſſen und gleichen Takt halten. Die letzte Furche wird vernach-
laͤßigt, oder macht allgemeinen Aufenthalt. Man kann, ohne viele Pfluͤge in ein
Gewende zu bringen, doch viele auf einer Breite haben, um ſpezielle Aufſicht daruͤber
zu fuͤhren. Nur erfordert die Anlage der Gewende ein richtiges Augenmaaß, damit
ſie gut aneinander ſchließen.

§. 183.

Die Vorgewende, Anwaͤnde, welche wegen des nothwendigen Umwendens desDie Vorge-
wende.

Pfluges liegen bleiben, erfordern beſondere Aufmerkſamkeit, weil der Boden durch
das Auftreten feſt gedielt wird. Werden ſie in ein Beet angepfluͤgt, ſo ſetzen ſie dem
Abzuge des Waſſers oft einen Damm entgegen, und die Waſſerfurchen werden ſelten
tief genug durchgezogen. Werden ſie abgepfluͤgt, ſo haͤuft ſich das Waſſer in der
Mittelfurche an. Deshalb iſt am beſten, ſie in einer Richtung und ohne Um-
wendung zu pfluͤgen.

§. 184.

Das Pfluͤgen kann zur Erreichung ſeiner Zwecke nur dann von Nutzen ſeyn,Gehoͤriger Ab-
trocknungszu-
ſtand des Bo-
dens zum
Pfluͤgen.

wenn der Boden in einem gehoͤrig trocknen, zerreiblichen und zerfallenden Zuſtande
ſich befindet. Iſt er zu naß, ſo daß die Furchen blaͤnkern, ſo wird er nur in Stuͤcke
geſchnitten, die, vom Streichbrette an die Seite getrieben und gepreßt, nur noch
compakter werden, und ausgetrocknet harte Schollen bilden. Weder Saamen- noch
Wurzelunkraut wird dadurch vertilgt, die Quecken durch das Zerſchneiden nur ver-
doppelt. Das Zugvieh wird von dieſer unnuͤtzen Arbeit gewaltig angegriffen. Iſt
der zaͤhere Boden zu trocken, ſo iſt die Arbeit fuͤr Menſchen und Vieh, insbeſondere
mit ſchlechten Raͤderpfluͤgen, ſehr ſchwer, und der Boden zerfaͤllt auch nicht, ſondern
bricht in Schollen. Iſt es indeſſen moͤglich, ihn mit guten Werkzeugen und mit ſtaͤr-

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[103/0125] Die Arbeit der Beackerung. ſicht erleichtere, der Hofmeier oder Vorpfluͤger dann den ganzen Zug leite und anweiſe, wo und wie gepfluͤgt werden ſolle. Andere, denen ich in der Regel beipflichte, ge- ben entweder einem jeden Pfluge ein eigenes Beet, oder laſſen hoͤchſtens zwei oder drei Pfluͤge in einem Gewende gehen. Denn jede kleine Unordnung, um derentwil- len man doch nicht gleich austreten laſſen kann, haͤlt den ganzen Zug auf. Es wird uͤber Rainbalken weggepfluͤgt, und man kann ſelten beſtimmen, wer an gemachten Fehlern Schuld ſey. Man lernt ſeine Pfluͤger nicht genau kennen und kann ſie nicht corrigiren. Man kann nicht bloß ſolche Pfluͤger und Geſpanne zuſammengeben, die ſich zu einander paſſen und gleichen Takt halten. Die letzte Furche wird vernach- laͤßigt, oder macht allgemeinen Aufenthalt. Man kann, ohne viele Pfluͤge in ein Gewende zu bringen, doch viele auf einer Breite haben, um ſpezielle Aufſicht daruͤber zu fuͤhren. Nur erfordert die Anlage der Gewende ein richtiges Augenmaaß, damit ſie gut aneinander ſchließen. §. 183. Die Vorgewende, Anwaͤnde, welche wegen des nothwendigen Umwendens des Pfluges liegen bleiben, erfordern beſondere Aufmerkſamkeit, weil der Boden durch das Auftreten feſt gedielt wird. Werden ſie in ein Beet angepfluͤgt, ſo ſetzen ſie dem Abzuge des Waſſers oft einen Damm entgegen, und die Waſſerfurchen werden ſelten tief genug durchgezogen. Werden ſie abgepfluͤgt, ſo haͤuft ſich das Waſſer in der Mittelfurche an. Deshalb iſt am beſten, ſie in einer Richtung und ohne Um- wendung zu pfluͤgen. Die Vorge- wende. §. 184. Das Pfluͤgen kann zur Erreichung ſeiner Zwecke nur dann von Nutzen ſeyn, wenn der Boden in einem gehoͤrig trocknen, zerreiblichen und zerfallenden Zuſtande ſich befindet. Iſt er zu naß, ſo daß die Furchen blaͤnkern, ſo wird er nur in Stuͤcke geſchnitten, die, vom Streichbrette an die Seite getrieben und gepreßt, nur noch compakter werden, und ausgetrocknet harte Schollen bilden. Weder Saamen- noch Wurzelunkraut wird dadurch vertilgt, die Quecken durch das Zerſchneiden nur ver- doppelt. Das Zugvieh wird von dieſer unnuͤtzen Arbeit gewaltig angegriffen. Iſt der zaͤhere Boden zu trocken, ſo iſt die Arbeit fuͤr Menſchen und Vieh, insbeſondere mit ſchlechten Raͤderpfluͤgen, ſehr ſchwer, und der Boden zerfaͤllt auch nicht, ſondern bricht in Schollen. Iſt es indeſſen moͤglich, ihn mit guten Werkzeugen und mit ſtaͤr- Gehoͤriger Ab- trocknungszu- ſtand des Bo- dens zum Pfluͤgen.

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810/125>, abgerufen am 28.03.2024.