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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812.

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Urbarmachung unangebauter Ländereien.
tute, die auf dem Boden ruhen, oder Abgaben, die nach dem Verhältnisse des
Ertrages bestimmt werden, nehmen von dem zu erwartenden reinen Ertrage leicht
so viel weg, daß die Zinsen des angelegten Kapitals dadurch erschöpft werden,
und dieses verloren ist. Der Feldzehnte thut dies unbedingt.

Sodann kömmt es darauf an, ob die erforderlichen Arbeiter in der Gegend
zu erhalten sind, und was man von ihrer Kraft und Thätigkeit, nach Verhältniß
des Lohns, zu erwarten habe; ob das nöthige Gespann vorerst erhalten und mit
anzukaufender Futterung versehen werden, oder ob man Gespannarbeit für Geld
von seinen Nachbarn verrichten lassen könne.

Endlich und vielleicht vor allem, ob das nöthige Anlage- und Betriebskapi-
tal sicher und nachhaltig vorhanden sey, und ob man die Zinsen eine Reihe von
Jahren hindurch zum Theil entbehren könne.

§. 189.

Es sind besonders zwei Fälle zu unterscheiden: Eine solche UrbarmachungUnterschei-
dung zweier
Fälle.

soll entweder in der Nachbarschaft einer schon bestehenden Wirthschaft unternom-
men und mit derselben in Verbindung gesetzt werden, kann folglich vom Hofe ab
mit Gespann und Arbeitern zu gelegener Zeit betrieben werden, und von daher
jede nöthige Hülfe und Vorschuß erhalten. Oder aber man muß auf dem neu auf-
zubrechenden Lande eine neue Wirthschaft einrichten, und solches ganz aus und
durch sich selbst
in Geil und Gaare setzen.

§. 190.

Im ersten Falle treten natürlich weit wenigere Schwierigkeiten ein. Es er-1) Urbarma-
chung in Ver-
bindung mit
einer schon be-
stehenden
Wirthschaft.

fordert jedoch gehörige Ueberlegung, auf welche Weise das neue aufzubrechende
Land mit der bestehenden Wirthschaft in Verbindung zu setzen sey, in wiefern sich
das alte und neue Land wechselseitig unterstützen, in einen nützlichen Zusammen-
hang gebracht werden, und ein wohl berechnetes Ganze bilden könne; insbeson-
dere ob das neue Land seiner Grundbeschaffenheit und Lage nach mit dem alten in
eine Rotation zu bringen, oder aber nach einem besondern, jedoch in das Uebrige
eingreifenden Systeme zu bewirthschaften sey.

§. 191.

Man hat hier häufig Fehler gemacht, und ist in ein oder anderes Extrem ver-Fehler, worin
manche ver-
fielen.

fallen. Man hat entweder den alten Acker aus Vorliebe für den neuen vernach-

O 2

Urbarmachung unangebauter Laͤndereien.
tute, die auf dem Boden ruhen, oder Abgaben, die nach dem Verhaͤltniſſe des
Ertrages beſtimmt werden, nehmen von dem zu erwartenden reinen Ertrage leicht
ſo viel weg, daß die Zinſen des angelegten Kapitals dadurch erſchoͤpft werden,
und dieſes verloren iſt. Der Feldzehnte thut dies unbedingt.

Sodann koͤmmt es darauf an, ob die erforderlichen Arbeiter in der Gegend
zu erhalten ſind, und was man von ihrer Kraft und Thaͤtigkeit, nach Verhaͤltniß
des Lohns, zu erwarten habe; ob das noͤthige Geſpann vorerſt erhalten und mit
anzukaufender Futterung verſehen werden, oder ob man Geſpannarbeit fuͤr Geld
von ſeinen Nachbarn verrichten laſſen koͤnne.

Endlich und vielleicht vor allem, ob das noͤthige Anlage- und Betriebskapi-
tal ſicher und nachhaltig vorhanden ſey, und ob man die Zinſen eine Reihe von
Jahren hindurch zum Theil entbehren koͤnne.

§. 189.

Es ſind beſonders zwei Faͤlle zu unterſcheiden: Eine ſolche UrbarmachungUnterſchei-
dung zweier
Faͤlle.

ſoll entweder in der Nachbarſchaft einer ſchon beſtehenden Wirthſchaft unternom-
men und mit derſelben in Verbindung geſetzt werden, kann folglich vom Hofe ab
mit Geſpann und Arbeitern zu gelegener Zeit betrieben werden, und von daher
jede noͤthige Huͤlfe und Vorſchuß erhalten. Oder aber man muß auf dem neu auf-
zubrechenden Lande eine neue Wirthſchaft einrichten, und ſolches ganz aus und
durch ſich ſelbſt
in Geil und Gaare ſetzen.

§. 190.

Im erſten Falle treten natuͤrlich weit wenigere Schwierigkeiten ein. Es er-1) Urbarma-
chung in Ver-
bindung mit
einer ſchon be-
ſtehenden
Wirthſchaft.

fordert jedoch gehoͤrige Ueberlegung, auf welche Weiſe das neue aufzubrechende
Land mit der beſtehenden Wirthſchaft in Verbindung zu ſetzen ſey, in wiefern ſich
das alte und neue Land wechſelſeitig unterſtuͤtzen, in einen nuͤtzlichen Zuſammen-
hang gebracht werden, und ein wohl berechnetes Ganze bilden koͤnne; insbeſon-
dere ob das neue Land ſeiner Grundbeſchaffenheit und Lage nach mit dem alten in
eine Rotation zu bringen, oder aber nach einem beſondern, jedoch in das Uebrige
eingreifenden Syſteme zu bewirthſchaften ſey.

§. 191.

Man hat hier haͤufig Fehler gemacht, und iſt in ein oder anderes Extrem ver-Fehler, worin
manche ver-
fielen.

fallen. Man hat entweder den alten Acker aus Vorliebe fuͤr den neuen vernach-

O 2
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[107/0129] Urbarmachung unangebauter Laͤndereien. tute, die auf dem Boden ruhen, oder Abgaben, die nach dem Verhaͤltniſſe des Ertrages beſtimmt werden, nehmen von dem zu erwartenden reinen Ertrage leicht ſo viel weg, daß die Zinſen des angelegten Kapitals dadurch erſchoͤpft werden, und dieſes verloren iſt. Der Feldzehnte thut dies unbedingt. Sodann koͤmmt es darauf an, ob die erforderlichen Arbeiter in der Gegend zu erhalten ſind, und was man von ihrer Kraft und Thaͤtigkeit, nach Verhaͤltniß des Lohns, zu erwarten habe; ob das noͤthige Geſpann vorerſt erhalten und mit anzukaufender Futterung verſehen werden, oder ob man Geſpannarbeit fuͤr Geld von ſeinen Nachbarn verrichten laſſen koͤnne. Endlich und vielleicht vor allem, ob das noͤthige Anlage- und Betriebskapi- tal ſicher und nachhaltig vorhanden ſey, und ob man die Zinſen eine Reihe von Jahren hindurch zum Theil entbehren koͤnne. §. 189. Es ſind beſonders zwei Faͤlle zu unterſcheiden: Eine ſolche Urbarmachung ſoll entweder in der Nachbarſchaft einer ſchon beſtehenden Wirthſchaft unternom- men und mit derſelben in Verbindung geſetzt werden, kann folglich vom Hofe ab mit Geſpann und Arbeitern zu gelegener Zeit betrieben werden, und von daher jede noͤthige Huͤlfe und Vorſchuß erhalten. Oder aber man muß auf dem neu auf- zubrechenden Lande eine neue Wirthſchaft einrichten, und ſolches ganz aus und durch ſich ſelbſt in Geil und Gaare ſetzen. Unterſchei- dung zweier Faͤlle. §. 190. Im erſten Falle treten natuͤrlich weit wenigere Schwierigkeiten ein. Es er- fordert jedoch gehoͤrige Ueberlegung, auf welche Weiſe das neue aufzubrechende Land mit der beſtehenden Wirthſchaft in Verbindung zu ſetzen ſey, in wiefern ſich das alte und neue Land wechſelſeitig unterſtuͤtzen, in einen nuͤtzlichen Zuſammen- hang gebracht werden, und ein wohl berechnetes Ganze bilden koͤnne; insbeſon- dere ob das neue Land ſeiner Grundbeſchaffenheit und Lage nach mit dem alten in eine Rotation zu bringen, oder aber nach einem beſondern, jedoch in das Uebrige eingreifenden Syſteme zu bewirthſchaften ſey. 1) Urbarma- chung in Ver- bindung mit einer ſchon be- ſtehenden Wirthſchaft. §. 191. Man hat hier haͤufig Fehler gemacht, und iſt in ein oder anderes Extrem ver- fallen. Man hat entweder den alten Acker aus Vorliebe fuͤr den neuen vernach- Fehler, worin manche ver- fielen. O 2

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810/129>, abgerufen am 19.04.2024.