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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812.

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Abwässerung.
§. 234.

Bekanntlich hat das Wasser wegen des geringen Zusammenhanges oder Anzie-Naturgesetz
des Wassers.

hung seiner Partikeln -- als worin das Wesen der Flüssigkeit besteht -- die Eigen-
schaft oder das Bestreben, mit jedem seiner Partikeln den niedrigsten Platz zu errei-
chen, wohin es kommen kann, sich folglich ins Gleichgewicht zu setzen oder eine hori-
zontale Fläche zu bilden. Es wirkt mit einer seiner Schwere gleichen Kraft nicht wie
feste Körper bloß auf den Grund, worauf es ruhet, sondern auch auf die Seiten-
wände, die es einschließen. Dieser Druck erstreckt sich so weit, wie seine Verbin-
dung ununterbrochen ist. Daher tritt es in zwei mit einander verbundenen Röhren
aus der einen in die andere so weit herauf, bis es in beiden in horizontaler Linie, oder,
wie man es gewöhnlich nennt, im Niveau stehet. Die Weite der Röhren hat
hierauf gar keinen Einfluß, beide können von einem sehr ungleichen Durchmesser seyn.
indem dieser Druck durch die Friktion überall nicht vermindert wird. Vielmehr kann
in einer Röhre von sehr kleinem Durchmesser das Wasser höher, als in einer
damit verbundenen von großem Durchmesser aufsteigen, vermöge der Anziehung des
Wassers durch feste Körper nach dem bekannten Gesetze der Haarröhrchen. Eine lok-
kere Erde wirkt aber nach demselben Gesetze den Haarröhrchen gleich, wie dies einem
jeden bekannt seyn wird, der einen mit Erde angefüllten im Boden durchlöcherten
Topf in eine Schaale mit Wasser gesetzt hat; wo er nämlich bemerkt haben wird, daß
die Feuchtigkeit weit höher herauftritt, als sie in der Schaale steht.

§. 235.

Der Erdboden besteht aus Lagen von Erden und Steinen, die das Wasser ent-Durchlassende
und undurch-
lassende Lagen
des Erdbs-
dens.

weder durchlassen, und folglich in Verbindung erhalten, oder die es nicht
durchlassen,
und seine Kommunikation trennen. Die Dammerde, der Torf, der
Sand, der Kies, der pulvrige Kalk oder Kreide, alle Steine von porösem Gewebe,
Steingeschiebe und spaltige Felsen sind durchlassende Körper. Nur dichte Fel-
senmassen, verschiedene andere Mineralien, vorzüglich aber der Thon und der zähe
Lehm, sind die undurchlassenden, die Kommunikation des Wasser trennenden
und solches einschließenden Körper. Wenn die letztern einmal zusammengeballt und
in ihrer Oberfläche mit Wasser gesättigt sind, so lassen sie kein Wasser weiter durch,
sondern widerstehen demselben, wie Metall, dichter Stein und festes Holz. Ge-

Dritter Theil. T
Abwaͤſſerung.
§. 234.

Bekanntlich hat das Waſſer wegen des geringen Zuſammenhanges oder Anzie-Naturgeſetz
des Waſſers.

hung ſeiner Partikeln — als worin das Weſen der Fluͤſſigkeit beſteht — die Eigen-
ſchaft oder das Beſtreben, mit jedem ſeiner Partikeln den niedrigſten Platz zu errei-
chen, wohin es kommen kann, ſich folglich ins Gleichgewicht zu ſetzen oder eine hori-
zontale Flaͤche zu bilden. Es wirkt mit einer ſeiner Schwere gleichen Kraft nicht wie
feſte Koͤrper bloß auf den Grund, worauf es ruhet, ſondern auch auf die Seiten-
waͤnde, die es einſchließen. Dieſer Druck erſtreckt ſich ſo weit, wie ſeine Verbin-
dung ununterbrochen iſt. Daher tritt es in zwei mit einander verbundenen Roͤhren
aus der einen in die andere ſo weit herauf, bis es in beiden in horizontaler Linie, oder,
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hierauf gar keinen Einfluß, beide koͤnnen von einem ſehr ungleichen Durchmeſſer ſeyn.
indem dieſer Druck durch die Friktion uͤberall nicht vermindert wird. Vielmehr kann
in einer Roͤhre von ſehr kleinem Durchmeſſer das Waſſer hoͤher, als in einer
damit verbundenen von großem Durchmeſſer aufſteigen, vermoͤge der Anziehung des
Waſſers durch feſte Koͤrper nach dem bekannten Geſetze der Haarroͤhrchen. Eine lok-
kere Erde wirkt aber nach demſelben Geſetze den Haarroͤhrchen gleich, wie dies einem
jeden bekannt ſeyn wird, der einen mit Erde angefuͤllten im Boden durchloͤcherten
Topf in eine Schaale mit Waſſer geſetzt hat; wo er naͤmlich bemerkt haben wird, daß
die Feuchtigkeit weit hoͤher herauftritt, als ſie in der Schaale ſteht.

§. 235.

Der Erdboden beſteht aus Lagen von Erden und Steinen, die das Waſſer ent-Durchlaſſende
und undurch-
laſſende Lagen
des Erdbs-
dens.

weder durchlaſſen, und folglich in Verbindung erhalten, oder die es nicht
durchlaſſen,
und ſeine Kommunikation trennen. Die Dammerde, der Torf, der
Sand, der Kies, der pulvrige Kalk oder Kreide, alle Steine von poroͤſem Gewebe,
Steingeſchiebe und ſpaltige Felſen ſind durchlaſſende Koͤrper. Nur dichte Fel-
ſenmaſſen, verſchiedene andere Mineralien, vorzuͤglich aber der Thon und der zaͤhe
Lehm, ſind die undurchlaſſenden, die Kommunikation des Waſſer trennenden
und ſolches einſchließenden Koͤrper. Wenn die letztern einmal zuſammengeballt und
in ihrer Oberflaͤche mit Waſſer geſaͤttigt ſind, ſo laſſen ſie kein Waſſer weiter durch,
ſondern widerſtehen demſelben, wie Metall, dichter Stein und feſtes Holz. Ge-

Dritter Theil. T
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[145/0167] Abwaͤſſerung. §. 234. Bekanntlich hat das Waſſer wegen des geringen Zuſammenhanges oder Anzie- hung ſeiner Partikeln — als worin das Weſen der Fluͤſſigkeit beſteht — die Eigen- ſchaft oder das Beſtreben, mit jedem ſeiner Partikeln den niedrigſten Platz zu errei- chen, wohin es kommen kann, ſich folglich ins Gleichgewicht zu ſetzen oder eine hori- zontale Flaͤche zu bilden. Es wirkt mit einer ſeiner Schwere gleichen Kraft nicht wie feſte Koͤrper bloß auf den Grund, worauf es ruhet, ſondern auch auf die Seiten- waͤnde, die es einſchließen. Dieſer Druck erſtreckt ſich ſo weit, wie ſeine Verbin- dung ununterbrochen iſt. Daher tritt es in zwei mit einander verbundenen Roͤhren aus der einen in die andere ſo weit herauf, bis es in beiden in horizontaler Linie, oder, wie man es gewoͤhnlich nennt, im Niveau ſtehet. Die Weite der Roͤhren hat hierauf gar keinen Einfluß, beide koͤnnen von einem ſehr ungleichen Durchmeſſer ſeyn. indem dieſer Druck durch die Friktion uͤberall nicht vermindert wird. Vielmehr kann in einer Roͤhre von ſehr kleinem Durchmeſſer das Waſſer hoͤher, als in einer damit verbundenen von großem Durchmeſſer aufſteigen, vermoͤge der Anziehung des Waſſers durch feſte Koͤrper nach dem bekannten Geſetze der Haarroͤhrchen. Eine lok- kere Erde wirkt aber nach demſelben Geſetze den Haarroͤhrchen gleich, wie dies einem jeden bekannt ſeyn wird, der einen mit Erde angefuͤllten im Boden durchloͤcherten Topf in eine Schaale mit Waſſer geſetzt hat; wo er naͤmlich bemerkt haben wird, daß die Feuchtigkeit weit hoͤher herauftritt, als ſie in der Schaale ſteht. Naturgeſetz des Waſſers. §. 235. Der Erdboden beſteht aus Lagen von Erden und Steinen, die das Waſſer ent- weder durchlaſſen, und folglich in Verbindung erhalten, oder die es nicht durchlaſſen, und ſeine Kommunikation trennen. Die Dammerde, der Torf, der Sand, der Kies, der pulvrige Kalk oder Kreide, alle Steine von poroͤſem Gewebe, Steingeſchiebe und ſpaltige Felſen ſind durchlaſſende Koͤrper. Nur dichte Fel- ſenmaſſen, verſchiedene andere Mineralien, vorzuͤglich aber der Thon und der zaͤhe Lehm, ſind die undurchlaſſenden, die Kommunikation des Waſſer trennenden und ſolches einſchließenden Koͤrper. Wenn die letztern einmal zuſammengeballt und in ihrer Oberflaͤche mit Waſſer geſaͤttigt ſind, ſo laſſen ſie kein Waſſer weiter durch, ſondern widerſtehen demſelben, wie Metall, dichter Stein und feſtes Holz. Ge- Durchlaſſende und undurch- laſſende Lagen des Erdbs- dens. Dritter Theil. T

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810/167>, abgerufen am 29.03.2024.