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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812.

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Urbarmachung der Moore und Brücher.

Man pflegt hier, auch wenn der Boden nicht zum neuen Torfanwuchse bestimmt
seyn soll, auf dem Grunde des Moores 9 Zoll bis 1 Fuß Torf stehen zu lassen, auf
allen Fall aber die auf und zwischen dem Torfe liegende Bunkererde oder Mulm wie-
der in den Grund zu schütten und wohl zu vertheilen. Wo möglich mengt man diese
torfigte Modererde mit irgend einer wirklichen Erde, welche man in der Nähe haben
kann, besonders mit der am Rande des Kanals mehrentheils liegenden, aus dem
Grunde des Moores aufgeworfenen Erde, oder man gräbt sie stellenweise aus dem
Grunde des Moores hervor. Hierdurch erhält die Torferde die erforderliche Festig-
keit, und wird bald zum Bau aller Früchte geschickt. Kann man ihr zugleich eine
Mistdüngung, oder was fast eben so wirksam ist, eine starke Kalkung geben, so kann
man sie schnell zu einer erstaunlichen Fruchtbarkeit bringen. Man darf sie doch nie
ungestraft durch reifende Früchte zu stark ausziehen, und in Holland und Frießland
ist es einem jeden bekannt, daß man, um die Fruchtbarkeit eines solchen Bodens zu
erhalten, ihn entweder bald zur Weide niederlegen, oder vermöge eines abwechseln-
den Futterbaues sehr reichlich mit Stalldünger versehen müsse. Wegen des großen
Ertrages, welchen ausgetorftes Land, gehörig behandelt, gewährt, eilt man hier,
jede ausgetorfte und genugsam abgewässerte Stelle sogleich in Kultur zu setzen, und
widmet sie selten dem langsamen und minder rentirenden neuen Anwuchse des Torfs.

Ist die Abwässerung richtig geschehen, so ist das Land sowohl zum Getreidebau
als zu Wiesen vortreflich geeignet, und letztere können dann durch leichte Vorrichtun-
gen bewässert werden. Wenn aber auch die Abwässerung nicht vollständig wäre, so
benutzt man dieses Land doch lieber zum Anbau von Elsen- und Weidenholz, welches
den üppigsten Wuchs darauf hat, und an Brennmaterial einen schnellern und größern
Ertrag gewährt, als der wiederwachsende Torf.

Kann man den Boden nicht düngen, so werden sich anfangs zwar noch torfar-
tige Gräser darauf zeigen, aber bald und allmählig besseren Platz machen, besonders
wenn der Grund trocken ist, oben aber von Zeit zu Zeit Wasser übergelassen wird.

§. 272.

Kultur der
unausgetorf-
ten Moore.
Die unausgetorften, mit Binsen, Haide- und Moorpflanzen besetzten Moore
werden, nachdem sie hinlänglich entwässert sind, mit dem Pfluge aufgebrochen; oder

Urbarmachung der Moore und Bruͤcher.

Man pflegt hier, auch wenn der Boden nicht zum neuen Torfanwuchſe beſtimmt
ſeyn ſoll, auf dem Grunde des Moores 9 Zoll bis 1 Fuß Torf ſtehen zu laſſen, auf
allen Fall aber die auf und zwiſchen dem Torfe liegende Bunkererde oder Mulm wie-
der in den Grund zu ſchuͤtten und wohl zu vertheilen. Wo moͤglich mengt man dieſe
torfigte Modererde mit irgend einer wirklichen Erde, welche man in der Naͤhe haben
kann, beſonders mit der am Rande des Kanals mehrentheils liegenden, aus dem
Grunde des Moores aufgeworfenen Erde, oder man graͤbt ſie ſtellenweiſe aus dem
Grunde des Moores hervor. Hierdurch erhaͤlt die Torferde die erforderliche Feſtig-
keit, und wird bald zum Bau aller Fruͤchte geſchickt. Kann man ihr zugleich eine
Miſtduͤngung, oder was faſt eben ſo wirkſam iſt, eine ſtarke Kalkung geben, ſo kann
man ſie ſchnell zu einer erſtaunlichen Fruchtbarkeit bringen. Man darf ſie doch nie
ungeſtraft durch reifende Fruͤchte zu ſtark ausziehen, und in Holland und Frießland
iſt es einem jeden bekannt, daß man, um die Fruchtbarkeit eines ſolchen Bodens zu
erhalten, ihn entweder bald zur Weide niederlegen, oder vermoͤge eines abwechſeln-
den Futterbaues ſehr reichlich mit Stallduͤnger verſehen muͤſſe. Wegen des großen
Ertrages, welchen ausgetorftes Land, gehoͤrig behandelt, gewaͤhrt, eilt man hier,
jede ausgetorfte und genugſam abgewaͤſſerte Stelle ſogleich in Kultur zu ſetzen, und
widmet ſie ſelten dem langſamen und minder rentirenden neuen Anwuchſe des Torfs.

Iſt die Abwaͤſſerung richtig geſchehen, ſo iſt das Land ſowohl zum Getreidebau
als zu Wieſen vortreflich geeignet, und letztere koͤnnen dann durch leichte Vorrichtun-
gen bewaͤſſert werden. Wenn aber auch die Abwaͤſſerung nicht vollſtaͤndig waͤre, ſo
benutzt man dieſes Land doch lieber zum Anbau von Elſen- und Weidenholz, welches
den uͤppigſten Wuchs darauf hat, und an Brennmaterial einen ſchnellern und groͤßern
Ertrag gewaͤhrt, als der wiederwachſende Torf.

Kann man den Boden nicht duͤngen, ſo werden ſich anfangs zwar noch torfar-
tige Graͤſer darauf zeigen, aber bald und allmaͤhlig beſſeren Platz machen, beſonders
wenn der Grund trocken iſt, oben aber von Zeit zu Zeit Waſſer uͤbergelaſſen wird.

§. 272.

Kultur der
unausgetorf-
ten Moore.
Die unausgetorften, mit Binſen, Haide- und Moorpflanzen beſetzten Moore
werden, nachdem ſie hinlaͤnglich entwaͤſſert ſind, mit dem Pfluge aufgebrochen; oder

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[178/0200] Urbarmachung der Moore und Bruͤcher. Man pflegt hier, auch wenn der Boden nicht zum neuen Torfanwuchſe beſtimmt ſeyn ſoll, auf dem Grunde des Moores 9 Zoll bis 1 Fuß Torf ſtehen zu laſſen, auf allen Fall aber die auf und zwiſchen dem Torfe liegende Bunkererde oder Mulm wie- der in den Grund zu ſchuͤtten und wohl zu vertheilen. Wo moͤglich mengt man dieſe torfigte Modererde mit irgend einer wirklichen Erde, welche man in der Naͤhe haben kann, beſonders mit der am Rande des Kanals mehrentheils liegenden, aus dem Grunde des Moores aufgeworfenen Erde, oder man graͤbt ſie ſtellenweiſe aus dem Grunde des Moores hervor. Hierdurch erhaͤlt die Torferde die erforderliche Feſtig- keit, und wird bald zum Bau aller Fruͤchte geſchickt. Kann man ihr zugleich eine Miſtduͤngung, oder was faſt eben ſo wirkſam iſt, eine ſtarke Kalkung geben, ſo kann man ſie ſchnell zu einer erſtaunlichen Fruchtbarkeit bringen. Man darf ſie doch nie ungeſtraft durch reifende Fruͤchte zu ſtark ausziehen, und in Holland und Frießland iſt es einem jeden bekannt, daß man, um die Fruchtbarkeit eines ſolchen Bodens zu erhalten, ihn entweder bald zur Weide niederlegen, oder vermoͤge eines abwechſeln- den Futterbaues ſehr reichlich mit Stallduͤnger verſehen muͤſſe. Wegen des großen Ertrages, welchen ausgetorftes Land, gehoͤrig behandelt, gewaͤhrt, eilt man hier, jede ausgetorfte und genugſam abgewaͤſſerte Stelle ſogleich in Kultur zu ſetzen, und widmet ſie ſelten dem langſamen und minder rentirenden neuen Anwuchſe des Torfs. Iſt die Abwaͤſſerung richtig geſchehen, ſo iſt das Land ſowohl zum Getreidebau als zu Wieſen vortreflich geeignet, und letztere koͤnnen dann durch leichte Vorrichtun- gen bewaͤſſert werden. Wenn aber auch die Abwaͤſſerung nicht vollſtaͤndig waͤre, ſo benutzt man dieſes Land doch lieber zum Anbau von Elſen- und Weidenholz, welches den uͤppigſten Wuchs darauf hat, und an Brennmaterial einen ſchnellern und groͤßern Ertrag gewaͤhrt, als der wiederwachſende Torf. Kann man den Boden nicht duͤngen, ſo werden ſich anfangs zwar noch torfar- tige Graͤſer darauf zeigen, aber bald und allmaͤhlig beſſeren Platz machen, beſonders wenn der Grund trocken iſt, oben aber von Zeit zu Zeit Waſſer uͤbergelaſſen wird. §. 272. Die unausgetorften, mit Binſen, Haide- und Moorpflanzen beſetzten Moore werden, nachdem ſie hinlaͤnglich entwaͤſſert ſind, mit dem Pfluge aufgebrochen; oder Kultur der unausgetorf- ten Moore.

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810/200>, abgerufen am 16.04.2024.