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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812.

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Die Bewässerung.
höher gelegenen Flächen, die nur nicht unter dem Wasserspiegel des Flusses an der
Stelle, wo der Kanal abgeleitet wird, liegen, zukommen zu lassen. Auch kann
die schnelle und vollkommene Trockenlegung der ganzen Fläche auf einmal fast nur
hierdurch erreicht werden.

Die Ueberstauung hat einige Vortheile selbst vor der Ueberrieselung. Man
kann das Wasser der Winter- und Frühjahrsfluthen, welches mit düngenden Thei-
len am stärksten beschwängert ist, benutzen, und so lange die Umstände es erlauben,
auf der Fläche erhalten, damit es seinen wohlthätigen Schlamm völlig absetze.
Der Boden wird dadurch nicht allein vom Wasser völlig durchdrungen, sondern es
wird auch der schwammige Boden, wenn er nachher nur in der Tiefe Abzug hat,
wie die Erfahrung lehrt, zusammengedrückt und fester gemacht.

Dagegen findet diese Bewässerungsart nur statt in der Herbst-, Winter- und
Frühjahrszeit, und muß aufhören, sobald die Vegetation und Wärme eintritt.
Nur etwa nach der ersten Heuernte kann sie auf eine ganz kurze Zeit noch gegeben
werden. Wie viel es darauf ankomme, den Abzug des Wassers und die vollkom-
mene Trockenlegung schnell zu bewirken, wenn der gerechte Zeitpunkt da ist, wird
in der Lehre von der Wiesenkultur ausführlicher gezeigt werden. Deshalb müssen
auch die Entwässerungsrinnen und Gräben zweckmäßig eingerichtet seyn, mit der
abzuführenden Wassermasse im Verhältniß stehen, und hinlängliches Gefälle von
jedem Punkte der Fläche ab haben, damit nirgends morastige Stellen entstehen,
wenn anders die große Wirkung dieser Bewässerung vollständig erreicht wer-
den soll.

§. 284.

Die Berie-
selung.
Da aber die Austrocknung der in der Winterzeit bewässerten Fläche in trock-
nen Sommerzeiten mittelst dieser Bewässerungsart nie verhütet werden kann, so
hat doch im Ganzen die Berieselungsmethode größere Vortheile, insbeson-
dere auf jedem Boden, welcher, seiner Konsistenz und Lage nach, der Dürre sehr
unterworfen ist. Der Absatz der düngenden Theile aus dem überrieselnden Wasser
wird doch auch dadurch ziemlich vollständig erreicht, besonders wenn man sich
desselben Wassers, was fast nur bei dieser Bewässerungsart möglich ist, mehrere
Male auf verschiedenen Flächen bedient. Allein der Hauptvorzug ist der, daß man
den Boden und den darauf wachsenden Pflanzen zu jeder Zeit Feuchtigkeit geben

Die Bewaͤſſerung.
hoͤher gelegenen Flaͤchen, die nur nicht unter dem Waſſerſpiegel des Fluſſes an der
Stelle, wo der Kanal abgeleitet wird, liegen, zukommen zu laſſen. Auch kann
die ſchnelle und vollkommene Trockenlegung der ganzen Flaͤche auf einmal faſt nur
hierdurch erreicht werden.

Die Ueberſtauung hat einige Vortheile ſelbſt vor der Ueberrieſelung. Man
kann das Waſſer der Winter- und Fruͤhjahrsfluthen, welches mit duͤngenden Thei-
len am ſtaͤrkſten beſchwaͤngert iſt, benutzen, und ſo lange die Umſtaͤnde es erlauben,
auf der Flaͤche erhalten, damit es ſeinen wohlthaͤtigen Schlamm voͤllig abſetze.
Der Boden wird dadurch nicht allein vom Waſſer voͤllig durchdrungen, ſondern es
wird auch der ſchwammige Boden, wenn er nachher nur in der Tiefe Abzug hat,
wie die Erfahrung lehrt, zuſammengedruͤckt und feſter gemacht.

Dagegen findet dieſe Bewaͤſſerungsart nur ſtatt in der Herbſt-, Winter- und
Fruͤhjahrszeit, und muß aufhoͤren, ſobald die Vegetation und Waͤrme eintritt.
Nur etwa nach der erſten Heuernte kann ſie auf eine ganz kurze Zeit noch gegeben
werden. Wie viel es darauf ankomme, den Abzug des Waſſers und die vollkom-
mene Trockenlegung ſchnell zu bewirken, wenn der gerechte Zeitpunkt da iſt, wird
in der Lehre von der Wieſenkultur ausfuͤhrlicher gezeigt werden. Deshalb muͤſſen
auch die Entwaͤſſerungsrinnen und Graͤben zweckmaͤßig eingerichtet ſeyn, mit der
abzufuͤhrenden Waſſermaſſe im Verhaͤltniß ſtehen, und hinlaͤngliches Gefaͤlle von
jedem Punkte der Flaͤche ab haben, damit nirgends moraſtige Stellen entſtehen,
wenn anders die große Wirkung dieſer Bewaͤſſerung vollſtaͤndig erreicht wer-
den ſoll.

§. 284.

Die Berie-
ſelung.
Da aber die Austrocknung der in der Winterzeit bewaͤſſerten Flaͤche in trock-
nen Sommerzeiten mittelſt dieſer Bewaͤſſerungsart nie verhuͤtet werden kann, ſo
hat doch im Ganzen die Berieſelungsmethode groͤßere Vortheile, insbeſon-
dere auf jedem Boden, welcher, ſeiner Konſiſtenz und Lage nach, der Duͤrre ſehr
unterworfen iſt. Der Abſatz der duͤngenden Theile aus dem uͤberrieſelnden Waſſer
wird doch auch dadurch ziemlich vollſtaͤndig erreicht, beſonders wenn man ſich
deſſelben Waſſers, was faſt nur bei dieſer Bewaͤſſerungsart moͤglich iſt, mehrere
Male auf verſchiedenen Flaͤchen bedient. Allein der Hauptvorzug iſt der, daß man
den Boden und den darauf wachſenden Pflanzen zu jeder Zeit Feuchtigkeit geben

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[194/0216] Die Bewaͤſſerung. hoͤher gelegenen Flaͤchen, die nur nicht unter dem Waſſerſpiegel des Fluſſes an der Stelle, wo der Kanal abgeleitet wird, liegen, zukommen zu laſſen. Auch kann die ſchnelle und vollkommene Trockenlegung der ganzen Flaͤche auf einmal faſt nur hierdurch erreicht werden. Die Ueberſtauung hat einige Vortheile ſelbſt vor der Ueberrieſelung. Man kann das Waſſer der Winter- und Fruͤhjahrsfluthen, welches mit duͤngenden Thei- len am ſtaͤrkſten beſchwaͤngert iſt, benutzen, und ſo lange die Umſtaͤnde es erlauben, auf der Flaͤche erhalten, damit es ſeinen wohlthaͤtigen Schlamm voͤllig abſetze. Der Boden wird dadurch nicht allein vom Waſſer voͤllig durchdrungen, ſondern es wird auch der ſchwammige Boden, wenn er nachher nur in der Tiefe Abzug hat, wie die Erfahrung lehrt, zuſammengedruͤckt und feſter gemacht. Dagegen findet dieſe Bewaͤſſerungsart nur ſtatt in der Herbſt-, Winter- und Fruͤhjahrszeit, und muß aufhoͤren, ſobald die Vegetation und Waͤrme eintritt. Nur etwa nach der erſten Heuernte kann ſie auf eine ganz kurze Zeit noch gegeben werden. Wie viel es darauf ankomme, den Abzug des Waſſers und die vollkom- mene Trockenlegung ſchnell zu bewirken, wenn der gerechte Zeitpunkt da iſt, wird in der Lehre von der Wieſenkultur ausfuͤhrlicher gezeigt werden. Deshalb muͤſſen auch die Entwaͤſſerungsrinnen und Graͤben zweckmaͤßig eingerichtet ſeyn, mit der abzufuͤhrenden Waſſermaſſe im Verhaͤltniß ſtehen, und hinlaͤngliches Gefaͤlle von jedem Punkte der Flaͤche ab haben, damit nirgends moraſtige Stellen entſtehen, wenn anders die große Wirkung dieſer Bewaͤſſerung vollſtaͤndig erreicht wer- den ſoll. §. 284. Da aber die Austrocknung der in der Winterzeit bewaͤſſerten Flaͤche in trock- nen Sommerzeiten mittelſt dieſer Bewaͤſſerungsart nie verhuͤtet werden kann, ſo hat doch im Ganzen die Berieſelungsmethode groͤßere Vortheile, insbeſon- dere auf jedem Boden, welcher, ſeiner Konſiſtenz und Lage nach, der Duͤrre ſehr unterworfen iſt. Der Abſatz der duͤngenden Theile aus dem uͤberrieſelnden Waſſer wird doch auch dadurch ziemlich vollſtaͤndig erreicht, beſonders wenn man ſich deſſelben Waſſers, was faſt nur bei dieſer Bewaͤſſerungsart moͤglich iſt, mehrere Male auf verſchiedenen Flaͤchen bedient. Allein der Hauptvorzug iſt der, daß man den Boden und den darauf wachſenden Pflanzen zu jeder Zeit Feuchtigkeit geben Die Berie- ſelung.

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810/216>, abgerufen am 24.04.2024.