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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812.

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Der Wiesenbau.
lose, scharfe und dem Vieh zum Theil schädliche Sumpf- und Moorpflanzen, die
nur aus Mangel eines bessern Heues und aus Noth gebraucht werden, und woran
sich das Vieh solcher Gegenden erst gewöhnen muß.

Man nennt solche Wiesen häufig sauerbeizige Wiesen. Das in ihren Grä-
ben hervorkommende Wasser hat oft eine in Farben spielende Haut, und setzt eine
rothe, braune, ocherartige Materie ab, welche zum Theil phosphorsaures Eisen
zu seyn pflegt. Bei tieferen Abgrabungen kömmt man hier gewöhnlich auch auf
Nester von mehr oder weniger steinigtem und verhärtetem Sumpfeisen, von wel-
chem jene bis zu der Oberfläche vom Wasser gehobene ocherige Materie herzurüh-
ren scheint. Sumpfige Wiesen, worin dieses Wasser stockt, geben insbesondere
ein schlechtes Heu, wenn nicht durch zureichende Abgrabungen dem Heraufstauen
dieses eisenhaltigen sauren Wassers bis zur Oberfläche gewehret wird. Wenn
Wiesen dieser Art ein solches Wasser nicht ausschwitzen, so sind sie immer frucht-
barer und gedeihlicher.

Diese Wiesen können nun durch gehörige Abwässerung, besonders wenn
man eine Rückstauung des Wassers in seiner Gewalt behält, oder aber durch Auf-
führung von anderer Erde, sehr verbessert werden.

§. 316.

Sicherheit
und Unsicher-
heit der Wie-
sen.
Bei den Wiesen der ersten und zweiten Art ist besonders Rücksicht auf ihre
Sicherheit und Unsicherheit zu nehmen. Denn so vortheilhaft ihnen die Ueberströ-
mung im Winter und Frühjahre, vor begonnener Vegetation, auch ist, so nach-
theilig wird sie, wenn sie bei schon herangewachsenem Grase, oder wohl gar bei
der Heuernte eintritt, oder aber das Wasser im Frühjahre zu lange auf ihnen ver-
weilt, und eine Fäulniß der guten Gräser veranlaßt. Dies hängt nun von der
Beschaffenheit der Flüsse ab, unter deren Einwirkung sie stehen. Von den Mit-
teln dagegen ist in der Lehre von der Abwässerung geredet.

§. 317.

Der Werth
der Wiesen.
Der Werth der Wiesen hängt theils von der Qualität, theils von der Quan-
tität des davon zu gewinnenden Heues ab. In der Regel stimmt beides miteinan-
der überein, falls die Wiesen einen milden Humus haben. Wenn sie sehr gras-
reich sind, so tragen sie auch Gräser von guter Art, und bei zunehmender Frucht-
barkeit, die auf irgend eine Art durch die Natur oder Kunst bewirkt worden, ver-

Der Wieſenbau.
loſe, ſcharfe und dem Vieh zum Theil ſchaͤdliche Sumpf- und Moorpflanzen, die
nur aus Mangel eines beſſern Heues und aus Noth gebraucht werden, und woran
ſich das Vieh ſolcher Gegenden erſt gewoͤhnen muß.

Man nennt ſolche Wieſen haͤufig ſauerbeizige Wieſen. Das in ihren Graͤ-
ben hervorkommende Waſſer hat oft eine in Farben ſpielende Haut, und ſetzt eine
rothe, braune, ocherartige Materie ab, welche zum Theil phosphorſaures Eiſen
zu ſeyn pflegt. Bei tieferen Abgrabungen koͤmmt man hier gewoͤhnlich auch auf
Neſter von mehr oder weniger ſteinigtem und verhaͤrtetem Sumpfeiſen, von wel-
chem jene bis zu der Oberflaͤche vom Waſſer gehobene ocherige Materie herzuruͤh-
ren ſcheint. Sumpfige Wieſen, worin dieſes Waſſer ſtockt, geben insbeſondere
ein ſchlechtes Heu, wenn nicht durch zureichende Abgrabungen dem Heraufſtauen
dieſes eiſenhaltigen ſauren Waſſers bis zur Oberflaͤche gewehret wird. Wenn
Wieſen dieſer Art ein ſolches Waſſer nicht ausſchwitzen, ſo ſind ſie immer frucht-
barer und gedeihlicher.

Dieſe Wieſen koͤnnen nun durch gehoͤrige Abwaͤſſerung, beſonders wenn
man eine Ruͤckſtauung des Waſſers in ſeiner Gewalt behaͤlt, oder aber durch Auf-
fuͤhrung von anderer Erde, ſehr verbeſſert werden.

§. 316.

Sicherheit
und Unſicher-
heit der Wie-
ſen.
Bei den Wieſen der erſten und zweiten Art iſt beſonders Ruͤckſicht auf ihre
Sicherheit und Unſicherheit zu nehmen. Denn ſo vortheilhaft ihnen die Ueberſtroͤ-
mung im Winter und Fruͤhjahre, vor begonnener Vegetation, auch iſt, ſo nach-
theilig wird ſie, wenn ſie bei ſchon herangewachſenem Graſe, oder wohl gar bei
der Heuernte eintritt, oder aber das Waſſer im Fruͤhjahre zu lange auf ihnen ver-
weilt, und eine Faͤulniß der guten Graͤſer veranlaßt. Dies haͤngt nun von der
Beſchaffenheit der Fluͤſſe ab, unter deren Einwirkung ſie ſtehen. Von den Mit-
teln dagegen iſt in der Lehre von der Abwaͤſſerung geredet.

§. 317.

Der Werth
der Wieſen.
Der Werth der Wieſen haͤngt theils von der Qualitaͤt, theils von der Quan-
titaͤt des davon zu gewinnenden Heues ab. In der Regel ſtimmt beides miteinan-
der uͤberein, falls die Wieſen einen milden Humus haben. Wenn ſie ſehr gras-
reich ſind, ſo tragen ſie auch Graͤſer von guter Art, und bei zunehmender Frucht-
barkeit, die auf irgend eine Art durch die Natur oder Kunſt bewirkt worden, ver-

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[228/0250] Der Wieſenbau. loſe, ſcharfe und dem Vieh zum Theil ſchaͤdliche Sumpf- und Moorpflanzen, die nur aus Mangel eines beſſern Heues und aus Noth gebraucht werden, und woran ſich das Vieh ſolcher Gegenden erſt gewoͤhnen muß. Man nennt ſolche Wieſen haͤufig ſauerbeizige Wieſen. Das in ihren Graͤ- ben hervorkommende Waſſer hat oft eine in Farben ſpielende Haut, und ſetzt eine rothe, braune, ocherartige Materie ab, welche zum Theil phosphorſaures Eiſen zu ſeyn pflegt. Bei tieferen Abgrabungen koͤmmt man hier gewoͤhnlich auch auf Neſter von mehr oder weniger ſteinigtem und verhaͤrtetem Sumpfeiſen, von wel- chem jene bis zu der Oberflaͤche vom Waſſer gehobene ocherige Materie herzuruͤh- ren ſcheint. Sumpfige Wieſen, worin dieſes Waſſer ſtockt, geben insbeſondere ein ſchlechtes Heu, wenn nicht durch zureichende Abgrabungen dem Heraufſtauen dieſes eiſenhaltigen ſauren Waſſers bis zur Oberflaͤche gewehret wird. Wenn Wieſen dieſer Art ein ſolches Waſſer nicht ausſchwitzen, ſo ſind ſie immer frucht- barer und gedeihlicher. Dieſe Wieſen koͤnnen nun durch gehoͤrige Abwaͤſſerung, beſonders wenn man eine Ruͤckſtauung des Waſſers in ſeiner Gewalt behaͤlt, oder aber durch Auf- fuͤhrung von anderer Erde, ſehr verbeſſert werden. §. 316. Bei den Wieſen der erſten und zweiten Art iſt beſonders Ruͤckſicht auf ihre Sicherheit und Unſicherheit zu nehmen. Denn ſo vortheilhaft ihnen die Ueberſtroͤ- mung im Winter und Fruͤhjahre, vor begonnener Vegetation, auch iſt, ſo nach- theilig wird ſie, wenn ſie bei ſchon herangewachſenem Graſe, oder wohl gar bei der Heuernte eintritt, oder aber das Waſſer im Fruͤhjahre zu lange auf ihnen ver- weilt, und eine Faͤulniß der guten Graͤſer veranlaßt. Dies haͤngt nun von der Beſchaffenheit der Fluͤſſe ab, unter deren Einwirkung ſie ſtehen. Von den Mit- teln dagegen iſt in der Lehre von der Abwaͤſſerung geredet. Sicherheit und Unſicher- heit der Wie- ſen. §. 317. Der Werth der Wieſen haͤngt theils von der Qualitaͤt, theils von der Quan- titaͤt des davon zu gewinnenden Heues ab. In der Regel ſtimmt beides miteinan- der uͤberein, falls die Wieſen einen milden Humus haben. Wenn ſie ſehr gras- reich ſind, ſo tragen ſie auch Graͤſer von guter Art, und bei zunehmender Frucht- barkeit, die auf irgend eine Art durch die Natur oder Kunſt bewirkt worden, ver- Der Werth der Wieſen.

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810/250>, abgerufen am 29.03.2024.