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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812.

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Der Wiesenbau.
nützlichsten Operationen des Wiesenbaues. Man hat es hauptsächlich zur Vertilgung
des Mooses empfohlen; indessen wird diese dadurch nur auf eine indirekte Weise be-
wirkt. Moos setzt sich da an, wo keine andern Pflanzen ihre Nahrung und Stand-
ort finden, bedeckt nur leere Stellen, weicht aber leicht anderen Pflanzen, geht über
in Moder, und befördert als solcher ihren Wachsthum. Auch vergehen die Wasser-
moose, wenn der Boden trocken gelegt wird; die dürren Moose, wenn man ihn be-
wässert. Das Moos an sich scheint also den Wiesen nicht so nachtheilig, daß man
besondere Mittel zu seiner Zerstörung anzuwenden brauchte, indem es jeder Wiesen-
kultur, welche die Grasnarbe verstärkt, weichet. Allein das Aufritzen der Wiese
befördert das Gedeihen und die Erstarkung der Wiesenpflanzen durch diesen freien Zu-
tritt, welchen es der Atmosphäre öffnet, durch die Zerstückelung und Vervielfältigung
der Grasstämme, und durch die lockere Erdkrume, welche es an die Pflanzen bringt.
Es ist daher auf unbemooseten Wiesen, besonders solchen, die eine bindende nicht
schwammige Grunderde haben, von eben so großer Wirkung, wie auf den bemooseten.
Es geschieht im Frühjahre, wenn die Vegetation beginnt und der Boden hinlänglich
abgetrocknet ist. Vorzüglich hat man es wirksam gefunden, wenn man der Wiese
eine Düngung geben wollte, und hat von dieser eine ungleich stärkere Wirkung ver-
spürt, wenn man den Rasen vorher verwundet hatte.

Das Walzen des Graslandes befördert zwar die Schönheit und Ebenheit des
Rasens, aber nicht den Ertrag der Wiesen.

§. 337.

Düngung der
Wiesen.
Die Düngung der Wiesen wird in einigen Gegenden mit größerer Emsigkeit wie
die des Ackers selbst beschafft, und ist fast vorzugsweise jenen zugeeignet. Wenn wir
die Wiesen düngen, sagt man daselbst, so brauchen wir um zureichenden Dünger für
den Acker nicht bekümmert zu seyn. In andern Gegenden hat man an Bedüngung
der Wiesen keinen Gedanken, und hält es für unerhört, dem Acker den Dünger zu
entziehen, um ihn den Wiesen zu geben, weil man die Wiese ohne solche doch etwas,
den Acker fast gar nichts tragen sieht.

Die durch das Austreten schlammiger Flüsse befruchteten Wiesen bedürfen frei-
lich des Düngers nicht, und sie gehören deshalb zu den größten Wohlthaten der Na-
tur für den Ackerbau derer Gegenden, die sie besitzen, und wodurch sich diese in ihrem
Ertrage leicht über den erheben, welchen der Kunstfleiß in andern Gegenden erzwingt.

Der Wieſenbau.
nuͤtzlichſten Operationen des Wieſenbaues. Man hat es hauptſaͤchlich zur Vertilgung
des Mooſes empfohlen; indeſſen wird dieſe dadurch nur auf eine indirekte Weiſe be-
wirkt. Moos ſetzt ſich da an, wo keine andern Pflanzen ihre Nahrung und Stand-
ort finden, bedeckt nur leere Stellen, weicht aber leicht anderen Pflanzen, geht uͤber
in Moder, und befoͤrdert als ſolcher ihren Wachsthum. Auch vergehen die Waſſer-
mooſe, wenn der Boden trocken gelegt wird; die duͤrren Mooſe, wenn man ihn be-
waͤſſert. Das Moos an ſich ſcheint alſo den Wieſen nicht ſo nachtheilig, daß man
beſondere Mittel zu ſeiner Zerſtoͤrung anzuwenden brauchte, indem es jeder Wieſen-
kultur, welche die Grasnarbe verſtaͤrkt, weichet. Allein das Aufritzen der Wieſe
befoͤrdert das Gedeihen und die Erſtarkung der Wieſenpflanzen durch dieſen freien Zu-
tritt, welchen es der Atmoſphaͤre oͤffnet, durch die Zerſtuͤckelung und Vervielfaͤltigung
der Grasſtaͤmme, und durch die lockere Erdkrume, welche es an die Pflanzen bringt.
Es iſt daher auf unbemooſeten Wieſen, beſonders ſolchen, die eine bindende nicht
ſchwammige Grunderde haben, von eben ſo großer Wirkung, wie auf den bemooſeten.
Es geſchieht im Fruͤhjahre, wenn die Vegetation beginnt und der Boden hinlaͤnglich
abgetrocknet iſt. Vorzuͤglich hat man es wirkſam gefunden, wenn man der Wieſe
eine Duͤngung geben wollte, und hat von dieſer eine ungleich ſtaͤrkere Wirkung ver-
ſpuͤrt, wenn man den Raſen vorher verwundet hatte.

Das Walzen des Graslandes befoͤrdert zwar die Schoͤnheit und Ebenheit des
Raſens, aber nicht den Ertrag der Wieſen.

§. 337.

Duͤngung der
Wieſen.
Die Duͤngung der Wieſen wird in einigen Gegenden mit groͤßerer Emſigkeit wie
die des Ackers ſelbſt beſchafft, und iſt faſt vorzugsweiſe jenen zugeeignet. Wenn wir
die Wieſen duͤngen, ſagt man daſelbſt, ſo brauchen wir um zureichenden Duͤnger fuͤr
den Acker nicht bekuͤmmert zu ſeyn. In andern Gegenden hat man an Beduͤngung
der Wieſen keinen Gedanken, und haͤlt es fuͤr unerhoͤrt, dem Acker den Duͤnger zu
entziehen, um ihn den Wieſen zu geben, weil man die Wieſe ohne ſolche doch etwas,
den Acker faſt gar nichts tragen ſieht.

Die durch das Austreten ſchlammiger Fluͤſſe befruchteten Wieſen beduͤrfen frei-
lich des Duͤngers nicht, und ſie gehoͤren deshalb zu den groͤßten Wohlthaten der Na-
tur fuͤr den Ackerbau derer Gegenden, die ſie beſitzen, und wodurch ſich dieſe in ihrem
Ertrage leicht uͤber den erheben, welchen der Kunſtfleiß in andern Gegenden erzwingt.

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[246/0268] Der Wieſenbau. nuͤtzlichſten Operationen des Wieſenbaues. Man hat es hauptſaͤchlich zur Vertilgung des Mooſes empfohlen; indeſſen wird dieſe dadurch nur auf eine indirekte Weiſe be- wirkt. Moos ſetzt ſich da an, wo keine andern Pflanzen ihre Nahrung und Stand- ort finden, bedeckt nur leere Stellen, weicht aber leicht anderen Pflanzen, geht uͤber in Moder, und befoͤrdert als ſolcher ihren Wachsthum. Auch vergehen die Waſſer- mooſe, wenn der Boden trocken gelegt wird; die duͤrren Mooſe, wenn man ihn be- waͤſſert. Das Moos an ſich ſcheint alſo den Wieſen nicht ſo nachtheilig, daß man beſondere Mittel zu ſeiner Zerſtoͤrung anzuwenden brauchte, indem es jeder Wieſen- kultur, welche die Grasnarbe verſtaͤrkt, weichet. Allein das Aufritzen der Wieſe befoͤrdert das Gedeihen und die Erſtarkung der Wieſenpflanzen durch dieſen freien Zu- tritt, welchen es der Atmoſphaͤre oͤffnet, durch die Zerſtuͤckelung und Vervielfaͤltigung der Grasſtaͤmme, und durch die lockere Erdkrume, welche es an die Pflanzen bringt. Es iſt daher auf unbemooſeten Wieſen, beſonders ſolchen, die eine bindende nicht ſchwammige Grunderde haben, von eben ſo großer Wirkung, wie auf den bemooſeten. Es geſchieht im Fruͤhjahre, wenn die Vegetation beginnt und der Boden hinlaͤnglich abgetrocknet iſt. Vorzuͤglich hat man es wirkſam gefunden, wenn man der Wieſe eine Duͤngung geben wollte, und hat von dieſer eine ungleich ſtaͤrkere Wirkung ver- ſpuͤrt, wenn man den Raſen vorher verwundet hatte. Das Walzen des Graslandes befoͤrdert zwar die Schoͤnheit und Ebenheit des Raſens, aber nicht den Ertrag der Wieſen. §. 337. Die Duͤngung der Wieſen wird in einigen Gegenden mit groͤßerer Emſigkeit wie die des Ackers ſelbſt beſchafft, und iſt faſt vorzugsweiſe jenen zugeeignet. Wenn wir die Wieſen duͤngen, ſagt man daſelbſt, ſo brauchen wir um zureichenden Duͤnger fuͤr den Acker nicht bekuͤmmert zu ſeyn. In andern Gegenden hat man an Beduͤngung der Wieſen keinen Gedanken, und haͤlt es fuͤr unerhoͤrt, dem Acker den Duͤnger zu entziehen, um ihn den Wieſen zu geben, weil man die Wieſe ohne ſolche doch etwas, den Acker faſt gar nichts tragen ſieht. Duͤngung der Wieſen. Die durch das Austreten ſchlammiger Fluͤſſe befruchteten Wieſen beduͤrfen frei- lich des Duͤngers nicht, und ſie gehoͤren deshalb zu den groͤßten Wohlthaten der Na- tur fuͤr den Ackerbau derer Gegenden, die ſie beſitzen, und wodurch ſich dieſe in ihrem Ertrage leicht uͤber den erheben, welchen der Kunſtfleiß in andern Gegenden erzwingt.

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810/268>, abgerufen am 24.04.2024.