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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812.

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Der Wiesenbau.
ihn das Winterwasser ausziehen kann, und überhaupt hat es die Erfahrung gelehrt,
daß der in dieser Jahreszeit aufgefahrne am wirksamsten war.

§. 341.

Wenn wir gleich von den Bewässerungsanlagen oben ausführlich geredet haben,Wässerung
der Wiesen.

so müssen wir nun über die Anwendung der Bewässerung auf Wiesen selbst das Nö-
thige bemerken. Wir unterscheiden wie oben die überstauende, die überrie-
selnde
und die anstauende Bewässerung. Denn wenn es gleich Wiesen giebt,
welchen alle drei Arten nach Willkühr gegeben werden können, so sind diese doch sel-
ten, und bei jeder sind besondere Regeln zu beobachten.

§. 342.

Die Ueberstauung geschiehet im Herbste und im ersten Frühjahre.Anwendung
der Ueber-
stauung.

Wenn das Vieh im Spätherbste von den Wiesen genommen ist, so werden die
Verwallungen, die Gräben und Schleusen genau nachgesehen, und das Schadhafte
ausgebessert. Man muß hierbei besonders sein Augenmerk auf die Abzugsgräben
richten, indem von einer schnellen Abwässerung und Trockenlegung nach der Ueber-
stauung der glückliche Erfolg hauptsächlich abhängt, und der Herbst zur Räumung
der Abzugsgräben die bequemste Zeit ist. Man läßt dann das Wasser sogleich über,
und so stark und hoch wie möglich, läßt es darauf stehen, bis der Boden ganz davon
durchdrungen ist. Das hochstehende Wasser bewirkt oft zugleich eine mehrere Ebnung
der Wiesen, indem der Wellenschlag, besonders bei stürmischem Wetter, die Anhö-
hen wegschlemmt. Ist jedoch das Wasser früh übergelassen, oder erfolgt noch eine
ungewöhnlich warme Witterung, so muß man mit Aufmerksamkeit darauf achten, ob
sich Merkmale einer entstehenden Fäulniß durch einen Schaum auf dem Wasser am
Rande des Ufers zeigen. Wenn dies ist, muß das Wasser sogleich und so schnell als
möglich abgelassen, und die Wiese völlig trocken gelegt werden. Erst nachdem sie
ganz abgetrocknet ist, wozu immer nach Beschaffenheit des Bodens ein Zeitraum von
8, 14 bis 21 Tagen gehört, wird das Wasser wieder angestauet.

Ob man nun bei eintretendem Froste das Wasser auf der Wiese lassen, und diese
mit Eis bedecken solle, oder ob man sie wieder trocken lege, darüber sind die Meinun-
gen getheilt. Man hat jenes vortheilhaft aber auch nachtheilig gefunden. Eine dünne
Bedeckung vom Eise, welche bis auf den Grund gefroren ist, schadet auf keinen Fall.
Wenn aber nur die obere Decke gefriert, der untere Theil aber nicht, also auch der

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Der Wieſenbau.
ihn das Winterwaſſer ausziehen kann, und uͤberhaupt hat es die Erfahrung gelehrt,
daß der in dieſer Jahreszeit aufgefahrne am wirkſamſten war.

§. 341.

Wenn wir gleich von den Bewaͤſſerungsanlagen oben ausfuͤhrlich geredet haben,Waͤſſerung
der Wieſen.

ſo muͤſſen wir nun uͤber die Anwendung der Bewaͤſſerung auf Wieſen ſelbſt das Noͤ-
thige bemerken. Wir unterſcheiden wie oben die uͤberſtauende, die uͤberrie-
ſelnde
und die anſtauende Bewaͤſſerung. Denn wenn es gleich Wieſen giebt,
welchen alle drei Arten nach Willkuͤhr gegeben werden koͤnnen, ſo ſind dieſe doch ſel-
ten, und bei jeder ſind beſondere Regeln zu beobachten.

§. 342.

Die Ueberſtauung geſchiehet im Herbſte und im erſten Fruͤhjahre.Anwendung
der Ueber-
ſtauung.

Wenn das Vieh im Spaͤtherbſte von den Wieſen genommen iſt, ſo werden die
Verwallungen, die Graͤben und Schleuſen genau nachgeſehen, und das Schadhafte
ausgebeſſert. Man muß hierbei beſonders ſein Augenmerk auf die Abzugsgraͤben
richten, indem von einer ſchnellen Abwaͤſſerung und Trockenlegung nach der Ueber-
ſtauung der gluͤckliche Erfolg hauptſaͤchlich abhaͤngt, und der Herbſt zur Raͤumung
der Abzugsgraͤben die bequemſte Zeit iſt. Man laͤßt dann das Waſſer ſogleich uͤber,
und ſo ſtark und hoch wie moͤglich, laͤßt es darauf ſtehen, bis der Boden ganz davon
durchdrungen iſt. Das hochſtehende Waſſer bewirkt oft zugleich eine mehrere Ebnung
der Wieſen, indem der Wellenſchlag, beſonders bei ſtuͤrmiſchem Wetter, die Anhoͤ-
hen wegſchlemmt. Iſt jedoch das Waſſer fruͤh uͤbergelaſſen, oder erfolgt noch eine
ungewoͤhnlich warme Witterung, ſo muß man mit Aufmerkſamkeit darauf achten, ob
ſich Merkmale einer entſtehenden Faͤulniß durch einen Schaum auf dem Waſſer am
Rande des Ufers zeigen. Wenn dies iſt, muß das Waſſer ſogleich und ſo ſchnell als
moͤglich abgelaſſen, und die Wieſe voͤllig trocken gelegt werden. Erſt nachdem ſie
ganz abgetrocknet iſt, wozu immer nach Beſchaffenheit des Bodens ein Zeitraum von
8, 14 bis 21 Tagen gehoͤrt, wird das Waſſer wieder angeſtauet.

Ob man nun bei eintretendem Froſte das Waſſer auf der Wieſe laſſen, und dieſe
mit Eis bedecken ſolle, oder ob man ſie wieder trocken lege, daruͤber ſind die Meinun-
gen getheilt. Man hat jenes vortheilhaft aber auch nachtheilig gefunden. Eine duͤnne
Bedeckung vom Eiſe, welche bis auf den Grund gefroren iſt, ſchadet auf keinen Fall.
Wenn aber nur die obere Decke gefriert, der untere Theil aber nicht, alſo auch der

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[251/0273] Der Wieſenbau. ihn das Winterwaſſer ausziehen kann, und uͤberhaupt hat es die Erfahrung gelehrt, daß der in dieſer Jahreszeit aufgefahrne am wirkſamſten war. §. 341. Wenn wir gleich von den Bewaͤſſerungsanlagen oben ausfuͤhrlich geredet haben, ſo muͤſſen wir nun uͤber die Anwendung der Bewaͤſſerung auf Wieſen ſelbſt das Noͤ- thige bemerken. Wir unterſcheiden wie oben die uͤberſtauende, die uͤberrie- ſelnde und die anſtauende Bewaͤſſerung. Denn wenn es gleich Wieſen giebt, welchen alle drei Arten nach Willkuͤhr gegeben werden koͤnnen, ſo ſind dieſe doch ſel- ten, und bei jeder ſind beſondere Regeln zu beobachten. Waͤſſerung der Wieſen. §. 342. Die Ueberſtauung geſchiehet im Herbſte und im erſten Fruͤhjahre. Anwendung der Ueber- ſtauung. Wenn das Vieh im Spaͤtherbſte von den Wieſen genommen iſt, ſo werden die Verwallungen, die Graͤben und Schleuſen genau nachgeſehen, und das Schadhafte ausgebeſſert. Man muß hierbei beſonders ſein Augenmerk auf die Abzugsgraͤben richten, indem von einer ſchnellen Abwaͤſſerung und Trockenlegung nach der Ueber- ſtauung der gluͤckliche Erfolg hauptſaͤchlich abhaͤngt, und der Herbſt zur Raͤumung der Abzugsgraͤben die bequemſte Zeit iſt. Man laͤßt dann das Waſſer ſogleich uͤber, und ſo ſtark und hoch wie moͤglich, laͤßt es darauf ſtehen, bis der Boden ganz davon durchdrungen iſt. Das hochſtehende Waſſer bewirkt oft zugleich eine mehrere Ebnung der Wieſen, indem der Wellenſchlag, beſonders bei ſtuͤrmiſchem Wetter, die Anhoͤ- hen wegſchlemmt. Iſt jedoch das Waſſer fruͤh uͤbergelaſſen, oder erfolgt noch eine ungewoͤhnlich warme Witterung, ſo muß man mit Aufmerkſamkeit darauf achten, ob ſich Merkmale einer entſtehenden Faͤulniß durch einen Schaum auf dem Waſſer am Rande des Ufers zeigen. Wenn dies iſt, muß das Waſſer ſogleich und ſo ſchnell als moͤglich abgelaſſen, und die Wieſe voͤllig trocken gelegt werden. Erſt nachdem ſie ganz abgetrocknet iſt, wozu immer nach Beſchaffenheit des Bodens ein Zeitraum von 8, 14 bis 21 Tagen gehoͤrt, wird das Waſſer wieder angeſtauet. Ob man nun bei eintretendem Froſte das Waſſer auf der Wieſe laſſen, und dieſe mit Eis bedecken ſolle, oder ob man ſie wieder trocken lege, daruͤber ſind die Meinun- gen getheilt. Man hat jenes vortheilhaft aber auch nachtheilig gefunden. Eine duͤnne Bedeckung vom Eiſe, welche bis auf den Grund gefroren iſt, ſchadet auf keinen Fall. Wenn aber nur die obere Decke gefriert, der untere Theil aber nicht, alſo auch der J i 2

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812, S. 251. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810/273>, abgerufen am 28.03.2024.